• 02.09.2002 14:53

Dominator Schumacher stürzt die Formel 1 in die Krise

Die TV-Einschaltquoten sinken gewaltig, die Konkurrenz verzweifelt doch Michael Schumacher will weiter dominieren

(Motorsport-Total.com/sid) - Rekordjäger Michael Schumacher stürzt die Formel 1 in eine der größten Krisen ihrer Geschichte. Im gleichen Tempo, in dem der Ferrari-Pilot von Sieg zu Sieg rast, laufen der Königsklasse die Fans davon. Nur noch 7,88 Millionen Zuschauer wollten am Sonntag Schumachers historischen zehnten Saisonsieg in Spa live bei RTL sehen, ein Einbruch von fast einem Drittel gegenüber 2001 (11,3). Auch in den anderen beiden Rennen seit Schumachers vorzeitigem WM-Triumph (Hockenheim, Budapest) in Magny-Cours am 21. Juli waren die Einschaltquoten in Deutschland dramatisch zurückgegangen.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Was geht der Konkurrenz bei diesem Anblick durch den Kopf?

"Ich denke, es gibt viele Fans, die sich freuen, aber vielleicht auch den einen oder anderen, der es langweilig findet", sagte Schumacher nach seinem nie gefährdeten sechsten Erfolg in Spa, bei dem er selbst viel Spaß an seinem "außerirdischen" Ferrari hatte: "Dass man es allen recht machen kann, hat es noch nie gegeben."

Auch beim Formel-1-Haussender in Köln will man noch nichts von einer Krise wissen. "Ich lasse mir die Formel 1 nicht totreden. Wir sind immer noch besser als der Fußball", sagte RTL-Chefredakteur Hans Mahr in einem AZ-Interview: "Ich kann damit leben, dass die Titel-Entscheidung so früh gefallen ist. Es gibt noch so viele andere interessante Dinge in der Formel 1." Ähnlich sieht es auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone: "Wenn man jedes Rennen für sich sieht, ist es nicht langweilig."

Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Nicht nur vor den Fernsehern, auch an den Rennstrecken sinken schon seit Monaten die Zuschauerzahlen, ausgelöst durch immer höher steigende Preise. "In diesem Jahr waren viele Karten schon lange im Vorverkauf erworben worden. Ich denke, für das nächste Jahr werden sich viele Fans überlegen, ob sie nochmal so viel Geld ausgeben wollen", meint Ex-Rennfahrer und Premiere-Kommentator Marc Surer, der 2003 eine ähnliche Domninanz von Schumacher und Ferrari befürchtet: "Dann verlieren wir die Leute, die am Sport selbst interessiert sind." In England und Frankreich waren die Zuschauerzahlen zuletzt ebenfalls deutlich zurückgegangen.

Nur das Ferrari-Land widersteht noch der Formel-1-Rezession. Rekord-Einschaltquoten von mehr als 10 Millionen, bei 56 Millionen Italienern, und Marktanteile zwischen 65 und 67 Prozent lassen den staatlichen Fernsehsender RAI jubeln: "Wir sind die Nummer eins vor dem Fußball." Was Surer nicht verwundert. "Ferrari ist ein Mythos. Da fiebert eine ganze Region mit", sagt der Schweizer.

Gefordert sind im Moment aber nicht Schumacher und das Ferrari-Team, das in Spa den 50. Podestplatz in Folge feierte, sondern die Verfolger BMW-Williams und McLaren-Mercedes, die den Anschluss an die Roten verloren haben und fast schon verzweifeln. "Ich bin zufrieden mit Platz drei, mehr kann man nicht erwarten, wenn Ferrari automatisch die Plätze eins und zwei belegt", meinte BMW-Williams-Pilot Juan Montoya (Kolumbien).

"Für die Ingenieure ist es eine Riesen-Herausforderung, so was wie Ferrari auch zu schaffen. Die Physik ist schließlich für alle gleich", sagt BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen: "Es gibt keine Dominanz, die nicht irgendwann einmal zu Ende geht."

Da ist Schumacher anderer Meinung. "Auch wenn es für einige vielleicht nicht so schön ist, es gibt immer etwas zu verbessern. Das ist das Schöne im Rennsport", sagte der Weltmeister. Vielleicht
muss Schumacher dann doch einen Vorschlag von Theissen annehmen, um die Formel 1 wieder interessanter zu machen: "Michael ist ein echtes Allroundtalent. Vielleicht sollte er es mal mit einem anderen Sport versuchen."