• 28.02.2007 10:19

  • von Inga Stracke

Doornbos: "Massa wird sehr gut sein"

Im Interview spricht Robert Doornbos über den Wechsel zwischen Formel 1 und ChampCar, seine Einschätzung der Tests und über Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Robert Doornbos hat 2007 ein anstrengendes Jahr vor sich: Sein Hauptjob ist der des Rennfahrers für das Minardi-USA-Team in der ChampCar-Serie, gleichzeitig bleibt er aber auch Testpilot von Red Bull Racing in der Formel 1. Wie er diesen Spagat meistern will und wie er die bisherigen Wintertests einschätzt, verriet der Niederländer im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News: Robert Doornbos

Robert Doornbos bleibt auch kommende Saison Testfahrer von Red Bull Racing

Frage: "Robert, die Formel 1 wird in diesem Jahr in Spa-Francorchamps testen. Kannst du denn beides unter einen Hut bringen, die ChampCar-Rennen fahren und Formel-1-Tests? Oder bedeutet das zu viel Herumreisen?"
Doornbos: "Das ist genau das, wofür ich unterschrieben habe. Wenn ich mir den Kalender anschaue, ist es sicher extrem hart für mich, ich werde sicher viele Bonusmeilen sammeln... (lacht; Anm. d. Red.)"#w1#

Doornbos sammelt fleißig Bonusmeilen

Frage: "Da hast du sicher bald die Platinkarte..."
Doornbos: "Ja, sicherlich Platin mit jeder Fluggesellschaft (lacht; Anm. d. Red.). Ich muss einfach sicherstellen, dass ich körperlich gut in Form bin, um das alles wegzustecken. Ich habe einen sehr guten persönlichen Trainer, der auch mit mir zu den Rennen in den Staaten reisen wird. Um ehrlich zu sein, freue ich mich darauf! Jetzt stehen schon wieder die nächsten Tests an, ich bin sozusagen schon auf dem Weg nach Bahrain, wo ich das erste Mal den RB3 fahren werde. Nachdem das Testen dieses Jahr so limitiert ist und sie mir eh nicht so viele Tage anbieten konnten, vor allem weil Mark (Webber; Anm. d. Red.) und David (Coulthard; Anm. d. Red.) sehr daran interessiert sind, so viele Tests wie möglich selbst zu fahren. Ich kann das auch voll verstehen und respektieren, denn wenn ich in ihren Schuhen stecken würde, würde ich das Team genau um das Gleiche bitten. Es gibt nur 30 Tage und du willst das Maximum herausholen. Ich denke aber schon, dass ich übers Jahr ein paar Tage testen werde."

"Ich glaube, die große Überraschung sind die Wintertests insgesamt." Robert Doornbos

Frage: "Dann lass uns mal auf die Formel 1 schauen. Kann man deiner Meinung nach schon vorhersagen, wer in Melbourne stark sein wird? Irgendwelche Überraschungen?"
Doornbos: "Ich glaube, die große Überraschung sind die Wintertests insgesamt. In all den Jahren, seit ich die Formel 1 verfolge, habe ich noch nie gesehen, dass so viele Teams so eng zusammen sind. Das ist unglaublich! Beim letzten Test in Barcelona waren die Top 16 innerhalb einer Sekunde. Normalerweise ist es nie so knapp! Ich glaube, die neue Reifenregel spielt hierbei eine große Rolle. Natürlich werden die großen Teams wieder vorne sein. Die Überraschung im Moment scheint BMW zu sein, sie sind auf den Longruns stark, auf den fliegenden Runden, sie scheinen es zu schaffen, ihr Auto überall gut hinzubekommen. Hoffentlich wird Red Bull gut sein, natürlich hoffe ich das. Wir haben ein zuverlässiges Auto, aber wir müssen noch mehr Speed finden."

Frage: "Warum scheint Renault momentan etwas Probleme zu haben? Ist es der Wechsel auf die neuen Reifen oder mehr die Tatsache, dass Fernando Alonso weg ist?"
Doornbos: "Fernando Alonso war natürlich die Schlüsselfigur im Team. Das Team hatte sich um ihn herum geformt und er hat natürlich auch beeindruckende Leistungen vollbracht. Immerhin hat er zwei Titel in Folge geholt. Aber die Ingenieure und Designer sind weiter die gleichen, sie müssen nur den Knackpunkt in Sachen Reifen finden. Wenn die Reifen funktionieren, können sie wieder ganz vorne sein. Eine konstante Performance während des Rennens ist wichtig. Wir werden es abwarten müssen. Ich denke, Heikki (Kovalainen; Anm. d. Red.) wird gut sein. Er ist schnell - und ich denke nicht, dass sie weit hinten sein werden."

Jahr eins ohne Reifenkrieg in der Formel 1

Frage: "Wie schwierig ist es für die früheren Michelin-Teams, sich an die neuen Bridgestone-Reifen zu gewöhnen? Fernando Alonso sagte, die neuen Reifen seien härter und böten weniger Grip. Kann das ein Problem sein oder kann sich jeder bis Melbourne daran gewöhnen?"
Doornbos: "Nun, klar kann sich jeder daran gewöhnen, es geht nur darum, die perfekte Balance zu finden, vor allem nach dem Reifenkrieg der vergangenen Jahre zwischen Michelin und Bridgestone. Ich war vergangenes Jahr ein Michelin-Fahrer und fand es sehr eigenartig, dass ich auf einigen Strecken, wie zum Beispiel im Nassen in China, sehr schnell war und mich in den Top 10 qualifizieren konnte, aber als es dann wärmer wurde, waren die Bridgestone so viel schneller. Als Fahrer fragt man sich dann schon. Wäre ich schneller gewesen, wenn ich Bridgestone-Reifen gehabt hätte? Jetzt wird es für alle gleich sein. Ich denke, das ist sehr gut für die Formel 1 und die Meisterschaft, dass dieser Faktor weg ist."

"Ich werde zwei verschieden Helme haben: einen aggressiven Helm und einen Formel-1-Helm..." Robert Doornbos

"Klar können die Teams noch einen Unterschied erzielen, indem sie in der richtigen Richtung Geld investieren. Die Reifen spielen sicher eine große Rolle bei den Formel-1-Autos. Der gesamte Grip kommt letztendlich von den Reifen, Aerodynamik und Reifen - wenn du mehr rutscht, musst du eben deinen Fahrstil anpassen und sanfter fahren. Also müssen die aggressiven Fahrer ihren Fahrstil anpassen. Ich bin normalerweise ein eher sanfter Fahrer, nicht aggressiv, und das ist etwas, das ich jetzt für die ChampCar ändern muss. Ich bin genau mittendrin. Ich muss hin und her wechseln. Ich denke, ich werde zwei verschieden Helme haben: einen aggressiven Helm und einen Formel-1-Helm..."

Frage: "Wie wird die Formel 1 ohne Michael Schumacher? Er war so lange dabei..."
Doornbos: "Michael Schumacher ist eine lebende Legende! Er war beim letzten Test, ich sah ihn herumlaufen und wie er sich um sein Team gekümmert hat, geschaut hat, wie sie arbeiten. Ich glaube, dass er es schon jetzt sehr vermisst. Meine Winterpause fühlt sich schon zu lange an, seit ich das letzte Mal ein Formel-1-Auto gefahren bin. Für ihn ist es mehr oder weniger definitiv, dass er nie mehr einen Formel 1 fahren wird. Ich bin sicher, für ihn selbst ist es schwer, aber auf der anderen Seite: Für die Formel 1 ist es gut. Wenn ein anderer Sieger kommt, wird jeder ihn anfeuern. Aber seine Erfolge, sieben Weltmeistertitel - ich denke nicht, dass irgendjemand dies in der nahen Zukunft schlagen kann!"

Frage: "Viele sagen, dieses Jahr wird eines der spannendsten der letzten Jahre. Warum glaubst du, wird dies so sein? Sind es die neuen Team/Fahrer-Kombinationen, sind es die Reifen?"
Doornbos: "Ich denke, es ist ein bisschen von allem. Aber die Reifen werden sicher eine sehr große Rolle spielen. Und die geänderten Regeln. Man kann mehr Reifen benutzen, also können die Teams mehr fahren. Letztes Jahr sind wir an Strecken gekommen, auf denen wir ein Jahr lang nicht gefahren waren, und sind nur vier Runden im Training gefahren, um dann direkt in die Qualifikation zu gehen. Jetzt haben Fahrer und Teams mehr Möglichkeiten, das richtige Setup im Training zu finden. Damit werden alle noch stärker und konkurrenzfähiger. Abgesehen davon denke ich, jedes Jahr in der Formel 1 ist spannend und jedes Jahr ist der Winter so lang, dass keiner es erwarten kann, bis es wieder losgeht. Leider werde ich in Melbourne nicht selbst auf dem Grid stehen, aber ich bin auch sehr gespannt zu sehen, wer dort wie abschneiden wird."

Doornbos plant einen Besuch in Melbourne

Frage: "Wirst du selbst in Melbourne vor Ort sein?"
Doornbos: "Ja, ich werde sicher dort sein. Ich habe erst den Test in Laguna Seca und fliege direkt von Los Angeles nach Australien. Das wird ein Rundflug um die Welt sozusagen. Hoffentlich werde ich es rechtzeitig schaffen, um an Mark Webbers Wohltätigkeits-Tennisturnier teilzunehmen. Ich habe ihn angerufen und ihm gesagt, dass ich gerne teilnehme würde."

Robert Doornbos

Die Formel 1 bleibt das primäre Ziel von ChampCar-Pilot Robert Doornbos Zoom

Frage: "Du hast letztes Jahr dort auch gespielt, richtig?"
Doornbos: "Ja, stimmt, das war gut. Hoffentlich komme ich dieses Jahr rechtzeitig an, um auch wieder mitmachen zu können! Ich habe noch nicht fest zugesagt, weil meine Flüge etwas knapp sind. Ich habe dieses Jahr schon einige Flüge verpasst. Hoffentlich schaffe ich es!"

Frage: "Wie aufregend ist für einen Fahrer die Zeit vor dem ersten Rennen, bevor es wieder losgeht - egal in welcher Serie, egal ob Formel 1, wo du ja auch im Team bist, oder ChampCar, wo du Rennen fahren wirst. Wie nervös ist man als Fahrer jedes Jahr vor dem ersten Rennen?"
Doornbos: "Nervös ist vielleicht nicht das richtige Wort. Du bist besorgt, aber auch heiß drauf, dass es wieder losgeht! Und man muss großes Selbstvertrauen haben, das man während des Winters aufbaut, einhergehend mit deinem Fitnesslevel und der Vorbereitung im Auto. Es ist schon sehr aufregend, endlich wieder Rennen zu fahren. Wenn die Startampeln ausgehen und du am Sonntag endlich in die erste Kurve fährst, das liebst du am meisten, das lieben alle Fahrer am meisten und das ist das Aufregendste vom ganzen Wochenende! Klar, die Qualifikation ist auch klasse, aber das Rennen ist das, um was es wirklich geht, und für mich wird es doppelt aufregend sein."

"Ich habe noch keinen der Kurse gesehen, auf denen ich dieses Jahr in den Staaten fahren werde, und es gibt keine PlayStation, die mir helfen könnte. In der Formel 1 ist es einfach: Du fährst die Strecken einfach im Computerspiel ab, um sie zu lernen. Für mich als Fahrer ist es immer ein aufregender Moment und der Winter erscheint mir immer zu lang! Ich kann es nicht erwarten, bis es wieder losgeht."

Frage: "Auf wen würdest du in der Formel 1 dein Geld setzen?"
Doornbos: "Natürlich muss ich als erstes sagen Red Bull, aber ich denke, Felipe Massa wird sehr gut sein dieses Jahr. Er hat die vergangene Saison mit einem Hoch beendet und ich denke, er wird auch die neue Saison stark starten."