Eddie Jordan: "Die Show ist Mist!"

Teamchef Eddie Jordan über die derzeitige Krise in der Formel 1 und wie er mit seinem Rennstall trotzdem überleben will

(Motorsport-Total.com) - 1999 fuhr Heinz-Harald Frentzen auf Jordan noch um den WM-Titel, vier Jahre später kämpft das Team ums blanke Überleben: Keine Frage, Eddie Jordan hat die schwierigste Zeit seiner Karriere vor sich. Trotzdem ist er zuversichtlich, die große Krise zu überstehen.

Titel-Bild zur News: Eddie Jordan

Eddie Jordan begrüßt die Regeländerungen in der Königsklasse

"Jeder weiß", erklärte er dem 'Spiegel' in einem ausführlichen Interview, "wie sich die Lage der Weltwirtschaft dramatisch verschlechtert hat. Das trifft die Formel 1 besonders hart. Der Sponsorenmarkt ist im Vergleich zum Vorjahr um etwa 30 Prozent geschrumpft. Für Teams wie meines geht es ums Überleben." Daher wurde im Frühjahr 2002 ein rigoroser Sparkurs eingeschlagen, der mit Billigfliegern anstelle von Privatjets einen vorübergehenden Höhepunkt erreicht hat.

Mitverantwortlich für die schwierige Phase in der Formel 1 ist laut Jordan die miserable Show der letzten Jahre. Durch die elektronischen Fahrhilfen und die Dominanz des Ferrari-Teams ging dem Sport eine Menge Attraktivität verloren, die man nun in Form des neuen Reglements wieder zurückholen will. Angesichts der Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Teams gestaltet sich die Reform aber sehr schwierig.

Jordan: "Worauf kommt es denn wirklich an? Auf die Show, die Show und nochmals die Show. Und die Show ist Mist. Ein Team, Ferrari, dominiert mit einem Fahrer, Michael Schumacher. Die Rennen sind langweilig wie eine Prozession. Wie viele Zuschauer gehen nach zehn Minuten vom Fernseher weg und setzen sich erst zum Zieleinlauf wieder hin? Die Formel 1 bietet den Sponsoren fraglos die beste Bühne für globales Marketing, aber wir sollten nicht so tun, als ob wir immun wären gegen den Abschwung."

"Die FIA musste handeln", stellte er sich außerdem im Streit zwischen dem Weltverband und den Teams McLaren und Williams klar auf eine Seite. "Ein Jahr lang geschah nichts, weil es unmöglich ist, dass sich die Teams untereinander einigen. Vergessen Sie's ? irgendeiner ist immer gegen irgendwas. Und ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken, wer Recht hat und wer nicht. Ich will meinem Business nachgehen."

Der Ire warf aber ein, dass die Talfahrt seines eigenen Rennstalls zumindest zum Teil auch hausgemacht ist und nicht nur auf die miserable Weltwirtschaft geschoben werden kann. So habe er es nach den "fetten Jahren" Ende der 90er verabsäumt, mit dem damals vorhandenen Geld sorgfältig und überlegt hauszuhalten. Logische Konsequenz: Der sportlichen Talfahrt nach dem Weggang Frentzens folgte auch der wirtschaftliche Absturz.

"Nach dem Erfolg war ein Haufen Geld da. Ich wollte die Chance nutzen, habe wie verrückt investiert und viele Leute eingestellt", so der 54-Jährige. "Plötzlich waren wir statt 200 mehr als 300. Doch die Firma wuchs zu schnell. Wir waren vorher ein überschaubares, familiäres Team. Aber auf einmal kamen eine Menge junger Ingenieure und Manager dazu - und die Erfahrenen gingen, weil sie sich nicht mehr wohl fühlten. Wir verloren unsere Unternehmenskultur. Es war ein Desaster."

Die Reaktion folgte dann im vergangenen Frühjahr, als ? auch budgetär bedingt, weil sich der Verlust der Sponsoren 'Deutsche Post', 'Danzas' und 'DHL' schon abzeichnete ? Jordan rund ein Drittel seiner Belegschaft wieder kündigte, um eine straffere und überschaubarere Struktur zu schaffen. Denn: "Wenn 'Jordan' über dem Eingang steht, erwarten die Mitarbeiter, den Mann anzutreffen, der so heißt. Es ist mir wichtig, mindestens einmal pro Woche durch die Fabrik zu gehen und mit allen zu reden."