FIA-Rennleiter: "Verkettung unglücklicher Umstände"

Charlie Whiting über den Unfall von Jules Bianchi am vergangenen Sonntag in Suzuka und daraus abzuleitende Maßnahmen zum Schutz der Streckenposten

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Boliden drehten am Freitag ihre ersten Runden auf dem brandneuen Kurs in Sotschi, doch das bestimmende Thema im Fahrerlager ist weiterhin der schwere Unfall von Jules Bianchi beim Grand Prix von Japan in Suzuka am vergangenen Sonntag.

Titel-Bild zur News: Charlie Whiting

FIA-Rennleiter Charlie Whiting äußerte sich in Sotschi ausführlich zum Bianchi-Unfall Zoom

In einer am Freitagabend in Sotschi eigens zu diesem Thema einberufenen Pressekonferenz nahmen unter anderem FIA-Rennleiter Charlie Whiting und FIA-Präsident Jean Todt ausführlich Stellung. Erste Ideen für zukünftige Maßnahmen, um die Sicherheit weiter zu verbessern, wurden vorgestellt.

Zum Unfall von Bianchi gibt Whiting klar zu verstehen: "Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände." Der Marussia-Pilot war in der Schlussphase des Grand Prix von Japan auf regennasser Fahrbahn in Kurve 7 abgeflogen. Zum Zeitpunkt des Abflugs wurden im betreffenden Streckenabschnitt Gelbe Flaggen geschwenkt, weil eine Runde zuvor Adrian Sutil an gleicher Stelle (harmlos) abgeflogen war.

Anspruch der FIA, aus jedem Vorfall zu lernen

Wie aus einem im Rahmen der Pressekonferenz abgespielten Video hervorgeht, übersteuerte Bianchis Marussia in Kurve 7. Der Franzose versuchte zu korrigieren und schoss im Zuge des Gegenpendlers von der Strecke. Wenige Sekunden später schlug der Marussia in den mit der Bergung von Sutils Sauber beschäftigten Radlader ein, erwischte diesen mit voller Wucht am Heck. Dabei zog sich Bianchi die schweren Kopfverletzungen zu, mit denen er seither im Krankenhaus in Yokkaichi in Lebensgefahr schwebt.

Jules Bianchi

Jules Bianchi kämpft im Krankenhaus in Yokkaichi weiter um sein Leben Zoom

"Die Wahrscheinlichkeit, dass es ein solcher Unfall noch einmal passiert, ist sehr gering", sagt Whiting, um sofort anzufügen: "Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Streckenposten bei einem Unfall verletzt wird, ist allerdings deutlich höher." Es sei "natürlich unser Anspruch, aus jedem Vorfall zu lernen", spricht der Rennleiter im Namen der FIA und betont ausdrücklich: "Das gilt auch für diesen Unfall."

Streckenposten sollen künftig besser geschützt werden

So war der Aufprall des Marussia von Bianchi auf das Bergungsfahrzeug derart heftig, dass der komplette Überrollbügel weggerissen wurde. Somit war auch die am Überrollbügel angebrachte Warnleuchte für den aktuellen Ladezustand des Energierückgewinnungs-Systems (ERS) nicht mehr vorhanden. Mit diesem Thema hat man sich inzwischen bereits auseinandergesetzt.

Mercedes

Die ERS-Warnleuchte (hier: Mercedes) ist eines der Themen, denen man sich widmet Zoom

"Das ist in der Tat ein Problem, mit dem wir uns befassen müssen", entgegnet Whiting auf die entsprechende Nachfrage von 'Motorsport-Total.com' und führt an: "Wir hatten gestern ein internes Meeting zu diesem Thema". Als Ergebnis dieses ersten Zusammentreffens hält der FIA-Rennleiter fest: "Wir werden künftig sicherstellen, dass jedes unter Strom stehende Kabel hellorange leuchtet. Auf diese Weise kann man dann sofort erkennen, welche Teile des Autos unter Strom stehen. Ich denke, das ist das Beste, was wir tun können, um die Streckenposten im Falle eines Problems am Auto zu schützen."

Dies soll freilich nur eine von mehreren angedachten Maßnahmen sein, welche die FIA künftig umsetzen will. Ein anderes Thema betrifft die Crash-Struktur der Formel-1-Boliden. "Wir werden uns mit den Teams zusammensetzen und darüber beraten, ob es einen Weg gibt, die Crash-Strukturen an den Autos weiter zu verstärken", sagt Whiting. Für alle in Erwägung gezogenen Maßnahmen gilt: Überstürzt werden soll nichts. Dies betonen sowohl der FIA-Rennleiter als auch FIA-Präsident Todt ausdrücklich.