• 09.08.2002 11:11

  • von Fabian Hust

Renault-Teamchef Flavio Briatore denkt an Rücktritt

Renault-Teamchef Flavio Briatore sieht in der Formel 1 langsam seinen Rücktritt auf sich zukommen

(Motorsport-Total.com) - Flavio Briatore ist wohl der größte Exzentriker in der Formel 1 ? immer die zwei obersten Knöpfe am Hemd offen, damit das Brusthaar auf der braungebrannten Haut hervortreten kann und die Goldkette in der Sonne funkelt, coole Sonnenbrillen gehören zu seinem Standardrepertoire und er liebt es, immerzu von schönen Frauen umgeben zu sein. Für den Italiener, der in London, Kenia, Paris und auf Sardinien Wohnungen hat, ist Glamour in der Formel 1 das Selbstverständlichste der Welt.

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore

Flavio Briatore gilt als der Paradiesvogel der Formel 1 schlechthin

An Briatore scheiden sich die Geister, aber er ist in der Formel 1 das, was man im normalen Leben für gewöhnlich einen Tausendsassa nennt. Briatore gelangte über den Benetton-Konzern in die Formel 1, als das Unternehmen zu Zwecken der Steigerung des Bekanntheitsgrades das Toleman-Team übernahm und unter eigenem Namen an den Start ging. Briatores größter sportlicher Erfolg ist bis heute der Titelgewinn mit dem seinerzeit von Jordan wegverpflichteten Michael Schumacher im Jahr 1994. Im Jahr darauf verteidigte man den Titel und holte auch den Konstrukteurspokal.

1998, nach einigen enttäuschenden Saisons, sowie nach dem Verlust Schumachers und des technischen Stabes an Ferrari, verließ Briatore Benetton und gründete schließlich Supertec Sport - einen Motorenlieferanten der im Namen Renaults Kundenmotoren anbot. Nach der Entscheidung Renaults, zurück in die Formel 1 zu kehren und zu diesem Zweck das angeschlagene Benetton-Team zu übernehmen, wurde Briatore im Jahr 2000 zum Generaldirektor von Renault Sport berufen. Fortan widmete sich der Italiener dem Aufbau des Rennstalls, welcher dieses Jahr als Renault-Werksteam am Start ist.

Das Comeback in die Formel 1 hatte sich Briatore nach seinem Rücktritt bei Benetton reichlich gut überlegt: "Es hat nach 1997 zwei Jahre gedauert, bis mein Körper von der Formel 1 entgiftet war. Dann kam das Renault-Angebot. Ich habe drei Monate überlegt und dann wieder zugesagt", gibt der 52-Jährige in einem Interview mit der 'Welt am Sonntag' zu. "Die Jahre von 1994 bis 1997, die waren trotz der zwei WM-Titel mit Schumacher eine schmerzhafte Erfahrung für mich. Das hat mir wehgetan: die falschen Anschuldigungen, die Disqualifikationen. Das ganze Theater. Die Anfeindungen und Verdächtigungen. Es war nicht die reine Freude."

Noch liegt nach dem Anlaufjahr 2001, das Briatore eher als "Desaster" beschreibt, eine harte Route vor Renault: "Wir müssen, obwohl wir uns im Vergleich zum vergangenen Jahr schon enorm gesteigert haben, uns jetzt und in den nächsten Jahren in jeder Disziplin noch mal extrem steigern in Sachen Motor, Elektronik, Chassis, Aerodynamik." Ein Sieg in diesem Jahr ist in den Augen von Briatore nicht mehr möglich.

Stattdessen betet Briatore, dass Michael Schumacher nicht mehr allzu lange in der Formel 1 fährt. Mit dem Deutschen holte Briatore 1994 und 1995 bei Benetton zwei Fahrertitel ? er weiß also, wer da nun gegen ihn antritt: "Michael hat sich überhaupt nicht verändert. Er gewinnt weiter Rennen und ist auch so der Alte geblieben. Wenn Renault siegfähig ist, hoffe ich inständig, dass er aufhört, Rennen zu fahren. Er wäre ein sportliches Problem."

Noch ist man bei Renault weit von den hochgesteckten Zielen entfernt, doch Flavio Briatore denkt so langsam aber sicher an einem Rückzug aus der Formel 1: "Wenn ich in der Formel 1 aufhöre, dann will ich nicht mehr zurückkommen", so der 52-Jährige in einem Interview mit 'Autosport'. "Ich bin 52 Jahre alt, 2005 werde ich 55 Jahre alt sein. Ich denke, dass dies genug des Guten ist. Man weiß aber nie. Ich habe zuvor aufgehört, bin dann aber zurückgekommen, aber in meinem Hinterkopf ist 2005 mein letztes Jahr in der Formel 1."

Unterdessen zieht Briatore eine durchaus positive Zwischenbilanz seiner Arbeit bei Renault: "In der Formel 1 passieren über Nacht keine Wunder, auch wenn ich überrascht bin, dass wir schon vor Sauber, Jordan und BAR liegen. Wir können zufrieden sein, aber ich möchte besser sein. Im Moment sind wir an unserem Limit und für 2003 müssen wir den Motor verbessern. Wir brauchen mehr PS, aber ich bin mir sicher, dass wir in die richtige Richtung gehen. Wenn wir im nächsten Jahr auf dem Podium stehen, dann wäre das gut. 2004 sollten wir dann zumindest bei der Hälfte der Rennen auf dem Podium stehen." Was Briatore nicht sagt: 2005 soll der Titel gewonnen werden ? dann könnte sich der Italiener verdient in den Ruhestand begeben...