• 25.05.2011 23:29

  • von Sven Haidinger & Dieter Rencken

DRS in Monaco: Hamilton gegen alle

Die Fahrer zeigen sich bezüglich des DRS-Verbots im Tunnel von Monaco solidarisch, nur Hamilton kann die Sicherheits-Bedenken der Kollegen nicht verstehen

(Motorsport-Total.com) - Nick Heidfeld hatte es bereits angedeutet: Bei der Fahrerbesprechung über den Einsatz des verstellbaren Heckflügels in Monaco waren alle Piloten wegen Sicherheitsbedenken dagegen, nur "ein Fahrer" sprach sich dafür aus. Die Journalisten hatten schnell einen Verdacht: "Lewis?" Der Mönchengladbacher hielt allerdings dicht: "Ich will da jetzt keine Namen nennen".

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton will nicht verstehen, dass DRS in Monaco ein Risiko ist

So ganz daneben dürften die Vertreter der Presse aber nicht gelegen haben. Denn im Vorfeld des Grand Prix von Monaco will es der McLaren-Star noch immer nicht so recht wahrhaben, dass die FIA die DRS-Nutzung nach einer vorübergehenden kompletten Freigabe nun doch im Tunnel verbietet. "Ich glaube, wir werden es verwenden", so Hamilton zunächst nichtsahnend.

Als ihn ein Journalist aufklärt, dass ein Einsatz im Tunnel nicht erlaubt ist, gibt sich der Draufgänger überrascht: "Wirklich? Nicht einmal im Qualifying? Ich hätte es verwendet, mit Sicherheit. Aber solange es für alle gleich ist, ist es mir egal." Zwischen Mut und Fahrlässigkeit scheint beim Briten, der bereits im Vorjahr in Südkorea bei strömendem Regen als einziger Fahrer auf einen Rennstart gedrängt hatte, ein schmaler Grat zu liegen.

Button: Unfall wäre unvermeidbar

Denn sogar für seinen Teamkollegen Jenson Button, für den Hamilton an Bewunderung grenzenden Respekt hegt, wäre ein Einsatz des Systems im Tunnel absolut unverantwortlich. Das Verbot im Tunnel "war notwendig", meint der Brite. "Der Tunnel ist ein sehr rutschiger Streckenteil mit viel weniger Grip als der Rest des Kurses. Die Gummistücke fliegen gegen die Mauer und fallen zurück auf die Ideallinie."

"Der erste Fahrer, der das DRS im Tunnel ausprobiert hätte, wäre in die Mauer gedonnert." Jenson Button

Button ist der Meinung, dass man durch das Verbot möglicherweise einen schweren Unfall verhindert hat: "Der erste Fahrer, der das DRS im Tunnel ausprobiert hätte, wäre in die Mauer gedonnert, daher ist das Verbot eine gute Idee. DRS erleichtert das Überholen im Tunnel nicht und ist daher dort zwecklos. Es wäre nur eine unnötige Gefahr."

Dem schließt sich auch Witali Petrow an. Das DRS-Verbot sei seiner Meinung nach "eine sehr gute Idee, denn beim Tunnel handelt sich um eine sehr schwierige Passage, die beinahe voll geht. Manche werden sicherlich versuchen, dort mit Vollgas durchzufahren." Der Renault-Pilot malt ein Bild des Schreckens: "Man stelle sich vor, jemand würde dort verunfallen und der Hintermann könnte nicht mehr ausweichen. Das könnte übel werden."

Barrichello fordert die richtigen Schlüsse

Williams-Pilot und Routinier Rubens Barrichello teilt die Bedenken seines jungen Kollegen: "Der Tunnel ist sehr eng. Es ist bereits vorgekommen, dass Fahrer dort überholen wollen und miteinander kollidieren." Erinnerungen werden wach - an den Crash der Jordan-Teamkollegen Takuma Sato und Giancarlo Fisichella im Jahr 2002, der gerade noch glimpflich ausging.

"Ich hätte kein Problem gesehen." Lewis Hamilton

Barrichello, der bei den letzten tödlichen Unfällen in der Formel 1 in Imola 1994 um ein Haar selbst einer Katastrophe entronnen war, fordert die richtigen Schlüsse aus der Vergangenheit: "Ich glaube, dass wir lernen müssen. Ich bin sehr glücklich über die Entscheidung, dass wir DRS im Tunnel nicht verwenden werden." Klare Worte, die Hamiltons Ansichten komplett widersprechen. Denn der Brite wundert sich über die Debatte: "Ich hätte jetzt kein Problem gesehen, aber wenn die FIA glaubt, dass es ein Sicherheitsproblem ist, dann müssen wir dem vertrauen und uns daran halten."

Alonso hätte DRS komplett verboten

Man könnte auch argumentieren, dass der Fahrer selbst entscheiden sollte, ob er das Risiko eingehen will, den Heckflügel im Tunnel flacher zu stellen, oder nicht. Für Sebastian Vettel wäre dies aber eine gefährliche Annäherung an ein Sicherheitsthema, schließlich versuche man "immer, noch weiter ans Limit zu gehen, noch besser und noch schneller zu sein. Wir werden ein bisschen experimentieren und die Grenzen ausloten."

"Hier ist es unmöglich zu überholen, daher unterstützt DRS die Überholmanöver nicht." Fernando Alonso

Er selbst hält den Heckflügel in Monaco für ein "unnötiges Risiko", hat aber dafür Verständnis, dass die FIA das System grundsätzlich erlaubt: "Für die FIA ist es auch nicht einfach, solche Entscheidungen zu treffen. Mit der jetzigen Lösung sind wir unsere Hauptsorge los - den Tunnel."

Ginge es nach Fernando Alonso, wäre DRS auch auf der restlichen Strecke verboten. "Die Fahrer haben den Wunsch geäußert, das DRS auf diesem Kurs gar nicht eizusetzen", sagt der Ferrari-Star. "Der Grund ist einfach: Hier ist es unmöglich zu überholen, daher unterstützt das DRS die Überholmanöver nicht."

Ablenkung durch Knöpfe als Risiko?

Barrichello sieht hingegen nur den Tunnel als Gefahrenzone. Im Rennen erhofft er sich davon Überholmanöver auf der Startziel-Geraden: "Es war sehr klug von der FIA, das DRS abgesehen vom Tunnel zu erlauben. Wir müssen versuchen, damit zu überholen, die Geschwindigkeitsunterschiede könnten dies ermöglichen. Daher ist es auf der restlichen Strecke in Ordnung."

"Ich bin zum Rennfahrer geboren und ich könnte die Knöpfe im Schlaf bedienen." Lewis Hamilton

Alonso befürchtet nicht nur durch den engen Tunnel, sondern auch wegen der Ablenkung durch die zusätzlichen Knöpfe ein Sicherheitsrisiko, schließlich endet in Monaco oft schon ein kleiner Fehler in den Leitplanken: "Die vielen Köpfe machen das Fahren auf diesen Straßen hier viel schwieriger", meint der Spanier.

Hamilton widerspricht und geht einmal mehr in Opposition zum Rest des Fahrerfeldes: "Ich bin zum Rennfahrer geboren und ich könnte das im Schlaf. Klar, es ist nicht leicht, KERS und DRS zu bedienen, zu beschleunigen und das Auto von den Leitplanken fernzuhalten, aber das ist die Herausforderung, die wir Rennfahrer genießen. Darauf bereiten wir uns ja das ganze Jahr vor."