Ferrari dank Fry zurück auf die Siegerstraße?

Ferrari-Technikchef Pat Fry erläutert das Hauptproblem der Scuderia während der Saison 2011 und sieht für die Zukunft Anlass zur Hoffnung

(Motorsport-Total.com) - Als Aldo Costa zwischen den Grands Prix von Spanien und Monaco seinen Hut als Technikchef bei Ferrari nehmen musste, wurde deutlich, dass der Erfolgsdruck auf die Scuderia angesichts des schwachen Saisonstarts 2011 einen Punkt erreicht hatte, an dem gehandelt werden musste.

Titel-Bild zur News: Pat Fry

Pat Fry fungiert seit dem Grand Prix von Monaco als Technikchef bei Ferrari

Pat Fry, der in der Saison 2010 von McLaren zu Ferrari gestoßen war, wurde als Costas Nachfolger in der Position des Technikchefs und damit als großer Hoffnungsträger präsentiert. Der Wechsel wurde bei Ferrari von Beginn an mit Blick auf eine langfristige Veränderung angesehen und die Ergebnisse schienen dies zunächst zu bestätigen: Im Verlauf der Saison gelang den Roten lediglich ein Sieg durch Fernando Alonso in Silverstone. Felipe Massa verpasste als erster Ferrari-Stammfahrer seit Ivan Capelli 1992 den Sprung auf das Siegerpodest (Formel-1-Datenbank: Ferraris Saison 2011).

Achillesferse Testverbot

Als eine der größten Achillesfersen bei Ferrari machte Neuzugang Fry alsbald das Testverbot während der Saison aus. Hinterließ der aus der Feder von Chefdesigner Nikolas Tombazis stammende 150° Italia bei den Wintertestfahrten im Frühjahr 2011 noch einen hervorragenden Eindruck und wurde unmittelbar vor dem Saisonauftakt in Melbourne gar als stärkstes Auto im Feld gehandelt, so vergrößerte sich der Rückstand auf Red Bull und später McLaren im Verlauf der Saison zusehends.

"Die Testfahrten auf der Strecke sind durch nichts zu ersetzen", wird Fry nach gut einem halben Jahr im Dienst als Ferrari-Technikchef von 'Autosport' zitiert. "Ich war noch nicht bei Ferrari als sie einfach die Hintertür der Fabrik aufmachen, das Auto hinaus rollen und wann immer sie wollen, testen gehen konnten." Noch vor zehn Jahren beispielsweise spulte Testfahrer Luca Badoer nicht weniger als 41 Tage auf der hauseigenen Teststrecke in Fiorano ab. Auf diese Weise konnten Erkenntnisse aus dem Windkanal sofort auf ihre Tauglichkeit auf der Rennstrecke hin überprüft werden.

"Die Testfahrten auf der Strecke sind durch nichts zu ersetzen." Pat Fry

"Wenn das heute immer noch so wäre, würden wir mit Sicherheit anders dastehen", setzt Fry fort und kritisiert damit indirekt die geltenden Testbeschränkungen während der Saison. In diesem Zusammenhang stellt die Tatsache, dass es ab dem kommenden Jahr wieder einen offiziellen Test während der Saison (im Mai in Mugello) geben wird, einen Hoffnungsschimmer für die Scuderia dar.

Licht am Ende des Tunnels

"Andere Teams ohne den Luxus einer eigenen Teststrecke in unmittelbarer Nähe zur Fabrik haben sich deutlich früher auf Simulationen und die Weiterentwicklung dieser Technologien konzentriert. Auf diesem Gebiet haben wir also einiges aufzuholen", hält Fry fest und fügt hinzu: "Das wird noch eine Weile andauern, aber wir werden früher oder später an den Punkt gelangen, an dem Ferrari einen Vorteil daraus ziehen kann."

¿pbvin|512|4311||0|1pb¿Unter Simulationen versteht der Ex-McLaren-Mann nicht die Arbeit im Simulator allein, sondern auch die Arbeit im Windkanal sowie die CFD-Technik. "Dies ist ein stetig fortschreitender Prozess", weiß der Brite und sieht in Bezug auf die vergangenen Monate bei Ferrari Verbesserungen auf diesem Gebiet: "Wir haben viel gelernt und spät in der Saison regelmäßig neue Teile ans Auto gebaut, da dies eine gute Testmöglichkeit darstellt."

Mehr Kreativität beim Boliden für 2012

So experimentierte die Scuderia beispielsweise mit einem flexiblen Frontflügel am 150° Italia. Aus den Reihen des Teams war während der vergangenen Wochen wiederholt zu hören, dass der Ferrari für die Saison 2012 wesentlich aggressiver daherkommen wird als das wenig erfolgreiche Modell aus der abgelaufenen Saison.

"Die Ingenieure haben beim Auto für die kommende Saison mehr Kreativität walten lassen", unterstreicht Fry, der in puncto Personal jedoch kaum Veränderungen gegenüber der Costa-Ära vorgenommen hat. "Die Ingenieure, die das nächstjährige Auto entwickeln sind zum Großteil dieselben, die auch das aktuelle Fahrzeug entworfen haben. Der Unterschied ist, dass sie jetzt viel besser arbeiten, da sie keine Angst mehr vor Fehlern haben."

"Die Ingenieure haben jetzt keine Angst mehr vor Fehlern." Pat Fry

Seine Rolle als Technikchef beschreibt Fry wie folgt: "Ich sage immer zu den Jungs: Ich kann zehn Ideen hinsichtlich der Aerodynamik haben, bin aber kein Aerodynamiker. Aus meinen zehn schlechten Ideen können wir vielleicht zwei herausziehen, die uns auf den Weg zu einer guten Idee bringen." Der 47-Jährige spricht in diesem Zusammenhang von einer "Veränderung der Arbeitsumgebung und -mentalität" und verbindet damit die Hoffnung auf eine Rückkehr der Roten an die Spitze des Formel-1-Feldes.