• 21.03.2015 14:36

  • von Dominik Sharaf & Roman Wittemeier

Ex-Formel-1-Technikchef: Ingenieure an die Kette gelegt

Jörg Zander findet bei Audi in der WEC eine "Spielwiese" vor - Formel-1-Kollegen seien nur bei Regeländerungen kreativ gefragt, findet der frühere Brawn-Mann

(Motorsport-Total.com) - Helmut Marko sprach bei den Verwirklichungsmöglichkeiten eines Designgurus vom Schlage eines Adrian Newey in der Formel 1 von "Kastration". Es ist für die knurrige Red-Bull-Eminenz leicht, Kritik zu üben, schließlich läuft es für seine Farben seit 2014 nicht rund. Allerdings stoßen starre Regularien auch außerhalb der Königsklasse auf Skepsis: Der mit Projekten für die Langstrecken-WM (WEC) und die DTM befasste Audi-Technikchef Jörg Zander schließt sich im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' an.

Titel-Bild zur News: Jörg Zander

Jörg Zander kann sich in der Le-Mans-Szene so richtig austoben Zoom

Der 51-jährige Maschinenbauingenieur weiß, wovon er spricht: Er arbeitete von 2002 bis 2005 als Chefingenieur bei BAR, anschließend mit BMW bei Williams sowie Sauber. 2009 war Zander als Technikchef bei Brawn GP für das Auto verantwortlich, das dem Team zu den Titeln in der Fahrer- und Konstrukteurswertung verhalf. "Meine Zeit in der Formel 1 war sicherlich interessant", sagt er. "Die Regularien waren aber über weite Strecken eng gesteckt. Der Aktionsradius für Ingenieure ist arg begrenzt."

Arbeiten in der Beletage des Motorsport funktioniert anders. Gefragt ist nicht die große Revolution, der Teufel steckt im Detail. Zander erklärt, worum es geht: "Systeme werden in ihren Feinheiten weiterentwickelt, sie werden optimiert im Hinblick auf Gewicht oder Funktionalität. Es ist so, dass man über viele Jahre keinerlei neue Systeme installiert." Gelegenheiten, das zu tun, sind rar. "So etwas gibt es nur bei großen Regeländerungen", weiß Zander. "Erst dann können sich Ingenieure positionieren und darstellen."


Fotostrecke: Die neuen Nasen der Formel 1 2015

Seine Sternstunde schlug 2009, als dieser Fall eintrat und das Brawn-Team nach dem Honda-Aus eine Wunderwaffe in der Garage hatte. Anschließend verwirklichte sich Newey bei Red Bull. Den Beginn des nächsten Zyklus ab 2014, die Turbo-Hybrid-Ära, nutzte Mercedes für sich. Doch damit hat Zander nichts mehr zu tun: "In der LMP1 ist es fantastisch", schwärmt er von den Le-Mans-Protoypen, die sich bei den Marken stark voneinander unterscheiden. Nicht nur in Sachen Leistung, auch in pucto Konzept.

Zander führt mit seinem Audi-Team Grundsatzdebatten, die sich seine Formel-1-Kollegen sparen müssen: "Wir haben bei den Antrieben eine technologische Vielfalt. Man verbringt viel Zeit damit, zu überprüfen, ob das jeweils gewählte Konzept tatsächlich das richtige ist. Man muss analytische Zeit investieren, um die richtigen Ergebnisse zu erzielen", vergleicht der Mann aus Ratingen. "Als Techniker findet man in der LMP1 eine große Spielwiese vor. Man kann noch einige Innovationen einbringen."