Ferrari nutzt Abu Dhabi als Test für 2012

Ferrari konzentriert sich bei der technischen Entwicklung voll auf 2012 und wird in Abu Dhabi erneut Teile des neuen Autos testen

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix von Abu Dhabi ist für Ferrari kein Rennen wie jedes andere. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ein wichtiger Absatzmarkt für die italienische Marke. Darüber hinaus befindet sich in unmittelbarer Nähe der Rennstrecke der Freizeitpark "Ferrari World" mit der schnellsten Achterbahn der Welt. Doch für einen Besuch dort werden die Teammitglieder am Wochenende kaum Zeit haben.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Ferrari wird auch in Abu Dhabi den neuen Frontflügel zum Einsatz bringen

Denn die Tatsache, dass sowohl in der Fahrer- als auch in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft die Entscheidung schon zu Gunsten von Sebastian Vettel und Red Bull gefallen ist, sorgt nicht für weniger Arbeit in der Ferrari-Box. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, denn auf Grund der eingeschränkten Testmöglichkeiten, sind die beiden Rennen am Saisonende die letzte Möglichkeit, Komponenten für das nächstjährige Auto zu erproben.

"Unsere Design-Abteilung konzentriert sich derzeit ausschließlich auf das neue Auto, und die Arbeit ist im Hinblick auf die mechanischen Komponenten und die Karosserie schon weit fortgeschritten", enthüllt Technikchef Pat Fry. "Die Erkenntnisse aus den letzten Rennen helfen uns dabei, Lösungen für das nächstjährige Auto zu entwickeln. Es ist vor allem wichtig, ein erstes Verständnis von der neuen Aerodynamik und davon, wie sich die Teile am Fahrzeug verhalten, zu entwickeln."

"Die Erkenntnisse aus den letzten Rennen helfen uns dabei, Lösungen für das nächstjährige Auto zu entwickeln." Pat Fry

Frontflügel wichtigste Neuentwicklung

Als konkretes Beispiel dafür führte Fry den Frontflügel an: "Das war bisher der wichtigste Schritt. Wir haben ihn erstmals in Südkorea am Auto gehabt und dann auch in Indien an beiden Fahrzeugen eingesetzt. Das war für uns eine sehr interessante Erfahrung, da sich die Charakteristik des Autos dadurch völlig verändert. Zu verstehen, wie wir ihn bestmöglich einsetzen können, war die größte Herausforderung und hat auch schon kurzfristig unserer Leistungsfähigkeit verbessert."

¿pbvin|512|4228||0|1pb¿Beleg dafür war die Bestzeit von Felipe Massa im ersten Freien Training in Indien. Allerdings geriet sein Frontflügel dort auch ins Blickfeld des Interesses, weil er stark vibrierte. Die Ursache dafür ist laut Fry inzwischen ausgemacht worden: "Wir hatten ein Materialproblem mit einem unserer Frontflügel in Indien. Das haben wir aber aussortiert und entsprechend geändert, daher werden an diesem Wochenende beide Fahrer den neuen Flügel nutzen."

Die schmerzvolle Erinnerung an Abu Dhabi 2010, als Fernando Alonso beim Griff nach der WM-Krone scheiterte, ist auch bei Fry noch allgegenwärtig, obwohl er das Rennen nicht vor Ort, sondern aus der sogenannten "Remote-Garage" in der Fabrik in Maranello verfolgt hatte. "Das war für das ganze Team sehr hart, in letzter Minute die Meisterschaft noch zu verlieren. Als ich damals die Fabrik verlassen habe, war ich erstaunt, wie viele Menschen dort waren, um uns in dieser Situation zu unterstützen. Ich habe zwar im Hinterkopf, was letztes Jahr passiert ist, aber jetzt müssen wir nach vorne schauen und an diesem Wochenende unser Bestes geben."

Arbeitsteilung zwischen Rennteam und Fabrik

""Remote-Garage"? Hier bestand weiterer Erklärungsbedarf durch Fry. "So bezeichnen wir das Team in der Fabrik, welches alle Telemetrie-Daten in Echtzeit verfolgt und das Rennteam an der Strecke unterstützt. Hier können wir sämtliche Daten analysieren und verschiedene Setup-Varianten simulieren. Das ist in der Fabrik oft einfacher, darüber hinaus ist die Anzahl der Mitarbeiter, die an der Strecke arbeiten dürfen, ohnehin begrenzt."

Fernando Alonso

Fernando Alonso kehrt an den Ort seiner WM-Niederlage zurück Zoom

Im Endeffekt wird also ein Großteil der Arbeit am Wochenende in dieser 'Remote-Garage' in Maranello erledigt. Das hat auch entscheidenden Einfluss auf das Rennen am Sonntag und auf die Qualifikation. Die Ingenieure in der Fabrik können wesentlich mehr Daten studieren und uns sagen, wann der richtige Zeitpunkt ist, um auf die Strecke zu gehen, oder wann es besser ist, Reifen zu sparen. So hat die Arbeit dieser Menschen einen unmittelbaren Einfluss darauf, was auf der Rennstrecke passiert."

Doch zurück zum Rennen in Abu Dhabi, welches durch den Start in der Dämmerung und die Fahrt in die Nacht hinein einzigartig ist. "Daraus ergibt sich die ungewöhnliche Situation, dass die Streckentemperatur beim Start am höchsten ist und dann kontinuierlich sinkt. Das wirkt sich vor allem auf das Verhalten der Reifen aus", erklärte Fry. "Da wir aus den letzten beiden Jahren schon Basis-Daten für das Setup haben, können wir am Freitag gleich mit dem Test der neuen Teile beginnen."

Fry: Podium sollte drin sein

"Abu Dhabi ist vergleichbar mit den letzten drei Strecken, auch wenn es hier nicht so viele schnelle Kurven gibt. Im letzten Jahr mussten wir schmerzhaft feststellen, dass Überholen hier sehr schwer war, aber nicht zuletzt dank DRS sollte das in diesem Jahr einfacher sein. Wir werden aber erst im Rennen sehen, wie viel es wirklich bringt." Befragt nach den Aussichten für den Grand Prix ist der Brite vorsichtig optimistisch: "Ich denke, es wird ähnlich sein wie an den letzten Wochenenden. Wenn wir unsere optimale Leistung bringen, sollten wir, wie mit Fernando in Indien, eine realistische Chance habe, aufs Podium zu fahren."

Fernando Alonso gibt zu, dass er mit gemischten Gefühlen an den Yas Marina Circuit zurückkehrt: "Ich bin mir sicher, dass die Frage nach meinen Gefühlen bei meiner Rückkehr an diese Strecke die meist gestellte in den Presserunden sein wird. Und ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht ein bisschen unwohl fühlen würde, wenn ich das erste Mal wieder das Fahrerlager betrete. Aber das wird sich schnell legen, man muss immer nach vorne schauen. Abu Dhabi 2010 war ein besonderer Moment in meiner Karriere, aber obwohl es kein schöner Tag war, ist meine Beziehung zu Ferrari dadurch noch enger geworden."

"Hier zu gewinnen wird aber sehr schwierig werden." Fernando Alonso

Befragt nach der Perspektive für 2011 sagte der Spanier: "Zwar kämpfe ich noch um den zweiten Platz in der Meisterschaft, aber um ehrlich zu sein wäre mir ein Sieg wichtiger. Das wäre auch für das Team eine tolle Belohnung für ihre Anstrengungen während der gesamten Saison. Hier zu gewinnen wird aber sehr schwierig werden. Am Ende der Saison sind die Positionen klar verteilt. Aber unter besonderen Umständen, wie beispielsweise in Suzuka, sind wir in der Lage, um den Sieg zu kämpfen."

Alonso will ersten Abu-Dhabi-Pokal

"Realistisch betrachtet sind wir derzeit aber nur das drittbeste Team, daher muss es unser Ziel sein, aufs Podium zu kommen. Das wäre auch für mich persönlich ein gutes Resultat, mit dem ich eine Lücke in meiner Trophäen-Sammlung füllen könnte. Denn ein Pokal aus Abu Dhabi fehlt dort bisher noch", so Alonso.

¿pbvin|512|4226||0|1pb¿Für Teamkollege Felipe Massa geht es in den letzten beiden Saisonrennen um mehr als nur um das reine Rennergebnis. Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass er seinen Platz bei Ferrari verlieren könnte. Top-Resultate wären das beste Gegenargument. Der Brasilianer ist jedoch davon überzeugt, auch im kommenden Jahr im Cockpit des roten Renners zu sitzen. "Unser Präsident Montezemolo und Domenicali (Stefano, Teamchef, Anm. d. Red.) haben im Rahmen des 'Ferrari World Finals' in Mugello noch einmal klar gemacht, dass ich definitiv in der nächsten Saison für die Scuderia fahren werde."

"Ich konzentriere mich daher voll auf die letzten beiden Rennen und werde dort alles geben. Für uns ist es die letzte Gelegenheit, noch ein paar gute Resultate einzufahren, allerdings sind die Rennen, wie auch schon die vorherigen, ein wichtiger Teil der Vorbereitung auf das Jahr 2012. Wir werden einige Komponenten am Auto ausprobieren und sehen, wie sie funktionieren und wie wir das Setup daran anpassen müssen", sagte Massa.

"Das Rennen auf der Yas Marina ist ein ganz besonderes für Ferrari, weil das Team viele Verbindungen nach Abu Dhabi hat. Das sieht man schon daran, dass wir hier unseren eigenen Freizeitpark haben. Im letzten Jahr bin ich dort zum ersten Mal auf der Achterbahn gefahren, das war eine schöne und aufregende Erfahrung. Ich kann es kaum erwarten, dort wieder eine Runde zu drehen, und dieses Mal nehme ich meine Frau mit."

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