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Die Nachteile des neuen Wertungssystems

Das neue Wertungssystem, nach dem der Fahrer mit den meisten Siegen Weltmeister wird, birgt einige Risiken - Reiz der Stallorder wächst

(Motorsport-Total.com) - Bernie Ecclestone hat seine Idee also durchgesetzt: 2009 wird der Formel-1-Weltmeister erstmals in der Geschichte der Königsklasse nicht auf Basis eines Punktesystems ermittelt, sondern es wird ganz einfach der Fahrer mit den meisten Siegen zum Champion gekürt. Das klingt zunächst einfach zu durchschauen und somit zuschauerfreundlich, birgt aber auch einige unliebsame Risiken.

Titel-Bild zur News: Rennstart 2007

Das neue Wertungssystem klingt simpel, kommt aber nicht überall gut an

Der Grund für die Einführung dieses neuen Systems ist die Tatsache, dass in der Formel 1 in den vergangenen Jahren zumindest an der Spitze zu wenig überholt wurde. Ecclestone vertritt die Ansicht, dass das nicht primär an der komplexen Aerodynamik der Autos lag, sondern vor allem am mangelnden Kampfgeist der Fahrer. Die sind nun naturgemäß dazu gezwungen, für einen Sieg notfalls alles auf eine Karte zu setzen.#w1#

Trotz Verbot Comeback der Stallorder?

Klingt schön und gut, nur: Die Gefahr, dass die Teams wieder vom Kommandostand aus in den Rennverlauf eingreifen, steigt damit enorm. Was zum Beispiel würde Ferrari wohl unternehmen, wenn ein Fahrer die ersten drei Rennen gewinnt, während der Teamkollege dreimal Zweiter wird, und sich dann plötzlich das Blatt wendet und der zweite Fahrer besser in Form kommt? Die Verlockung, dann dem Fahrer mit drei Siegen auf dem Konto zu helfen, ist groß.

Man stelle sich vor, Kimi Räikkönen gewinnt in Australien, Malaysia und China, doch beim vierten Saisonrennen in Bahrain liegt Felipe Massa vor Räikkönen in Führung. Ob Ferrari dann wirklich diesen Zieleinlauf zulassen würde? Nach altem Punktesystem hätte Massa bei diesem Szenario gerade einmal sechs Punkte Rückstand, was theoretisch in einem Rennen aufholbar wäre, während es nach neuer Wertung mindestens drei Rennen braucht, um überhaupt gleichziehen zu können.

Besonders absurd ist dies insofern, als das Punktesystem vor der Saison 2003 von 10-6-4-3-2-1 auf 10-8-6-5-4-3-2-1 umgestellt wurde, um die Bedeutung des Sieges zu entwerten. Das war zugegebenermaßen nicht die glücklichste Entscheidung in der Geschichte der Formel 1, doch immerhin hat sie eines bewirkt: Sololäufe wie die in den Glanzzeiten von Michael Schumacher bedeuteten nicht automatisch eine extrem früh entschiedene Fahrer-WM.

Sololäufer werden wieder früh Weltmeister

Das hat den Nachteil, dass möglicherweise nicht mit dem Messer zwischen den Zähnen um Siege gekämpft wird, weil man sich auch mal mit einem zweiten Platz zufrieden geben kann, aber auch das neue System hat Lücken. Ziehen wir die Saison 2004 als Beispiel heran: Schumacher gewann damals zwölf der ersten 13 Rennen - und hätte sich folgerichtig schon Anfang Juli entspannt als Weltmeister an den Strand legen können. Tatsächlich musste er zumindest bis Ende August warten.

Robert Kubica

Nach neuen Regeln hätte Robert Kubica im WM-Kampf 2008 keine Rolle gespielt Zoom

Außerdem gibt es bei aller Einfachheit des Systems, dass der Fahrer mit den meisten Siegen die WM-Krone aufgesetzt bekommt, auch ein Durchschaubarkeitsproblem. Denn ab Platz zwei werden die WM-Positionen genau wie bisher nicht nach Siegen, sondern nach Punkten vergeben. Das kann zum Beispiel bedeuten: Ein Fahrer wird mit sechs Siegen und 60 Punkten Weltmeister, einer ohne Siege mit 136 Punkten Zweiter und einer mit fünf Siegen und 122 Punkten Dritter.

Natürlich ist keineswegs gesagt, dass es tatsächlich so kommen wird, aber der FIA sollte bewusst sein, dass zumindest die spannenden WM-Mehrkämpfe wohl der Vergangenheit angehören werden. So hätte Robert Kubica 2008 ebenso wenig bis zum vorletzten Rennen um den Titel mitgekämpft wie es Heinz-Harald Frentzen 1999 gelungen wäre, die Großen lange zu ärgern. Konstanz ist anno 2009 eben nichts mehr wert...