• 14.06.2007 19:12

Eine Runde durch die Toyota-Fabrik mit John Howett

Teampräsident John Howett öffnet für unsere Leser die Tore der Toyota-Fabrik in Köln, die als modernste in der Formel 1 gilt

(Motorsport-Total.com) - Ein Formel-1-Rennen und die harte Arbeit der Fahrer und des Rennteams anzusehen ist eine Selbstverständlichkeit, aber hinter den Kulissen der Toyota-Rennzentrale in Köln geht der Einsatz das ganze Jahr weiter.

Titel-Bild zur News: Toyota-Fabrik

In der Toyota-Fabrik in Köln wurde der aktuelle TF107 entwickelt

Toyota ist eines der wenigen Teams in der Formel 1, das ein eigenes Auto, ein Chassis und den Motor unter einem Dach baut. Rund 650 Spezialisten arbeiten unermüdlich, um Ralf Schumacher und Jarno Trulli ein konkurrenzfähiges Auto zu geben, wenn beide auf die Strecke geben.#w1#

Blick hinter die Kulissen

Aber was passiert in der Teamzentrale? Toyota-Teampräsident John Howett hat die Fabriktore geöffnet, um einen Blick hinter die Kulissen zu geben. Der erste Halt auf seiner geführten Tour war die Kohlefaserabteilung.

Ohne Kohlefaser wäre ein Formel-1-Auto ein komplett anderer Bolide. Die Kohlefaserabteilung spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Design zu Realität: "Wir benutzen so viel Kohlefaser, weil es leicht, stark und extrem steif ist und weil es zur Sicherheit der Fahrer beiträgt", erklärt Howett.

"Das ist eine der wichtigsten Abteilungen in jedem Formel-1-Team, wo die Hauptteile der Karosserie und die strukturellen Teile hergestellt werden. Es sieht von außen nicht sehr aufregend aus, aber innen steckt viel drin. Es ist eine der geschäftigsten Abteilungen in der ganzen Fabrik."

Wir setzen das Design in reele Bestandteile um. Kohlefaser wird sehr präzise aus großen Bögen geschnitten und in den Layoutbereich gebracht. Von hier aus wird die Kohlefaser in einer bestimmten Richtung in die Gießformen eingebracht, um die die Stärke der Komponenten zu optimieren.

Aber das war es noch nicht mit den Kohlefaserteilen. Sie müssen noch durch einen anderen Prozess, um für das Rennen einsatzbereit zu sein. Dafür öffnet Howett die Tür zu einem ganz normalen privaten Bereich.

Es sieht ein bisschen aus wie ein Bankschließfach, aber es ist ein Autoklav. Howett: "Wenn die Teile, die herzustellen sind, die richtige Form haben, kommen sie in eine Art Tasche. Diese Tasche wird unter Vakuum gesetzt und dann unter hohem Druck und Temperatur in einem Ofen gebacken. Dieser Ofen arbeitet 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche."

Natürlich müssen all die clever designten Kohlefaserteile etwas haben, damit sie auch bewegt werden können. Das ist in der Motorenwerkstatt zu finden. Bevor man die Motorenabteilung betritt, können die Teammitglieder einen Blick auf einen Teil der Toyota-Rennsportgeschichte werfen. Da ist zum Beispiel der Motor, der Mika Salo beim Formel-1-Debüt 2002 in Australien zu einem Punkt angetrieben hat.

Qualifizierter als Schweizer Uhrenbauer

Der Motorenbau ist ein spezieller Job, wie Howett auf seiner Tour durch alle Abteilungen erklärt: "Wir haben hochqualifizierte Techniker, wahrscheinlich höher qualifiziert als Schweizer Uhrenbauer, die an unseren Motoren arbeiten. Wir montieren zum Beispiel die Zylinderköpfe vor und haben dann Teams, die aus zwei Leuten bestehen, die den Motor komplett montieren."

In der Fabrik in Köln werden nicht nur die Formel-1-Fahrzeuge gebaut. Das ist nur ein Teil der Arbeit. Testen und Fahrzeugteile optimieren sind ebenfalls wichtige Bestandteile einer erfolgreichen Unternehmung.

Um das Beste aus einem Formel-1-Motor rauszuhohlen, müssen die Techniker so viele Daten wie möglich gewinnen, um jedes Teil des Triebwerks fein abzustimmen. Und da kommt der Motorenprüfstand ins Spiel.

Mit so wenig Fehlerspielraum, der die Ergebnisse in der Formel 1 bestimmt, ist diese Abteilung sehr oft über dem Limit. Aber Howett erklärt: "Die fertigen Motoren werden auf den Prüfständen installiert, dann können wir alle möglichen Arten von Testläufen und Einschätzungen machen, etwa die Art der Leistungsentfaltung oder Einstellungen für jede einzelne Strecke oder auch Dauerläufe. Wir können in diesen Räumlichkeiten alles simulieren."

Mehr noch als Motorleistung spielt das Aerodynamikverhalten eine entscheidende Rolle in der Frage, ob ein Fahrzeug mit den Besten mithalten kann. Um das Toyota-Team auf der Höhe der Zeit zu halten, hat die Kölner Fabrik zwei Windkanäle.

Ein 50-Prozent-Modell des aktuellen Formel-1-Modells, identisch in jeder nur möglichen Art und Weise, wird hierbei einem starken Wind ausgesetzt. Es treten dabei Windgeschwindigkeiten von 50 bis 100 Meter pro Sekunde auf. Das gibt den Ingenieuren die Möglichkeiten zu sehen, wie sich das Fahrzeug bei hohen Windgeschwindigkeiten verhält.

Aerodynamik heutzutage am wichtigsten

"Die aerodynamische Leistung eines Formel-1-Fahrzeuges hat mit den größten Anteil an der Gesamtleistung", fügt Howett hinzu und erklärt weiter: "Der Windkanalbereich ist der geheimste und im Zutritt am meisten eingeschränkte Bereich einer jeden Formel-1-Fabrik. Hier werden neue Teile an dem Modell angebracht und rigoros und unablässig getestet, um Vorteile gegenüber den anderen Teams zu gewinnen."

Wenn alle Komponenten gebaut und feinjustiert sind, vollendet der Formel-1-Workshop die Aufgabe, ein Formel-1-Fahrzeug zu bauen. Die gleichen Mechaniker, die in den Boxen an einem Rennwochenende und den Tests arbeiten, bauen die Fahrzeuge mit äußerster Sorgfalt in ganz bestimmten Arbeitsbuchten zusammen. Dabei nehmen sie sich genug Zeit, um sicherzugehen, dass alles perfekt zusammenpasst, bevor es zum nächsten Rennen verschifft wird.

Nach dem ganz selten geführten Besuch fasst der Präsident von Toyota Motorsport noch einmal zusammen: "Alle Teile aus allen Arbeitsbereichen der Fabrik werden zusammengeführt und ein Rennwagen ist entstanden."

Wenn das Fahrzeug fertig ist, wird es normalerweise zur nächsten Strecke auf dem Kalender gebracht. Dort bauen wieder dieselben Mechaniker das Fahrzeug neu auf und machen es fertig für Schumacher und Trulli.

Natürlich kann nicht das ganze Werksteam zu den Rennen reisen. Es ist einfach nicht genug Platz in den Boxen vorhanden. Aber hinter der Box gibt es Platz für Getriebe und Motorenbau sowie für die Reifenmechaniker, die Dutzende von Sätzen warm und rennbereit - auch innerhalb kürzester Zeit - halten.

Weiter abseits des Geschehens erforschen Dateningenieure vor Monitorwänden auch die kleinsten Datenmengen, um die Fahrzeuge so gut es geht zu versorgen. An anderer Stelle können Ingenieure in voll ausgestatteten Büros arbeiten, entweder in einem der Renntransporter oder in Büros an der Strecke - um die grundlegende Arbeit fortzuführen, die in Köln begonnen hat.

Jedes Fahrzeug, dass aus der Hightechfabrik von Toyota rollt und an der Rennstrecke ankommt, ist mehr als die Summe seiner Teile. Es ist die gemeinsame Anstrengung eines Teams, dass nur ein Ziel hat: in der Formel 1 erfolgreich zu sein.