Ferrari steht mit dem Rücken zur Wand
Nach der Schlappe von Malaysia ist klar, dass Ferrari die Formel 1 nicht mehr dominiert, von Resignation ist in Maranello aber keine Spur
(Motorsport-Total.com) - Die Enttäuschung stand Jean Todt schon ins Gesicht geschrieben, als sich Michael Schumacher und Rubens Barrichello im zweiten Qualifying in Malaysia nicht wesentlich verbessern konnten, doch nach dem gestrigen Rennen ist bei Ferrari endgültig Feuer am Dach. Von Resignation ist bei der Weltmeistertruppe aus Maranello aber keine Spur.

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Krisenstimmung bei Ferrari nach der bitterbösen Niederlage von Malaysia
Im Gegenteil: "Unsere Motivation ist jetzt sogar noch stärker, weil wir reagieren müssen", erklärte Todt, der das Abschneiden auf dem 'Sepang International Circuit' als "Weckruf" bezeichnete. "Zu sagen, wir sind mit der Situation zufrieden, wäre unsinnig. Das entspricht nicht unserem Standard. Wir sind ganz einfach nicht schnell genug und wir müssen etwas dagegen unternehmen. Jetzt müssen wir schauen, wie wir die Situation um 360 Grad drehen können, denn das ganze Paket erfüllt im Moment nicht unsere Erwartungen."#w1#
Ferrari unter Druck - F2005-Premiere wahrscheinlich in Bahrain
Noch diese Woche soll in Italien ein zweigleisiges Notfallprogramm anlaufen, welches sich einerseits mit Standfestigkeitstests des neuen F2005 und andererseits mit der Reifenentwicklung für Bridgestone beschäftigen wird. Was gestern nämlich niemand direkt ansprechen wollte, aber alle insgeheim dachten: Ungeachtet der mäßigen Ferrari-Performance erklärt sich der Riesenrückstand im Moment vor allem durch einen Nachteil gegenüber der Michelin-Konkurrenz.
Michael Schumacher relativierte dies jedoch: "Ich glaube, wir müssen alle Punkte bei uns kritisch sehen, nicht nur einen. Wir haben in der Vergangenheit nicht nur wegen Bridgestone Meisterschaften gewonnen und wir werden jetzt auch nicht nur wegen Bridgestone Siebenter. Das gibt es nicht. Wir sind eine Einheit. Für das Resultat sind viele Punkte verantwortlich", vermied er Schuldzuweisungen in Richtung des Reifenherstellers.
Für Todt ist der derzeitige Zustand Beweis dafür, wie hart Ferrari in den vergangenen Jahren arbeiten hat müssen: "Diejenigen, die geglaubt haben, dass uns all diese Erfolge in den Schoß gefallen sind, sehen jetzt, dass dem nicht so war. Jetzt zeigt sich, wie schwierig es ist, konstant auf hohem Niveau zu arbeiten und Erfolg zu haben. Wir müssen dieses Rennen als Referenzpunkt nehmen. Zu sagen, es kann nicht mehr schlimmer kommen, wäre überheblich", gab er nachdenklich zu Protokoll.
Keine personellen Konsequenzen absehbar
Personelle Konsequenzen wird es nicht geben, denn jene Leute, die den verpatzten Saisonauftakt zu verantworten haben, waren auch für die beeindruckenden Erfolge seit 1999 verantwortlich - und über Nacht kann man schließlich nicht verlernen, wie ein Auto gebaut oder ein Team geführt werden muss. Todt steht jedenfalls hinter seiner Mannschaft: "Wir haben dieselben Mechaniker, Ingenieure und Fahrer und dieselbe Motivation wie früher. Ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen werden", so der 59-Jährige.
Kritiker sehen Ferrari schon am Anfang einer ähnlichen Krise wie vor der Schumacher-Ära, als mehr als 20 Jahre lang kein einziger WM-Titel nach Maranello ging. Und tatsächlich muss man sich um den Traditionsrennstall Sorgen machen, denn nach der Saison 2006 zerfällt wahrscheinlich das gesamte Erfolgsteam - nicht nur, dass Schumachers Fahrervertrag ausläuft, wird sich auch Chefdesigner Rory Byrne in den Ruhestand verabschieden. Was Todt, Brawn und Martinelli machen werden, steht noch in den Sternen.
So weit denken die Italiener aber noch nicht. Erst einmal konzentriert man sich darauf, den WM-Titel 2005 doch noch irgendwie in Reichweite zu bekommen, was laut Schumacher gar nicht so einfach wird: "Ob wir das in punkto Meisterschaft noch hinbekommen, das muss man im Moment in Frage stellen, gar keine Frage. Der Abstand ist schon sehr groß. Ich habe aber von Anfang an betont, dass 19 Rennen zu fahren sind, von denen wir erst zwei hinter uns haben", so der 36-Jährige.

