• 29.05.2003 19:53

Faure: "Verkaufen keine Motoren für 10 Millionen"

Der Renault-Vorstandsvorsitzende über das neue Motorenkonzept der Franzosen, die GPWC und Kundenmotoren

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Patrick, du hast vor kurzem die Philosophie des Motorkonzeptes geändert. Kannst du das etwas näher erklären?"
Patrick Faure: "Das Ganze ist sehr einfach, da es uns sehr viel Zeit und Arbeit kostete, die Zuverlässigkeit des Motors mit dem weiten Winkel sicher zu stellen. Da sich das Reglement für 2004 auf der Motorenseite ändert, mussten wir eine Entscheidung treffen, weswegen wir uns in den letzten drei Monaten viele Gedanken gemacht haben, um eine angemessene Lösung zu finden. Deshalb werden wir nun zu einem klassischen Motor zurückkehren, der es uns erlauben wird, schnell einen zuverlässigen und starken Motor zu haben, ohne Gefahren einzugehen, dass wir bei einer Laufleistung von etwa 800 Kilometern pro Wochenende und Motor Probleme bekommen. Es ist eine Art Versicherung für die Zukunft."

Titel-Bild zur News: Patrick Faure

Erwartet in drei Monaten eine Entscheidung in der GPWC-Frage: Faure

Frage: "Bist du glücklich über das neue Reglement? Seid ihr zum Beispiel in der Lage, später Teams mit Kundenmotoren zu versorgen?"
Faure: "Wir werden vermutlich in der Lage sein, in Zukunft ein weiteres Team mit Motoren zu beliefern ? unter drei Bedingungen: Zunächst muss unser Motor dazu aber vollkommen zuverlässig laufen und genug Power haben, weil der Motor zunächst ein Mal für uns ist. Wenn wir soweit sind, sind wir unter zwei weiteren Bedingungen bereit, den Motor an ein anderes Team zu liefern: Zunächst dürfen wir dadurch kein Minusgeschäft machen. Wir wollen kein Geld verdienen, aber wir wollen auch nichts verlieren, so dass wir die Motoren nur zu einem angemessenen Preis verkaufen werden. Und der zweite Punkt ist, dass wir dann nicht nur die Motoren liefern wollen, sondern auch die Möglichkeit haben wollen, junge Ingenieure oder Fahrer dort einzusetzen. Damit sind wir dann nicht nur in der Position des Lieferanten, sondern auch in der Position des Partners. Aber vor 2005 oder 2006 sind wir vermutlich nicht in der Lage, ein weiteres Team zu beliefern."

Frage: "Du sprichst da einen sehr attraktiven Vorschlag aus. Hast du schon mit anderen Teams darüber gesprochen?"
Faure: "Einige Teams begannen, mit uns zu sprechen, aber wir sind noch nicht bereit. Wir wollen unseren Motor ohne den Druck entwickeln, ein zweites Team beliefern zu müssen. Deshalb werden wir 2004 keinem zweiten Team einen Motor geben können."

Frage: "Wir haben mitbekommen, dass Jean-Jacques His das Unternehmen verlässt. Gibt es eine Verbindung zwischen der Entscheidung für das klassische Motorenkonzept und seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen?"
Faure: "Es gab gewiss eine sehr klare Verbindung. Jean-Jacques wollte vermutlich mit diesem Weitwinkelmotor weiterarbeiten. Nach langer Diskussion glaubten wir, dass es nicht der richtige Weg sei. Am Ende ist es die Entscheidung des Firmenchefs, welcher Weg eingeschlagen wird. Und diese Entscheidung kann er vollkommen frei treffen. Wir hatten am Dienstag noch mal zusammen etwas getrunken und denke, dass wir in einer guten Beziehung auseinander gehen. Er hat eine ernorme Arbeit für Renault erledigt. Wir werden das nie vergessen. Ich denke, dass er vermutlich die beste Zeit seines Lebens mit Renault hatte, was er auch gesagt hat. Aber nun wird er sich einer neuen Aufgabe widmen und ich wünsche ihm dabei wirklich viel Glück."

Frage: "Die FIA hat gesagt, dass Teams Kundenmotoren für 10 Millionen Dollar im Jahr bekommen sollen. Hältst du das für ein realistisches Ziel für Renault?"
Faure: "Ich denke, dass wir nach unseren Kalkulationen vermutlich teurer sind, aber für 10 Millionen Dollar würden wir Geld verlieren. Um kein Geld zu verlieren, sollten die Motoren um die 15 Millionen Dollar kosten, vielleicht etwas weniger. Aber mit 10 Millionen Dollar würden wir Geld verlieren."

Frage: "Die FIA sagte, dass die Traktionskontrolle im kommenden Jahr nicht verboten wird, wenn die Motorenhersteller in der Lage sind, Motoren zu erschwinglichen Preisen zu liefern. Glaubst du, dass dies nächstes Jahr passieren wird und dass die FIA die Traktionskontrolle verbietet, wenn die Motorenhersteller ihr Versprechen nicht einlösen?"
Faure: "Ich denke nicht, dass uns die FIA drohen wird und ich denke nicht, dass es Drohungen geben wird, sondern Diskussionen und Verhandlungen. Ich denke, es wird nächstes Jahr keine Probleme geben, weil mindestens einer der Hersteller schon gesagt hat, dass er bereit ist, um andere Teams zu beliefern. Ich denke, deshalb wird es keine Probleme geben, um bis 2005 auf einen zweiten Hersteller zu warten."

Frage: "Zu den GPWC-Verhandlungen: Es hat verschiedene Vorschläge gegeben, so dass es sehr bald eine Entscheidung geben kann. Was glaubst du zu dieser Situation?"
Faure: "Ich denke, dass wir uns vermutlich in der letzten Phase unserer Diskussionen und Verhandlungen mit den Banken und Gläubigern befinden. Ich denke, dass wir in drei Monaten das Einverständnis haben oder wir werden die Verhandlungen beenden."

Frage: "Kannst du uns sagen, wo der Renault-Motor für das nächste Jahr entworfen wird?"
Faure: "Ohne irgendwelche Zweifel in Viry."

Frage: "Und kannst du uns dann sagen, wer ihn entwerfen wird?"
Faure: "Das wird der Designer und das Team sein, welches schon heute in Viry ist und momentan schon dabei ist, den Motor für 2004 zu entwerfen. Ich nehme an, dass du über das kleine Team reden wolltest, welches in Enstone am Motor arbeitet. Es ist wirklich ein kleines Team von 15 Leuten, welches uns in einigen Gebieten hilft, allerdings ist jemand in Viry für sie verantwortlich, der auch weiterhin in Viry arbeiten wird. Der Motor wird weiterhin ohne Zweifel in Viry entworfen werden."

Frage: "Wenn auch andere Hersteller wie Renault sagen würden, sie könnten im nächsten Jahr kein anderes Team mit Motoren beliefern und die FIA würde dann auf ein Verbot der Traktionskontrolle bestehen, wie teuer wäre das für euch?"
Faure: "Vermutlich wäre es für uns genauso teuer wie für die anderen Teams."

Frage: "Kannst du uns eine Summe nennen?"
Faure: "Nein, das möchte ich nicht."

Frage: "Du sagtest, dass du in drei Wochen eine Entscheidung hinsichtlich der GPWC erwartest. Kannst du uns sagen, ob du eher ein ja oder ein nein erwartest?"
Faure: "Das ist ganz schwierig zu sagen, wenn man mitten in den Diskussionen steckt. Ich persönlich hoffe, dass alle verantwortlichen dabei sein werden, eine gute Lösung zu finden, um sicherzustellen, dass die Zukunft der Formel 1 für zehn oder 15 Jahre oder noch mehr gesichert ist. Das ist es, was ich hoffe, aber man weiß nie, was passiert. Die einzige Sache, die ich sicher sagen kann, ist, dass mindestens zwei Parteien bemüht sind, eine gute Lösung zu finden. Deshalb hängt es gewiss von der dritten Partei, den Banken, ab, ob wir eine gute Lösung finden."

Frage: "Wie verlaufen die Verhandlungen mit der FIA hinsichtlich den Kundenmotoren? Versucht ihr die FIA zu überreden, den Preis für die Kundenmotoren zu erhöhen? Gibt es überhaupt Verhandlungen?"
Faure: "Soweit ich informiert bin gibt es keine Verhandlungen. Ich glaube aber nicht, dass jemand einem Hersteller einfach einen Preis sagen kann, für den er seine Motoren verkaufen soll. Das ist kein Weg. Wir werden keinen Motor für 10 Millionen Dollar verkaufen."