Erste Saisonhälfte nährt die Titelhoffnungen von Michelin
Zur Halbzeit in der Formel 1-Weltmeisterschaft ziehen die Franzosen ein zufriedenes Fazit und hoffen auf den Titelgewinn
(Motorsport-Total.com) - Bleiben Sie dran: So wie in einem Thriller der Extraklasse weckt auch die erste Hälfte der diesjährigen Formel 1-Saison große Lust auf die Fortsetzung.

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Michelin hinterließ in der ersten Saisonhälfte einen starken Eindruck
Die Hauptdarsteller in ihren rasant schnellen Boliden boten den Fans bislang nicht nur einen Rennkrimi nach dem anderen, auch in der Gesamtwertung der Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeisterschaft könnte die Situation kaum zugespitzter sein.
Michelin will mit einem seiner Partner den Titel gewinnen
Für Reifenspezialist Michelin stellt die spannendste Saison seit langem zugleich die erfolgreichste nach dem Comeback vor zweieinhalb Jahren dar: Drei Siege, drei Pole Positions und fast doppelt so viele WM-Punkte wie für den Wettbewerber stehen zu Saisonhalbzeit zu Buche. Jetzt wollen die Spezialisten aus Clermont-Ferrand auch das perfekte Happyend ins Drehbuch schreiben ? den Titelgewinn für einen der Michelin-Partner.
Sie kämpfen in beiden WM-Wertungen um die Spitze, stellen die Aufsteiger der Saison und galten bei der Mehrzahl der bisherigen acht Läufen als das bessere Reifenfabrikat: Der französische Hersteller Michelin darf mit der ersten Saisonhälfte mehr als zufrieden sein.
Teams auch Michelin-Pneus holten mehr Punkte
Zur Halbzeit gehören vier der ersten fünf Piloten in der Fahrerwertung und drei der vier besten Teams zu den Partnern der Franzosen. In den acht bisherigen Rennen sammelten Michelin-Piloten insgesamt 197 WM-Punkte, während der Wettbewerber ? der ebenso viele Teams ausrüstet ? auf 115 Zähler kommt.
Schon der erste Lauf im australischen Melbourne glich einem Paukenschlag. Sieg, alle Podiumsplätze und die schnellste Rennrunde gingen an Partner des französischen Reifenherstellers. Bemerkenswert: Sowohl Gewinner David Coulthard als auch sein drittplatzierter McLaren-Mercedes-Teamkollege Kimi Räikkönen mussten, nachdem sie auf abtrocknender Strecke mit Regenreifen ausgerückt waren, einen ungeplanten Boxenbesuch einlegen. Dennoch schenkten sie Michelin die erste WM-Führung seit Ende 1984, als sich die Franzosen als Weltmeister aus der Königsklasse verabschiedet hatten.
Freude über Räikkönens Debütsieg
Gehörte das Auftaktrennen schon zu den packendsten der vergangenen Jahre, so überboten die Formel 1-Cracks diesen Superlativ mit den folgenden Läufen gleich zwei Mal: In Malaysia feierte Räikkönen seinen längst fälligen Debütsieg, wobei Michelin auf dem "Sepang International Circuit" den schon fast obligatorischen Erfolg erntete: Seit der Rückkehr der Franzosen gewann kein anderes Reifenfabrikat auf dem tropischen Grand Prix-Kurs bei trockenen Bedingungen.
Rennen drei in Brasilien zeigte erstmals Auswirkungen der neuen Regeln: Michelin hatte den nur noch einen erlaubten Regenreifentyp tatsächlich als echten Schlechtwetterpneu ausgeformt. Als der Grand Prix auf dem von heftigen Schauern teilweise überfluteten "Autodromo José Carlos Pace" gestartet wurde, erwiesen sich die Regen-Pneus aus Clermont-Ferrand als überaus konkurrenzfähig. Der Wettbewerber hatte dagegen mit der Neutralisation des Rennens bei starkem Regen gepokert und seinen Teams Intermediate-artige Walzen zur Verfügung gestellt.
Trotz der überlegenen Regen-Performance zeigte sich Michelin Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier nicht glücklich über die Ein-Reifentyp-Regel: "Wir sollten einen Pneu haben, der auf normal nasser Strasse gut funktioniert und zusätzlich einen Monsun-Reifen", folgerte der charismatische Franzose aus dem Krimi von Interlagos.
Lob von BMW-Williams-Pilot Juan-Pablo Montoya
Auch wenn der Brasilien-Sieg nach vorzeitigem Abbruch glücklich an den Jordan-Piloten Giancarlo Fisichella ging: Mit drei Pole Positions und drei Grand Prix-Siegen aus acht Läufen sowie 14 von 24 möglichen Podiumsplätzen blickt Michelin auf eine sehr zufriedenstellende Formel 1-Halbzeitbilanz. Das Highlight der ersten Saisonhälfte bildet zweifellos der prestigeträchtige Monaco-Triumph von BMW WilliamsF1-Pilot Juan Pablo Montoya. "Die Michelin-Reifen haben super funktioniert. Wir hatten deswegen sicherlich einen Vorteil", jubelte der strahlende Kolumbianer. Schon im Qualifying hatten Partner des französischen Herstellers die ersten vier Plätze belegt.
Freuen durften sich bislang auch die Fans: Vier verschiedene Sieger in den ersten vier Saisonrennen gab es zuletzt 1982. Kleine Fußnote für Statistikfreunde: Zu Beginn der Saison 1956 stand die Zahl der Sieger nach vier Rennen sogar bei fünf. Die Lösung der paradox scheinenden Aussage: Bis ins Jahr 1957 war es erlaubt, dass sich zwei Fahrer ein Auto teilten. Beim Großen Preis von Argentinien machten Juan Manuel Fangio und Luigi Musso von dieser Möglichkeit Gebrauch, als nach 22 Runden die Benzinpumpe im Lancia-Ferrari D50 des Nationalhelden Fangio streikte.
Zwei Michelin-Piloten als Aufsteiger des Jahres
Apropos Nationalheld ? auch die drei viel umjubelten Aufsteiger des Jahres stammen aus dem Michelin-Kader: Fernando Alonso, Mark Webber und Kimi Räikkönen gelten als kommende Champions. Der spanische Renault-Pilot trug sich in Malaysia als jüngster Pole-Setter und jüngster Podiumsgast in die Grand Prix-Rekordbücher ein, der australische Gentleman schenkt seinem Jaguar-Team den ersehnten Aufschwung und der finnische "Iceman" gehört seit diesem Jahr zur exklusiven Riege der Grand Prix-Sieger.
Symonds: Partnerschaft mit Michelin funktioniert perfekt
In allen drei Fällen ist der Aufstieg der Teams und Piloten eng mit Michelins Performance verbunden: Renault und Jaguar gehören zu den so genannten "Heathrow-Teams", die am Freitag Morgen vor einem Grand Prix zwei Stunden testen dürfen und sich dafür auf zehn Testtage (oder 20 mit einem Auto) während der Saison beschränken. "Den optimalen Reifentyp auf dem aktuellen Grand Prix-Kurs statt auf einer Teststrecke auszusortieren, stellt einen immensen Vorteil dar", erklärt Pat Symonds, Chefingenieur bei Renault F1. "Die Partnerschaft mit Michelin funktioniert perfekt."
Ähnlich sieht es Räikkönens Rennstall McLaren-Mercedes. Das Team aus Woking sucht ? und findet ? den Erfolg in der perfekten Integration der Michelin-Reifen in das Gesamtpaket. Mit dem kommenden MP4/18 will Chefdesigner Adrian Newey bald ein revolutionäres Auto präsentieren, das erstmals auf ein optimales Ausnutzen des Pneu-Potenzials hin entwickelt wurde.
Michelin setzt neue Regeln intelligent um
Die viel diskutierten Regeländerungen zu Saisonbeginn brachten Michelin nicht aus dem Konzept ? im Gegenteil: Der französische Hersteller setzt die neuen Regularien besonders effizient um. "Da in dieser Saison zwischen dem Qualifying und dem Rennstart die Autos nicht mehr gewartet werden dürfen, haben wir Reifen entwickelt, die konstanter funktionieren und nicht mehr so sensibel auf Veränderungen beispielsweise der Streckenbedingungen reagieren", erklärt Formel 1-Projektleiter Pascal Vasselon. "Mit anderen Worten: Unsere Pneus besitzen jetzt ein breiteres Fenster, in dem sie optimal arbeiten."
Befürchtete Kostenexplosion blieb aus
Die befürchtete Kostenexplosion ? durch die Möglichkeit, jedem Team individuelle Reifen zu liefern ? blieb bei den Franzosen aus: Während der ersten Saisonhälfte brachte die Mannschaft um Rennleiter Dupasquier in der Regel fünf Trockenreifen-Typen mit an die Rennstrecke.
Diese fünf Varianten ergeben sich aus jeweils drei verschiedenen Gummimischungen und Karkass-Konstruktionen. "Unter diesen fünf Typen finden alle unsere Partner normalerweise ihren idealen Pneu. Manchmal tritt ein Team mit speziellen Wünschen an uns heran ? eine kleine Konstruktionsänderung oder eine weichere Laufflächenmischung. Darauf gehen wir natürlich gerne ein", bestätigt Dupasquier.

