• 09.08.2002 10:28

  • von Fabian Hust

Ferrari-Testteammanager Luigi Mazzola im Interview

Mazzola spricht über seine Arbeit bei Ferrari, wie sich das Testteam verändert hat und wie ein typischer Testtag aussieht

(Motorsport-Total.com) - Seit mehr als 13 Jahren ist Luigi Mazzolo mittlerweile bei Ferrari. Der Italiener studierte Maschinenbau, bevor er bei Maranello Arbeit fand, zunächst im Designoffice, Ende 1989 wurde er Renningenieur von Alain Prost. Erst Mitte 1992 ging Mazzola das erste Mal "fremd", als er bei Sauber am Auto von JJ Lehto als Renningenieur arbeitete. Doch ein Jahr später war Mazzola wieder bei Ferrari, wo er dafür sorgte, dass das Auto von Jean Alesi einsatzbereit ist. Seit Ende 1995 ist der heute 40-Jährige der Testteammanager von Ferrari. Im Interview mit dem Team sprach Luigi Mazzola über seine Arbeit bei Ferrari, wie sich das Testteam verändert hat und wie ein typischer Testtag aussieht.

Titel-Bild zur News: Testfahrten bei Ferrari

Test-Alltag bei Ferrari: Schuften von 08:00 Uhr morgens bis Mitternacht

Frage: "Was hat sich zwischen 1995 und heute im Testteam verändert?"
Luigi Mazzola: "Damals erstattete das Team noch Giorgio Ascanello Bericht, seit 2000 überwacht Ross Brawn unsere Arbeit. Um zu verstehen, wie wichtig die Entwicklung auf der Strecke bei Ferrari ist, muss man sich nur einmal die Größe der Mannschaft anschauen. Früher bestand sie nur aus fünf Mechanikern und keinen Ingenieuren wohingegen es heute rund 60 Leute sind. Man sollte wissen, dass bis 1995 das Rennteam die Grand Prixs und Tests durchführte, was sehr ermüdend und aus diesem Grund wenig produktiv war. Es war Jean Todt, der dies neu organisierte und das Team zu dem machte, was es heute ist."

Frage: "Seit diesem Jahr gibt es ein zweites Testteam, das sich vor allem um Reifentests kümmert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?"
Mazzola: "Auf Grund der Tatsache, dass Ferrari nun das einzige Top-Team auf Bridgestone-Reifen ist, war uns ziemlich klar, dass die Entwicklung der Reifen auf der Strecke hauptsächlich an uns hängen bleiben würde. Aus diesem Grund haben wir eine kleine Gruppe von Ingenieuren, Mechanikern und logistische Unterstützung zusammengetrommelt, die auf diesem Gebiet separat arbeiten können. Es brauchte eine Weile, bis das funktionierte, aber jetzt läuft da alles wie geschmiert."

Frage: "Können sie einen typischen Testtag beschreiben?"
Mazzola: "Für gewöhnlich gehen wir zwischen 7:30 und 8:00 Uhr morgens an die Strecke. Die erste Besprechung mit den Ingenieuren und Fahrer findet um 8:30 Uhr statt, um das Tagesprogramm festzulegen, was vom Wetter ? den Temperaturen, Regen und so weiter ? beeinflusst werden könnte, so dass man den Plan ändern muss. Wir beginnen um etwa 9:00 Uhr mit der ersten Ausfahrt auf der Strecke und fahren bis zum Nachmittag. Die Zeit, wann wir das Auto wieder abstellen, hängt von der Strecke ab, wo die Zeiten, an denen der Kurs geschlossen wird, zwischen 17:00 und 18:30 Uhr variieren. Dies ist der große Unterschied zwischen der Arbeit des Rennteams, das nach einem strikt definierten Zeitplan arbeitet, wohingegen wir mit unseren Arbeitsstunden etwas flexibler sein können und falls notwendig ändern wir das Programm im Verlauf des Tages. Dies ist auch der schwierigste Teil unseres Jobs, denn man muss wissen, wann das Programm verändern muss, um dem Geschehen auf der Strecke gerecht zu werden. Der letzte Teil des Tages folgt nach der Abschlussbesprechung. Wir arbeiten am Auto, wechseln den Motor, da wir an jedem Testtag rund 400 Kilometer fahren, inspizieren das Getriebe, überprüfen alle Komponenten und so weiter. An einen normalen Arbeitstag sind wir um rund 23:00 oder 24:00 Uhr fertig, es kann sogar noch später werden, wenn wir auf Probleme treffen."

Frage: "Welche Beziehung haben sie zu Michael Schumacher und Rubens Barrichello?"
Mazzola: "Ich würde sagen eine sehr gute. Wir haben größten Respekt voreinander und tiefstes Vertrauen ineinander. Was mich angeht, so versuche ich, eine so gute wie mögliche Arbeitsumgebung für sie aufzubauen und all ihre Kommentare und Vorschläge umzusetzen. Sie sind sehr 'gefügig', auch wenn es einige Dinge gibt, die sehr mehr mögen als andere. Aber sie sind Profis und wissen um die Notwendigkeit, das Programm durchzuziehen."

Frage: "Ist es ärgerlich, nicht zu den Rennen zu fahren?"
Mazzola: "Wenn man in einem Formel-1-Team arbeitet, dann braucht man definitiv die Stimulation durch den Wettbewerb, ansonsten gäbe es keinen Grund jene Arbeit zu tun, der wir nachgehen. Bei den Rennen ist dieses Gefühl deutlich und ich vermisse es natürlich ein wenig. Es gibt auch einen Wettbewerbsdruck bei den Tests, aber der ist natürlich anders. Es gibt ein technisches Programm, an das man sich halten muss."

Frage: "Haben sie manchmal den Wunsch, den Fahrer zu bitten, am Ende des Tages noch einmal eine schnelle Runde zu fahren, um vor den anderen zu stehen?"
Mazzola: "Ich kann nicht verneinen, dass ich manchmal dieses Gefühl habe, aber es macht keinen Sinn, da es nicht Teil unserer Arbeit ist und der Kopf das Herz überstimmt!"

Frage: "Haben sie eine Lieblingsteststrecke?"
Mazzola: "Ich würde sagen, dass meine Lieblingsstrecken die schwierigsten sind, wo es sehr schwer ist, das richtige Setup zu finden. Wenn ich nur eine Strecke aussuchen müsste, dann würde ich Barcelona sagen. Der 'Circuit de Catalunya' stellt für die Ingenieure eine große Herausforderung dar."

Frage: "Ferrari ist von einer magischen Aura umgeben, aber kann man das auch bei einem Test merken?"
Mazzola: "Ja, ohne Zweifel. Auch wenn auf Strecken, wo wir sehr viel testen, wenig Zuschauer sind, so ist zu bemerken, dass die Roten mit einer besonderen Aufmerksamkeit beobachtet werden. Man kann das an Hand der Art und Weise bemerken, wie einen die Leute im Hotel am Abend ansprechen oder an Hand der Art und Weise, wie sie einen beim Check-in am Flughafen anschauen. Man kann den Stolz spüren, wenn man die Teamkleidung anzieht. Wenn man an der Strecke in rot gekleidet ist, so spürt man, dass man etwas Besonderes tut. Es muss auch so sein, denn wenn man mit der Scuderia Fortschritte machen möchte, dann muss man das gewisse Extra spüren."