Eigentlich war schon zu Saisonbeginn alles klar...

Bereits nach dem ersten Test mit dem R25 hatte Renault-Chefingenieur Pat Symonds ein extrem gutes Gefühl für die WM-Saison 2005

(Motorsport-Total.com) - Es ist kein Geheimnis, dass Renault zu Saisonbeginn stärker war, jede Menge Punkte sammelte und so gegen McLaren-Mercedes in der entscheidenden Phase der Weltmeisterschaft den Schongang einlegen konnte. Dennoch dürfte Flavio Briatore und Co. ein Stein vom Herzen gefallen sein, als der Titel für Fernando Alonso am vergangenen Wochenende in São Paulo endlich fixiert wurde.

Titel-Bild zur News: Pat Symonds

Zehn Jahre nach Schumacher wurde Pat Symonds mit Alonso wieder Weltmeister

Für Chefingenieur Pat Symonds war jedoch schon vor dem ersten Rennen klar, wohin der Zug diesmal gehen könnte: "Unser letztjähriges Auto war nicht schlecht - es lag in der Weltmeisterschaft lange auf dem zweiten und am Ende auf dem dritten Platz -, aber als Giancarlo (Fisichella; Anm. d. Red.) zum ersten Mal damit gefahren ist, tat er sich nicht leicht. Nach seiner ersten Fahrt mit dem R25 war er aber sofort hellauf begeistert", erklärte er gegenüber 'Autosport-Atlas'.#w1#

Parallelen zwischen 1994 und 2005 unübersehbar

Der erste Eindruck eines neuen Boliden sei meistens schon ein sehr aussagekräftiger, fuhr der Brite fort, der sich diesbezüglich ein wenig an 1994 erinnert fühlt, als seine damalige Benetton-Truppe in den ersten Rennen ebenfalls am schnellsten war, dann aber durch diverse Reglementsänderungen nach der Imola-Tragödie eingebremst wurde. Damals staunte Michael Schumacher gleich beim ersten Test in den höchsten Tönen von der Rakete, die ihn zu seinem ersten WM-Titel führte.

Renault hatte schon 2003 und 2004 das aerodynamisch vielleicht stärkste Chassis, allerdings war man in diesen beiden Jahren durch das PS-Manko massiv gehandicapt. Erst der Wechsel vom 110-Grad-Motor auf ein konventionelles Konzept brachte den großen Aufschwung. Zwar hat man 2005 gegenüber der Konkurrenz etwas vom Vorsprung an Anpressdruck eingebüßt, dafür hatte man meistens den besten Topspeed und eine hervorragende aerodynamische Effizienz.

Dass auch der Vorsprung am Start inzwischen ein wenig geschmolzen ist, verwundert Symonds nicht - eher im Gegenteil: "Ich bin erstaunt, dass wir ihn mehr als zwei Jahre konservieren konnten", sagte er. "Es hat aber einige Änderungen des Reglements gegeben - oder besser gesagt: Klarstellungen des Reglements. Darunter haben wir ziemlich gelitten. Wir rechnen nicht mehr damit, am Start Positionen gutzumachen. Die Türkei war da eine angenehme Überraschung!"

Renault kompensierte viele namhafte Abgänge tadellos

Als weiteres Erfolgsgeheimnis führte der 52-Jährige die Belegschaft in der Chassisfabrik in Enstone an, denn obwohl dort in den vergangenen Jahren die Abgänge von Mike Gascoyne, Mark Smith und John Iley kompensiert werden mussten, ist die knapp 520 Mann starke Truppe offenbar robust genug, aus den eigenen Reihen schlagkräftige Designer hervorzubringen. Symonds verwies in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf Tim Densham.

Letzterer startete seine Formel-1-Karriere 1980 als damals 24-Jähriger unter dem legendären Lotus-Teamchef Colin Chapman, wechselte 1989 zu Brabham und 1993 zu Tyrrell. Als das Team an British American Tobacco verkauft wurde, heuerte Densham als Projektleiter für das geplante Honda-Werksteam an, welches 1999 allerdings noch vor dem ersten Grand Prix nach dem Tod von Harvey Postlethwaite wieder fallen gelassen wurde. Anschließend dockte er bei Benetton an.

Symonds lobt "unterschätzten Designer" Densham

"Es gibt manchmal aerodynamische Designer, die die Aerodynamik so komplex gestalten, dass es eine Katastrophe ist, damit zu arbeiten." Pat Symonds

"Tim ist ein Engländer der alten Schule - sehr pedantisch, methodisch und mit viel Liebe zum Detail", lobte Symonds seinen Kollegen. "Er produziert hübsche Autos, die gut durchdacht sind. Es gibt manchmal aerodynamische Designer, die die Aerodynamik so komplex gestalten, dass es eine Katastrophe ist, damit zu arbeiten - oder es fallen laufend Teile davon ab. Tim ist eher mechanisch orientiert, aber er berücksichtigt das, was die Aero-Jungs sagen. Er ist ein unterschätzter Designer."

Was das große Finale in der Konstrukteurs-WM angeht, stellte Symonds klar, dass McLaren-Mercedes momentan "klar schneller" als Renault sei, "aber jetzt, wo wir die Fahrer-WM in der Tasche haben, können wir mit unserem neuen Paket noch einmal voll angreifen. Es fehlen uns nur zwei Punkte, aber es sind noch zwei Rennen zu fahren. Da kann alles passieren", meinte er abschließend.