• 17.09.2002 11:43

  • von Fabian Hust

Die Konkurrenz rollte Ferrari den roten Teppich aus

Es hätte vielleicht ein spannendes Rennen werden können, doch die Einladung der Konkurrenz schlug Ferrari natürlich nicht aus

(Motorsport-Total.com) - "Was können wir dafür, wenn die Konkurrenz nicht ins Ziel kommt?" fragte Michael Schumacher nach dem Rennen die Journalisten, die natürlich wissen wollten, wie Ferrari die Formel 1 mit der Dominanz nur so langweilig gestalten kann. Tatsächlich hätte es vielleicht ein spannendes Rennen werden können, doch da beide BMW-Williams ausfielen und auch McLaren-Mercedes so seine Probleme hatte, konnte Ferrari locker einen Doppelsieg nach Hause fahren. Beim Heim-Grand-Prix der Italiener in Monza hat BMW-Williams Ferrari quasi den roten Teppich ausgerollt.

Titel-Bild zur News: Barrichello und Schumacher

Rubens Barrichello konnte das Rennen knapp für sich entscheiden

Ferrari ? 189 WM-Punkte ? Konstrukteursweltmeister
Im Qualifying musste sich Ferrari BMW-Williams noch geschlagen geben, aber der Abstand war relativ knapp und von einer Unterlegenheit zu sprechen wäre falsch. Es war eindeutig zu sehen, dass die Roten keinen großen PS-Nachteil auf BMW haben, stattdessen war der Reifen ausschlaggebend für die Pole Position von Juan-Pablo Montoya. Der Pneu von Bridgestone war einen Tick zu hart, was zwar für das Rennen ideal war, da man hier auf der sicheren Seite lag, im Qualifying jedoch kam der Reifen erst in der zweiten fliegenden Runde, wie man so schön sagt. Der so genannte "Peak-Effekt" eines neuen Reifens konnten die Japaner dieses Mal jedenfalls nicht aufbauen und das kostete wertvolle Zehntel.

Im Rennen jedoch war der Bridgestone-Pneu jenem von Michelin mindestens ebenbürtig. Der Ferrari war zuverlässig wie eh und je und so konnte man den Doppelsieg spielend leicht herausfahren. Bis zu Barrichellos zweitem Stopp war freie Fahrt angesagt und so gab Michael Schumacher mächtig Gas, um Barrichello vielleicht doch zu schlagen. Doch die beiden Strategien, mit denen man fuhr, schenkten sich nichts und so blieb der Brasilianer vorne. Hinzu kommt, dass Schumacher vor seinem einzigen Boxenstopp Probleme mit den Reifen hatte, es fehlte an Grip, was in ein paar Ausrutschern neben die Ideallinie endete. Ansonsten hätte wohl der Deutsche das Rennen gewonnen. In seiner schnellsten Rennrunde war Barrichello um 0,585 Sekunden schneller als Schumacher ? wegen der unterschiedlichen Strategie logisch.

In Sachen Zuverlässigkeit zeigten die Roten, dass man auch nicht unfehlbar ist. Am Freitag beklagte Rubens Barrichello massive Bremsprobleme, durch die er beinahe seinen eigenen Teamkollegen von der Strecke gekegelt hätte. Am Samstag verrauchte ein Motor im Auto des Brasilianers. Doch erneut waren die Autos zuverlässig, wenn es darauf ankam und Michael Schumacher hatte wieder einmal ein ganz perfektes Rennwochenende.

Kurzprognose:
Die letzten beiden Rennen in Indianapolis und Suzuka kann Ferrari gewinnen. Auch den Vizetitel wird man mit Rubens Barrichello holen, damit setzt man der Dominanz dieser Saison noch das Sahnehäubchen auf.

BMW-Williams ? 86 WM-Punkte ? Platz 2
BMW packte in Monza erstmals einen Motor aus, der über 19.000 Umdrehungen in der Minute zu leisten vermochte. Die Bayern nutzten diese Tatsache für eine geschickte PR-Aktion und man wollte damit untermauern, dass man den besten Motor im Feld besitzt. Dass Ralf Schumachers Aggregat im Rennen nach nur vier Runden verrauchte war aus diesem Grund ziemlich unglücklich. Natürlich hat BMW keinen überzüchteten Motor, wie aus diesem Grund gleich vermutet wurde, aber es war ein dummer Zufall, der das PS-Fest vom Vortag beinahe vergessen ließ.

Dass Juan-Pablo Montoya auf der Pole Position stand und ganz nebenbei noch die schnellste Qualifying-Runde aller Zeiten fuhr war am Tag zuvor noch einige Positiv-Schlagzeilen wert. Im Rennen dann jedoch zeigte der Kolumbianer keine annähernd so gute Leistung. Er leistete sich Fehler bei der Verteidigung seiner Position, rutschte mit seinem Auto ins Kiesbett, worauf es beschädigt wurde. Der Ausfall wegen einer gebrochenen Aufhängung kann durchaus durch den Ausrutscher ausgelöst worden sein. Mit 1,437 Sekunden Rückstand drehte der Kolumbianer die viertschnellste Rennrunde. Der fairere Vergleich mit "Einstoppler" Schumacher zeigt einen Rückstand von knapp einer Sekunde.

Kurzprognose:
Weiterhin ist der Michelin-Reifen zu inkonstant, das Team offenbart zu viele Schwächen auf dem Bereich der Zuverlässigkeit und auch die Fahrer sind nicht ganz fehlerfrei ? so kann man gegen Ferrari nicht gewinnen. Besonders in Indianapolis hat das Team aber dennoch gute Siegchancen. Vermutlich wird es die letzte echte Chance in diesem Jahr sein. Der Vizetitel ist angesichts des Punktevorsprungs nur noch Formsache.

McLaren-Mercedes ? 57 WM-Punkte ? Platz 3
Wieder einmal waren die Silberpfeile BMW-Williams im Qualifying unterlegen. Sogar Jaguar-Pilot Eddie Irvine musste man den Vortritt lassen, was nicht gerade für das Gesamtpaket spricht. Es mag schon stimmen, dass BMW-Williams im Abschlusstraining mehr aus den Michelin-Reifen holt, allerdings deutet auch viel darauf hin, dass der Cosworth-Motor im Heck der Grünen stärker ist als der Mercedes-Motor. Kimi Räikkönens "Abrängel-Aktion" gegenüber Takuma Sato war unnötig und sollte einem Top-Fahrer nicht passieren.

Im Rennen rasselte David Coulthard in der ersten Schikane seinem Teamkollegen ins Heck. Zum Glück ging nur der Frontflügel des Schotten zu Bruch, aber das warf ihn komplett aus dem Rennen. Rang sieben war das erreichbare Maximum, dabei hätte es angesichts einer extrem spät ausgelegten Ein-Stopp-Strategie locker zum dritten Platz gereicht. Teamkollege Kimi Räikkönen schied mit einem Motorschaden aus ? sein fünfter in dieser Saison. Für Mercedes ein Armutszeugnis. Mit 1,305 Sekunden Rückstand (oder rund 0,7 Sekunden auf Schumacher) war Coulthard im Rennen der Drittschnellste. Räikkönen kam mit 1,562 Sekunden Rückstand auf den sechsten Rang.

Kurzprognose:
Im Qualifying weiterhin eher unterlegen spielte McLaren-Mercedes im Rennen in einer Liga mit BMW-Williams. Das heißt: Nach den Weiß-Blauen ist man das Team mit den höchsten Siegchancen in dieser Saison. Doch auch hier gilt das Gleiche wie für BMW-Williams: Wer Schwächen auf dem Reifen-Sektor, der Zuverlässigkeit und Fahrfehler begeht, hat gegen Ferrari keine Chance. Den Vizetitel werden die Silbernen an die bayerisch-britische Allianz verlieren.

Renault ? 20 WM-Punkte ? Platz 4
Im Qualifying kam Trulli auf den 11. und Button auf den 17. Rang. Wegen Problemen mit der Startautomatik musste Jarno Trulli jedoch als Letzter ins Rennen gehen und zeigte danach eine tolle Aufholjagd. Mit 1,711 Sekunden Rückstand fuhr der Römer die achtschnellste Rennrunde und holte sich einen verdienten und zugleich beachtlichen vierten Platz. Jenson Button war das ganze Wochenende eine Ecke schlechter und erzielte mit 2,192 Sekunden Rückstand eine schnellste Rennrunde, die nur zu Platz 12 reichte. Dank der vielen Ausfälle spülte es den Briten aber ebenfalls weit nach vorne: Rang fünf war das Endergebnis.

Kurzprognose:
Das Renault-Team hat den vierten Platz in der WM-Wertung so gut wie sicher und weitere WM-Punkte scheinen in Indianapolis und Suzuka im Bereich des Möglichen zu liegen, wenn eines der Top-Fahrzeuge vorne ausfällt.

Sauber-Petronas ? 11 WM-Punkte ? Platz 5
Wie schon in Belgien lag die Vorstellung von Sauber in Monza weit unter dem, was man sich erwartet hatte. Angesichts der Tatsache, wie viele Autos ausfielen, war der zehnte Platz von Nick Heidfeld enttäuschend. Mit 2,210 Sekunden Rückstand hatte der Deutsche in seiner schnellste Rennrunde zu viel Abstand auf die Konkurrenz, was den 13. Rang bedeutete. Teamkollege Felipe Massa geriet in einen Zweikampf mit Jaguar-Fahrer Pedro de la Rosa, der beide Fahrer aus dem Rennen warf. Die Strafe gegen den Brasilianer ist vielleicht zu hart. Im Rennen war Massa zuvor in Runde 12 mit 4,113 Sekunden Rückstand die "langsamste schnellste Rennrunde" gefahren.

Kurzprognose:
Den vierten Rang kann Sauber in diesem Jahr nicht halten, stattdessen muss man sogar aufpassen, nicht noch den fünften Platz zu verlieren. Irgendwo steckt gewaltig der Wurm drin und es bleibt zu hoffen, dass man sich für die letzten beiden Rennen wieder fangen kann. Ganz schlecht: Massa wird um zehn Startplätze in Indy nach hinten versetzt, das kostet jede Chance auf Punkte schon im Vorfeld.

Jaguar ? 8 WM-Punkte ? Platz 6
Der Aufwärtstrend bei den Grünen ist unverkennbar, die neue Vorderradaufhängung war ein großer Schritt nach vorne. In Monza konnte man außerdem den Vorteil ausspielen, den man mit dem sehr guten Cosworth-Motor besitzt. Der dritte Platz von Eddie Irvine war natürlich durch die vielen Ausfälle bedingt, aber der Ire spielte das ganze Wochenende über die Kraft hinter Ferrari, BMW-Williams und McLaren-Mercedes. Der Podiumsplatz war der erste in dieser Saison für das Team von Niki Lauda. Im Rennen hatte Irvine mit 1,922 Sekunden Rückstand die zehntschnellste Rennrunde zu verzeichnen.

Teamkollege Pedro de la Rosa konnte hingegen die Chance nicht nutzen, in die WM-Punkte zu fahren. Der Spanier hatte beim Start Probleme mit der Gangwahl und verlor dadurch viele Plätze, später kollidierte er mit Felipe Massa und war daran nicht ganz unschuldig, da er zuvor unter Auslassen der Schikane den Brasilianer überholte und ihn eigentlich hätte vorbeilassen müssen. Dann wäre es zu der Kollision erst gar nicht gekommen.

Kurzprognose:
Einen weiteren Podiumsplatz zu erwarten wäre vermessen, aber besonders in Indianapolis sollte Jaguar in der Lage sein, weitere WM-Punkte zu holen. Der Sprung in der WM-Wertung auf den sechsten Platz war für das Team sehr wichtig und man sollte diesen Rang bis zum Saisonende halten können.

Jordan-Honda ? 7 WM-Punkte ? Platz 7
Der achte Platz für Giancarlo Fisichella und der zwölfte Rang für Takuma Sato lagen unter den Erwartungen von Jordan-Honda. Im Rennen zeigte der Römer, der am Start wegen Problemen fünf Plätze verlor, mit 1,558 Sekunden Rückstand und damit der fünftschnellsten Rennrunde, dass durchaus mehr möglich gewesen wäre. Takuma Sato war mit 1,735 Sekunden Rückstand auf Platz neun liegend ebenfalls schneller unterwegs, als das Rennergebnis widerspiegelte. Die Basis auf Punkte vergab das Team im Qualifying, als man wie alle anderen Bridgestone-Teams die Reifen nicht optimal zum Arbeiten bewegen konnte.

Kurzprognose:
Immer noch liegt Jordan nur einen WM-Zähler vor BAR, das bringt Spannung in den Kampf um den siebten Rang. Und man liegt nur einen WM-Zähler hinter Jaguar. Die Chance, dass sich hier noch etwas ändern, ist relativ hoch. Doch eine Prognose abzugeben, welches dieser drei Teams am Ende der Saison wo stehen wird, ist unmöglich.

BAR-Honda ? 6 WM-Punkte ? Platz 8
Nachdem es am Anfang des Wochenendes für das Team gar nicht gut aussah, konnte Olivier Panis im Rennen mit einer Zwei-Stopp-Strategie den sechsten Platz einfahren und einen WM-Punkt holen. Von Startplatz 16 gestartet machte Panis schon am Start sieben Plätze gut. Der Franzose war mit 1,678 Sekunden Rückstand auf die schnellste Rennrunde der siebtschnellste Mann im Rennen. Jacques Villeneuve kam nur als Neunter ins Ziel, vielleicht war bei den Weißen die Zweistoppstrategie die bessere Variante. Mit 2,226 Sekunden Rückstand fuhr der Kanadier eine schnellste Rennrunde, die zu Rang 14 reichte.

Kurzprognose:
Der Dreikampf zwischen Jaguar, Jordan und BAR wird spannend. Auch für BAR gilt in den letzten zwei Saisonrennen: Wer zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle ist und von einem Ausfall vorne profitieren kann, der wird der glückliche Sieger sein.

Minardi-Asiatech ? 2 WM-Punkte ? Platz 9
Noch immer bildet das Minardi-Team nicht das Schlusslicht, das ist für das kleinste Formel-1-Team bereits ein Erfolg. In Monza machte sich die Tatsache bemerkbar, dass man den schwächsten Motor im Feld hat. Dennoch konnte erneut Mark Webber eine gute Leistung bieten und drehte mit 3,447 Sekunden Rückstand eine Runde, die in der Liste der schnellsten Rennrunden zu Platz 16 reichte, Alex Yoong war nur 0,3 Sekunden langsamer und zwei Plätze schlechter ? Respekt!

Webber fiel nach 33 Runden mit einem Antriebsschaden aus, Yoong hatte massive Software-Probleme, weshalb er an die Box musste und nach mehrminütiger Reparaturzeit erst wieder auf die Strecke gehen konnte und somit mit sechs Runden Rückstand als Letzter die Zielflagge sah. Dennoch hat der Malaysier nach seiner Rückkehr aus seinem "Zwangsurlaub" eine ordentliche Figur hinterlassen.

Kurzprognose:
Minardi hat gut Chancen, den drittletzten Platz in der Konstrukteurswertung zu verteidigen, alleine dies wäre schon ein Erfolg. Punkte kann die Mannschaft von Paul Stoddart nur noch einfahren, wenn ein großes Wunder passiert.

Toyota ? 2 WM-Punkte ? Platz 10
Durch einen dummen Fehler hat Mika Salo in Monza einen so wichtigen, möglichen WM-Punkt vergeben, als er nach seinem Stopp über die durchgezogene Linie fuhr. Die Bestrafung durch die Rennleitung war hart, denn er fuhr wirklich wenn überhaupt nur einen Tick über die Linie, wohl eher auf die Linie, was erlaubt ist. Kein Wunder, dass man sowohl an der Box als auch im Auto selbst fluchte, als die Rennleitung an diesem Wochenende eine weitere Strafe aussprach. Mit 2,314 Sekunden Rückstand drehte Salo die schnellste Rennrunde Nummer 15. McNish blieb vorzeitig mit einem Aufhängungsschaden stehen.

Kurzprognose:
Das Rennen in Monza hat gezeigt, dass Toyota in der Lage ist, WM-Punkte einzufahren, wenn das Glück hilft ? was in Italien bis zu Salos Fehler auch der Fall war. Es wird dennoch schwierig für das Team, in dieser Saison noch einen WM-Punkt einzufahren. Die Strecke von Indy kennt man nicht und in Suzuka dürfte der TF102 der Konkurrenz zu deutlich unterlegen sein.

Arrows ? 2 WM-Punkte ? Platz 11
Zwei Rennen vor Saisonende ist mehr als fraglich, ob Arrows überhaupt noch fahren wird, denn die beiden Überseerennen bringen hohe Reisekosten mit sich.