powered by Motorsport.com
  • 16.07.2002 10:56

  • von Fabian Hust

Felipe Massa im Exklusiv-Interview

Felipe Massa spricht über seine Erfahrungen als F1-Neuling, wie er seine Fahrfehler stark minimiert hat und seine Saisonziele

(Motorsport-Total.com) - Wie Nick Heidfeld reiste Felipe Massa ebenfalls vergangenen Samstag in das südwestlich von Zürich gelegene Roggwil zur Kartbahn "Race-Inn", wo er bei einer Veranstaltung des Sauber-Petronas-Fanclubs einige Demorunden im Kart drehte und Autogramme gab. Der Brasilianer wohnt in der Heimatstadt des Sauber-Teams Hinwil, hatte also nur eine relativ kurze Anreise.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Felipe Massa drehte am Samstag mit einem neuen Helmdesign seine Runden

Der Event machte dem Formel-1-Neuling offenbar viel Spaß. Unter den Augen seines 16-jährigen Bruders Eduardo sorgte der 21-Jährige für jede Menge Beifall und Lacher im Publikum. So fuchtelte Massa mit einer Videokamera, die er im Kart mitschleppte, wie wild Nick Heidfeld vor der Nase herum oder vollführte mit dem Kart wilde Dreher, was dieses beim Abstellen mit einer leichten Rauchfahne quittierte...

Dem Publikum präsentierte Felipe Massa übrigens zum ersten Mal ein neues Helmdesign. Die Lackierung ist nicht wie bei den anderen Fahrern glänzend sondern matt, was auf den ersten Moment ziemlich ungewöhnlich aussieht. F1Total.com-Chefredakteur Fabian Hust traf sich mit dem Paulista vor der Ausfahrt mit dem Kart zu einem Gespräch unter vier Augen.

Frage: "Im ersten Rennen warst du in der Qualifikation schneller als Nick, im zweiten Rennen fuhrst du deinen ersten WM-Punkt ein?"
Felipe Massa: "(unterbricht mich mitten in der ersten Frage) Eine kleine Frage hätte ich da mal: Bist du mit dem Ausgang der Fußball-Weltmeisterschaft zufrieden?"
Fabian Hust: "Das musste jetzt ja kommen! Du scheinst den Erfolg deiner Landsleute ja ziemlich zu feiern, oder? Ständig immer diese Handzeichen 'zwei Finger zu null Finger'... Wir haben ein gutes Spiel gespielt, Brasilien war besser, aber in vier Jahren sind wir dran!"
Massa: "Alles klar... (grinst über beide Backen)"

Frage: "Im ersten Rennen warst du in der Qualifikation schneller als Nick, im zweiten Rennen fuhrst du deinen ersten WM-Punkt ein, wie zufrieden bist du bisher mit deinem Formel-1-Debüt?"
Massa: "Ich bin damit sehr zufrieden. Natürlich ist dieses Jahr für uns sehr schwierig, da die anderen Teams sehr stark sind. Wir haben aber auf jeden Fall ein gutes Auto, es gibt aber in diesem Jahr mehr Teams, die gegen uns fahren können, wie zum Beispiel Renault. Ich selbst bin aber zufrieden. Ich habe vier Punkte auf dem Konto und Nick sechs, ich denke, dass dies für ein erstes Jahr alles andere als schlecht ist. Ich hoffe, dass ich noch weitere WM-Punkte einfahren kann."

Frage: "Was deinen Speed angeht, gibt es gar keine Diskussionen, aber während den Wintertests bist du so oft abgeflogen, dass sich Peter Sauber ein wenig Sorgen über das Risiko gemacht hat, das er eingeht, wenn er dich unter Vertrag nimmt. In den ersten Rennen schienst du ein völlig anderer Mensch gewesen zu sein. Gehst du das Rennfahren nun anders an?"
Massa: "Sicher, zu Beginn des Jahres machte ich bei den Wintertests viele Fehler. Ich habe aber natürlich auch hinzugelernt und gewisse Dinge verstanden. Ich bin anders in die Rennen gegangen und habe dann ja auch nicht viele Fehler gemacht. Ich hoffe, dass ich so weitermachen kann. Weißt du, ich bin ja noch jung und möchte einfach immer mein Bestes geben. Ich habe gelernt, dass ich beim Testen nicht immer am Limit sein muss. Ich verbessere mich die ganze Zeit über. Ich denke, dass es jetzt okay ist."

Frage: "Was war bisher die größte Überraschung für dich in der Formel 1 ? vielleicht das Interesse der Medien?
Massa: "Einfach alles. Die Medien, das Auto, die Arbeit mit dem Team. Der Unterschied zu den früheren Serien ist einfach riesig. Als ich in die Formel 1 kam, war mir erst einmal alles zu viel, es ist einfach alles so groß. Aber mittlerweile habe ich mich dran gewöhnt und es ist für mich schon alles Alltag."

Frage: "In Silverstone hattest du fünf Dreher ? gab es von deinem Team nach dem Rennen diesbezüglich Kommentare?"
Massa: "Nein. Ich machte zu Beginn des Rennens schon einige Fehler, aber die Reifen waren zu kalt, der Luftdruck zu niedrig und es war verdammt leicht abzufliegen. Am Start versuchte ich ein paar Plätze gutzumachen und kam dabei ins Gras was nass war, weswegen ich mich drehte. Und dann begann es zu regnen, so dass man leicht abflog, auch vielen anderen Fahrern ist das häufig passiert. Es war auf jeden Fall ein besonderes Rennen. Man kann nicht in jedem Rennen ein gutes Ergebnis haben, jeder Grand Prix schreibt seine eigene Geschichte. Ich versuche auf jeden Fall, einen Fehler nicht nochmals zu machen. Ich denke, dass meine ersten fünf Runden schlecht waren, aber dann war ich gut unterwegs, verlor meinen sechsten Platz nur, weil ich einmal mehr an die Box kam als die Anderen und wurde dann Neunter. Im Regen und zum Schluss im Trockenen war ich schnell und ich denke nicht, dass es ein schlechtes Rennen war."

Frage: "Du schienst zu Beginn ein paar Probleme mit dem Umgang der Elektronik in der Formel 1 zu haben. Was kannst du uns darüber sagen?"
Massa: "Wir wissen natürlich nie, was gewesen wäre, wenn ich die Probleme nicht gehabt hätte, aber jetzt ist das kein Problem mehr."

Frage: "Wie gut arbeitest du mit deinem Teamkollegen Nick Heidfeld zusammen?"
Massa: "Ich denke, dass er sehr gut für mich ist, denn ich kann mir seine Daten anschauen und mich dadurch verbessern. Er ist für mich wie eine Art Lehrer, denn dank seiner Erfahrung kann er mir in meiner ersten Formel-1-Saison eine Menge helfen."

Frage: "Du scheinst mit ihm sehr gut auszukommen, oder?"
Massa: "Ja, wir sind sehr gute Freunde und er ist ein prima Kerl. Er ist auch ein sehr schneller Fahrer und ich bin glücklich hier zu sein und sein Teamkollege zu sein."

Frage: "Du hast schon erwähnt, dass Nick erfahrener ist wie du. Wie wirkt sich das bei den Testfahrten aus, seid ihr bei der Entwicklung des Autos gleichberechtigt?"
Massa: "Wir entwickeln das Auto zusammen weiter, in der einen Woche testet er zwei Tage und ich einen, in der nächsten Woche dann ich zwei Tage und er einen Tag."

Frage: "Wer ist in der Formel 1 dein Vorbild?"
Massa: "In der Vergangenheit waren das Piquet und Senna. Im Moment ist Michael Schumacher die Nummer 1, er ist der Beste. Man schaut ihm immer zu, um vielleicht von ihm etwas lernen zu können."

Frage: "Hättest du ein Problem, mit ihm im selben Team zu fahren?"
Massa: "Es wäre natürlich schön, denn dann könnte man eine Menge lernen, ich würde also gerne eines Tages neben ihm fahren. Das wäre aber mit Sicherheit auch schwierig, denn er wäre immer die Nummer 1, egal in welchem Team, aber man könnte definitiv etwas lernen."

Frage: "Peter Sauber hat mir zu Beginn des Jahres gesagt, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass du das Team nach einem Jahr schon wieder verlässt. Wie wahrscheinlich ist es, dass du 2003 weiterhin bei Sauber bleiben wirst?"
Massa: "Ich fühle mich hier sehr wohl, das Team hat eine Option auf mich und ich fände es schön, wenn ich im Team bleiben könnte. Das Team ist für mich wie eine zweite Familie."

Frage: "Gibt es Angebote von anderen Teams?"
Massa: "Im Moment spreche ich mit keinen anderen Teams."

Frage: "Glaubst du, dass Sauber das Potenzial hat, im nächsten Jahr weiter nach vorne zu kommen oder denkst du, dass das Risiko besteht, dass ihr etwas zurückfallt?"
Massa: "Ich denke, dass wir besser werden können. Jeder im Team möchte den Erfolg, will gute Resultate in den Rennen. Klar ist die Formel 1 nicht leicht, wir werden es aber versuchen."

Frage: "Was sind deine Ziele für die verbleibende Saison?"
Massa: "Ich möchte gerne noch weitere Punkte einfahren. Wenn ich in der Fahrerwertung die Saison in der Top 12 beenden könnte, dann wäre das auf jeden Fall schön."