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Fahrer vor schwieriger Entscheidung: Platz zurückgeben oder nicht?

in Dschidda könnte es für einige Piloten schwierig werden, wenn sie entscheiden müssen, ob sie einen Platz zurückgeben oder nicht

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Fahrer könnten am Sonntag in Dschidda vor einer schwierigen Entscheidung stehen, ob sie sich nach einem Überholmanöver selbst bestrafen, wenn sie dabei die Auslaufzone zur Hilfe nehmen. Grundlage ist ein neuer Ansatz der Rennleitung um Niels Wittich und Eduardo Freitas, der seit dem vergangenen Rennen in Bahrain existiert.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen, Lewis Hamilton, Esteban Ocon

Ob das Manöver legal war, müssen die Fahrer schnell selbst entscheiden Zoom

Dabei geht es um die Legalität von Überholmanövern und wie entsprechende Strafen gehandhabt werden. Grundsätzlich gilt die Vorgabe, dass die weiße Linie als Streckenbegrenzung zählt und dass Fahrern auf der Außenbahn Platz gelassen werden muss.

Wer dagegen verstößt, muss selbst entscheiden, ob er den gewonnenen Platz zurückgibt oder nicht. Der Rennleiter wird den Teams nicht mehr mitteilen, dass der Fahrer seinen unfair gewonnenen Platz zurückgeben muss. Das hatten die beiden Vorgänger Michael Masi und Charlie Whiting so gemacht.

Allerdings war dieser Hinweis keine verbindliche Ansage, da die endgültige Entscheidung über Strafen von den Rennkommissaren kommt. Allerdings konnte man davon ausgehen, dass eine Strafe kommen wird, wenn man dem Hinweis des Rennleiters nicht Folge geleistet hätte. Daher haben die Teams ihren Fahrer meist auch zurückgepfiffen.

Manchmal zogen sich die Diskussionen darüber aber auch rundenlang hin. In der Zwischenzeit hatte der betroffene Fahrer vielleicht schon andere Autos überholt, sodass eine einfache Platzrückgabe nicht mehr möglich war. Das hatte eine Fünf-Sekunden-Strafe und einen Strafpunkt zur Folge - "leaving the track and gaining and advantage".


Eine Runde auf dem Jeddah Corniche Circuit

Komm mit auf eine virtuelle Runde auf der Formel-1-Strecke in Dschidda, wo der Grand Prix von Saudi-Arabien 2022 stattfindet. Weitere Formel-1-Videos

Die neue Vorgabe ist simpel: Ab jetzt wird der Renndirektor den Teams keine Ansage mehr machen. Es liegt in den Händen der Fahrer, ob sie einen Platz zurückgeben oder nicht. Und das muss innerhalb einer Runde geschehen - wenn nicht, dann entscheiden die Rennkommissare.

Keine Anweisung vom Rennleiter

In vielen Fällen dürften die Fahrer wissen, ob ein Manöver als unfair angesehen wird. Dann gibt es aber auch die Härtefälle, bei denen es innerhalb der Teams zu Diskussionen kommen wird. Doch weil die Position innerhalb einer Runde zurückgegeben werden muss, bleibt dafür nicht viel Zeit.

Sollte intern die Entscheidung getroffen werden, den Platz nicht zurückzugeben, kann ein Sportdirektor der Rennleitung über ein FIA-Mitglied mitteilen, warum man diese Entscheidung getroffen hat. Ob ihre Ansichten dann auch zu den Rennkommissaren gegeben werden, die über eine Strafe entscheiden, ist eine andere Sache.


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Gleiches gilt auch für Fälle, in denen ein Fahrer neben der Strecke einen Vorteil hatte, ohne dabei einen anderen Piloten zu überholen.

Sainz lobt richtigen Ansatz

Fahrer und Teams sind nun in einer schwierigen Situation. Einige Fälle mögen zwar eindeutig sein, andere sind es aber nicht. Und wenn du um Punkte, ein Podium, einen Sieg oder sogar die Weltmeisterschaft kämpfst, dann dürfte es ziemlich schmerzhaft sein, eine Position zurückzugeben, wenn du dir nicht sicher bist, ob es überhaupt eine Strafe gibt.

Ferrari-Pilot Carlos Sainz hält das für den richtigen Ansatz, weil es für ihn "echtes Racing" ist: "Du kannst nicht einfach drei oder vier Runden verlieren und dann die Position zurückgeben müssen", sagt er. "Es muss klar sein und im Moment des Vergehens zur Anwendung kommen, ob du eine Position verlierst."

Andere glauben, dass es in engen Situationen, wenn etwa beide Fahrer von der Strecke abkommen und der hintere Fahrer plötzlich vorne ist, trotzdem noch zu einer Ansage des Rennleiters kommen kann.

Leclerc: Was passiert im Startgetümmel?

"Wir hatten diese Diskussion schon beim ersten Rennen mit Niels", sagt Charles Leclerc. "In manchen Fällen ist klar, was die Fahrer tun werden, aber es gibt auch Situationen, in denen es nicht so klar ist", meint der Monegasse und verweist auf seinen Start in Mexiko im Vorjahr.

Damals hatte er die zweite Kurve abgekürzt, um Valtteri Bottas auszuweichen, der im Startgetümmel gedreht wurde und mitten auf der Strecke stand. Leclerc konnte dabei ein paar Positionen gutmachen. "Das ist ein gutes Beispiel, wenn es etwas turbulent zugeht. Du gewinnst Positionen, weißt aber nicht wirklich, was du tun sollst."

Der Ferrari-Pilot hofft, dass die Fahrer in solchen Situationen die Unterstützung des Rennleiters bekommen. "Aber ich stimme zu, dass es manchmal Situationen gibt, die einfach zu lesen und zu verstehen sind. In diesem Fall wird der Fahrer clever genug sein, seine Position zurückzugeben", glaubt er.

Carlos Sainz, Charles Leclerc, Valtteri Bottas

Am Start von Mexiko musste Charles Leclerc abkürzen Zoom

Auch Kevin Magnussen hofft, dass der Rennleiter weiter eingreifen wird: "Ich denke, sie werden den Fahrern trotzdem sagen, dass sie die Position zurückgeben sollen", sagt der Haas-Pilot: "Ich glaube, sie erwarten mehr von den Fahrern, wenn es darum geht, eine Position zurückzugeben, wenn man einen Vorteil erlangt hat."

"Aber es wird Fälle geben, in denen der eine meint, er sei abgedrängt worden, und der andere meint, er habe Vorrang gehabt. Da wird es also einige Diskussionen geben", so der Däne.

Keine Basar-Debatten mehr?

Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass die Position trotzdem innerhalb von einer Runde zurückgegeben werden muss. Erst beim Rennleiter nachzufragen oder auf eine Ansage zu warten, könnte ein Risiko sein.

Im Vorjahr stand in Dschidda vor allem der erste Kurvenkomplex im Fokus. Max Verstappen hatte Lewis Hamilton dort beim Neustart neben der Strecke überholt, doch Esteban Ocon ging dabei auch noch am Mercedes-Piloten vorbei, bevor das Rennen mit einer roten Flagge unterbrochen wurde.

Es folgte eine Verhandlung mit Rennleiter Michael Masi, wo Max Verstappen beim nächsten Neustart starten darf. Der Red-Bull-Pilot hätte auf Position eins starten dürfen, hätte dann aber riskiert, von den Kommissaren untersucht zu werden. So nahm Red Bull das Angebot an, hinter Ocon und Hamilton auf Position drei zu starten.


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Eine solche Debatte dürfen Teams 2022 aber nicht mehr erwarten.

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