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Erinnerungen an die "Roaring Sixties"
Teamchef Frank Williams erinnert sich an eine längst vergangene Zeit, als Sex noch sicher und die Formel 1 lebensgefährlich war
(Motorsport-Total.com) - Frank Williams ist der älteste Teamchef der Formel 1, ist seit vier Jahrzehnten im Motorsport eine große Nummer und hat somit verschiedenste Epochen der Königsklasse miterlebt. Von ihm ist der Satz "Die Formel 1 ist nur alle zwei Wochen Sport, ansonsten knallhartes Business" überliefert - aber es gab eine Zeit, in der das ganz anders war.

© Schlegelmilch
Die Formel 1 war bei weitem nicht immer so professionell und sicher wie heute
Eine Zeit, in der man Sex noch als sicher einstufen durfte und in der die Formel 1 ein Selbstmordkommando war, wie eine alte Rennfahrerweisheit besagt. Nostalgiker trauern dieser Epoche nach, als die Formel-1-Teams noch keine Hightechunternehmen waren, sondern Garagistencrews aus Leidenschaft, als sich James Hunt nach jedem Sieg eine Zigarette anzündete und abends ein paar Gridgirls mit ins Hotel schleppte.#w1#
Nicht alles ist Gold, was glänzt
Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt, wie Williams weiß: "Es gab schwierige Zeiten, auch für mich persönlich. Deswegen schaue ich nicht zurück und denke: Wow, das waren wundervolle Zeiten", erklärte der "Rollstuhlgeneral", wie er wegen seiner militärischen Disziplin und seiner Unterleibslähmung genannt wird, im Interview mit dem 'Tagesspiegel'. "Jeder wusste, er konnte der Nächste sein. Der Tod war da, aber man sprach nicht über ihn."
Denn so charismatisch die goldenen 1960er- und 1970er-Jahre auch gewesen sein mögen, so waren die damaligen Autos gefährliche Raketen, die jederzeit hochgehen konnten - und das in einer Ära, in der Qualitätskontrolle noch ein Fremdwort war. "Im Schnitt erwischt es jedes Jahr zwei von uns. Du kannst dir ausrechnen, wann du selbst drankommst", soll der dreifache Weltmeister Niki Lauda einmal eiskalt gesagt haben.
Und wenn tatsächlich einmal etwas passiert ist, war die Ungewissheit das Allerschlimmste, schließlich gab es damals noch kein Kamerasystem, mit dem jeder Zentimeter der Rennstrecke überwacht wird wie heute. Williams: "1969 wurde nichts live übertragen, am Abend lief ein bisschen was im Fernsehen. Wenn ein Pilot fehlte, musste man warten, bis die Streckenposten der Rennleitung ihre Meldung übermittelten. Und die Rennleitung hat es dann mir erzählt."
Die Einführung der Motorhomes
"Alles war viel provisorischer", erzählte er weiter. "Es gab keine Motorhomes und keine Garagen wie heutzutage. Die Boxengasse war Teil der Strecke und potenziell sehr gefährlich. Das Fahrerlager war winzig, Toiletten existierten nicht. Wenn du etwas essen wolltest, konntest du Glück haben und einen Hotdog oder Hamburger kaufen, aber normalerweise musstest du etwas mitbringen. Und die ganze Technologie gab es nicht."
Zur Kommerzialisierung der Formel 1 hat sicherlich die Erschließung des Fahrerlagers beigetragen, denn wo früher noch ein paar PKW-Anhänger und da und dort ein Barbecuegrill standen, findet man heute mehrstöckige Hospitalitys für das eigene Team und jene Sponsoren, die Millionen investieren, um ihre Logos im Kreis fahren zu sehen und sich einmal pro Jahr auf der obersten Terrasse der Red-Bull-Energy-Station sonnen zu lassen...
Chapman hatte das erste Motorhome

© Williams
Ein bisschen Rock'n'Roll im Gesicht: Patrick Head und Frank Williams Zoom
"Lotus-Chef Colin Chapman hat das erste Motorhome gekauft", erinnerte sich Williams an eine längst vergessene Zeit. "Er hatte es von den Amerikanern, die schon zehn Jahre vor uns Motorhomes hatten - ein richtiges Luxusding! McLarens Ron Dennis wollte dann auch eins. Er war der Erste, der sich eins bauen ließ. Dann wollte jeder eins, schöner und größer als das der anderen, um Prestige und Sponsoren zu gewinnen."
Es habe früher "mehr Partys, mehr Kontakte, mehr Zeit für große gemeinsame Abendessen", gegeben. "In dieser Hinsicht war es spaßiger - heute ist alles viel ernster", so Williams. Das bedeute aber noch lange nicht, dass die Formel 1 früher eine lockere Spaßveranstaltung ohne Konkurrenzdenken war: "In der Formel 1 ging es nie um Spaß, es war immer ein verbissener Wettbewerb. Das hat sich bis heute nicht geändert."
Freundschaften sind selten geworden im Fahrerlager. Bei den benachbarten Teams war Williams letztmals vor fünf Jahren, wie er selbst zugibt. "Ich komme ganz gut mit Flavio Briatore von Renault und Mario Theissen von BMW aus", teilte der Brite mit. "Stefano Domenicali von Ferrari kenne ich nicht so gut, aber ich mag seinen Vorgänger." Der inzwischen zurückgetretene Franzose Jean Todt sei nämlich "ein echter Gentleman"...

