Der letzte Ritter: Patrick Head
Williams-Teilhaber Patrick Head weiß, dass er nicht mehr endlos in der Formel 1 arbeiten wird, und missbilligt so manche neue Entwicklung
(Motorsport-Total.com) - 31 Jahre ist es inzwischen schon her, dass Frank Williams einen Partner für sein Formel-1-Team gesucht und Patrick Head als solchen auserkoren hat. Dem Briten gehören heute 30 Prozent des Williams-Rennstalls, auch wenn er sich aus dem operativen Geschäft immer mehr zurückzieht - und so manche neue Entwicklung in der Formel 1 missbilligt.

© Williams
Alte Haudegen des Grand-Prix-Sports: Patrick Head und Frank Williams
Vor allem geht ihm gegen den Strich, dass Williams seit 2004 keinen Grand Prix und seit 1997 keine Weltmeisterschaft mehr gewonnen hat - Juan Pablo Montoya beziehungsweise Jacques Villeneuve waren die letzten großen Helden des Teams aus Grove. Williams ist eines der erfolgreichsten Teams der Formel-1-Geschichte, aber auf diese Erfolgsstory angesprochen kommt von Head nur: "Sie endet ziemlich abrupt mit Jacques Villeneuve..."#w1#
Der Traum vom Siegen
"Das war schon eine fantastische Geschichte bislang. Aber Frank und ich finden es schrecklich, dass unser Erfolg schon so lange zurückliegt", so der Brite in einem Interview mit dem 'Independent'. Und obwohl die Hersteller weit größere Ressourcen und mehr Geld haben, träumt Head von einer Rückkehr an die Spitze: "Manch einer würde uns wohl als realitätsfern bezeichnen, aber wir sind beide darauf erpicht, unter den Top-3-Teams zu sein, bevor wir uns zurückziehen."
Apropos zurückziehen - wann wird es denn dazu kommen, Patrick? "Frank ist 66, ich bin 62. Wir rücken unaufhaltsam immer näher an unser Verfallsdatum heran", gab er unumwunden zu. Schon heute wird Williams ja von Geschäftsführer Adam Parr geleitet, außerdem wurde in Grove ein mehrköpfiges Führungsgremium installiert. Williams und Head haben immer noch das letzte Wort, aber früher oder später werden sie die Kontrolle abgeben.
Vielleicht haben sie die große Chance auf einen auch finanziell lukrativen Deal verspielt, als sie BMW seinerzeit ausrichten ließen, dass das Team nicht zu verkaufen sei. Mario Theissen ging daraufhin zu Peter Sauber - der Rest ist Geschichte. Andererseits wird Williams immer wieder als künftiges Toyota-Werksteam gehandelt, falls den Japanern einmal der Geduldsfaden reißen sollte und sie keine Lust mehr auf John Howett und Co. haben.
Die gute alte Zeit...
Die Formel 1 ist für Head jedenfalls nicht mehr das unbeschwerte Geschäft, wie es früher einmal war: "Wir haben vor kurzem einen Mitarbeiter verloren, dessen Gehalt woanders verdoppelt wurde. Ein Headhunter hat ihn aufgegabelt. Bis vor zwei Jahren hatten Frank und ich niemals Headhunter angestellt. Wir haben das sehr missbilligt, doch ich muss zugeben, dass wir mittlerweile auch welche haben", nannte er ein Beispiel für den Wandel der Zeit.
Seine eigenen Aufgaben bei Williams hat Head übrigens bereits 2004 zurückgeschraubt, als er den Posten des Technischen Direktors an Sam Michael übergab: "Diese Entscheidung habe ich getroffen, weil ich ein verheirateter Mann war und noch immer bin, der überdies zwei junge Kinder hat. Damals habe ich 55 Stunden pro Woche gearbeitet", meinte er und fügte an: "Als wir noch Meisterschaften gewonnen haben, da waren das zwischen 90 und 100 Stunden in einer Woche..."

