• 01.03.2009 12:26

Entwicklungschef Key über die Kompromisse

Force-India-Entwicklungschef James Key über die Schwierigkeiten bei der Anpassung an die McLaren-Mercedes-Bauteile

(Motorsport-Total.com) - Die Force-India-Mannschaft hat sich erst im Spätherbst 2008 einen entscheidenden Deal gesichert, als man die Zusammenarbeit mit McLaren-Mercedes bekanntgab. Doch diese technische Partnerschaft hatte nicht nur Vorteile. Der VJM02, der bereits in einem späten Designstadium war, musste in vielen Bereich überarbeitet werden. Entwicklungschef James Key erklärte im Interview, wo dabei die besonderen Schwierigkeiten lagen.

Titel-Bild zur News: James Key (Technischer Direktor)Silverstone, Grand Prix Circuit Silverstone

James Key musste die Aerodynamik des VJM02 noch einmal überarbeiten

Frage: "James, der neuen VJM02 sieht ganz anders aus als das Vorgängermodell. Kannst du uns von den Regeländerungen und deren Interpretation berichten?"
James Key: "Die Regeln im Bereich Aerodynamik sind in diesem Jahr komplett anders. Im Grunde haben wir mit einem weißen Blatt Papier beginnen müssen. Wenn wir uns das Auto mal von vorne nach hinten anschauen: Der Frontflügel sieht ganz anders aus. Der Flügel muss 1.800 Millimeter breit sein, er erstreckt sich also zu beiden Seiten bis zur Außenkante der Vorderräder. Das lässt den Flügel flach und extrem breit im Vergleich zu 2008 erscheinen."#w1#

"Es gibt den von der FIA vorgeschriebenen Mittelteil und im äußeren Bereich können wir relativ frei werkeln. Das ist völlig anders als im Vorjahr. 2008 war der Flügel viel Schmaler und musste viel Arbeit verrichten. Es galt die Luft an den Rädern vorbei und unter das Auto zu leiten. Beim jetzigen Modell trifft die Luft auf den Frontflügel und wird danach sofort von den Vorderrädern verwirbelt. Man muss die Luft also in mehrere Sektionen leiten. Das ist ein kompliziertes Problem. Vor allem, weil auch die restliche Aerodynamik am Auto stark reglementiert ist."

"Die Karosserie ist eher aus einem Block, weil keinerlei Zusatzflügel oder Anbauteile mehr erlaubt sind. Es gibt auch keine Bargeboards, Kiemen oder Kamine mehr, die den Luftfluss am Auto lenken könnten. Jedes Element muss mindestens einen Radius von 75 Millimetern aufweisen. Daher kommt der neue VJM02 deutlich geschwungener daher, aber hat ein deutlicheres Profil als der Vorgänger."


Fotos: Präsentation des Force India VJM02


"Die Veränderungen haben deutliche Auswirkungen auf die Fahrzeugkühlung. Es gibt nur noch zwei Luftauslässe und es darf nur nach hinten abgeleitet werden, direkt vor der Hinterachse muss die Luft austreten. Wenn man sich dann mal das Heck anschaut, dann erkennt man Veränderungen am Diffusor. Er ist tiefer, breiter und weiter nach hinten gezogen."

"Zweitens ist der Heckflügel viel höher und schmaler als 2008. Die Maximalbreite des Flügel ist um 25 Prozent geschrumpft, und man darf maximal zwei Flügelelemente verwenden. Er hängt nun viel dichter am Diffusor, sodass das Zusammenspiel der beiden Elemente sehr schwierig hinzubekommen ist."

"Eine weitere Neuerung sind die verstellbaren Elemente am Frontflügel. Dort gibt es die einzig für den Fahrer erlaubten Verstellmöglichkleiten im Bereich Aerodynamik. Man steuert es über einen Knopf am Lenkrad. Es kann um bis zu drei Grad nach oben oder um drei Grad nach unten verstellt werden. Es soll beim Überholen helfen."

"Es gab in der Vergangenenheit immer wieder Situationen, wo ein Fahrzeug einem anderen folgte, aber nicht überholen konnte, weil es im Windschatten zu viel Abtrieb auf der Vorderachse verlor. Jetzt kann der Fahrer den Flügel zwei Mal pro Runde justieren, nah genug heranfahren und vielleicht am Ende einer Kurve schon vorbeiziehen. Auch wenn es Probleme beim Reifenverscheiß geben sollte, dann kann der Fahrer mit diesem Element für Linderung sorgen."


Fotos: Shakedown des VJM02 in Silverstone


Frage: "Haben die Tests 2008 in irgendeiner Form helfen können?"
Key: "Wir haben Ende 2008 unser Auto auf die Abtriebswerte von 2009 umgebaut, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie sich ein Fahrzeug beim neuen Regelwerk wohl verhalten wird. Leider waren die Streckentemperaturen oft viel zu niedrig, sodass wir wenig repräsentative Ergebnisse bekamen. Wir haben uns für eine späte Vorstellung unseres neuen Autos entschieden, aber es liegt ein gut durchstrukturiertes Testprogramm vor uns. Die positiven Seiten des McLaren-Mercedes-Deals haben die negativen Aspekte deutlich aufgewogen."

Frage: "Hatte die neue Partnerschaft mit McLaren-Mercedes einen großen Einfluss auf das Design des neuen Autos?"
Key: "Ja, in gewisser Weise schon. Wir mussten das gesamte aerodynamische Paket an anders dimensionierte Motoren, Getriebe und KERS anpassen. Wir mussten nicht nochmal ganz von vorn beginnen, aber gewisse Bereiche mussten wir komplett überarbeiten, zum Beispiel die Seitenkästen, die Kühlung und das Heck. Wir haben lange Zeit daran gearbeitet, um es möglichst optimal hinzubekommen. Unsere Jungs im Windkanal haben tolle Arbeit geleistet. Es ist noch sehr früh, aber wir werden in der weiteren Entwicklung sicherlich den richtigen Weg finden."