• 06.08.2006 18:07

  • von Inga Stracke

Das Interview zum Rennen mit Michael Schumacher

Michael Schumacher stellte sich nach seinem späten Ausfall beim Grand Prix von Ungarn sichtlich enttäuscht den Fragen der Journalisten

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, wie viele Nerven hat dieses Rennen gekostet?"
Michael Schumacher: "Mit Sicherheit einige."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Sauer: Michael Schumacher hätte heute einige Punkte in der WM aufholen können

Frage: "Du bist mit Radaufhängungsschaden ausgefallen. War das ein Folgeschaden? Wann ist es passiert?"
Schumacher: "Es war eine Spurstange, die gebrochen ist, um genau zu sein - nach dem Zusammenstoß mit Nick (Heidfeld; Anm. d. Red.), der ganz legitim angegriffen hat und vorbeigegangen ist. Eigentlich war alles normal: Wir fuhren relativ eng beisammen, aber er rutschte ein bisschen weg und rutschte mit dem Hinterrad in mein Vorderrad, als wir beide in der Kurve waren. Sein Heck ist ausgebrochen und mir ins Vorderrad gerutscht. Dadurch brach die Spurstange. Es war gar nicht so heftig, aber leider heftig genug. Da kann man keinem einen Vorwurf machen."#w1#

Schumacher dachte im ersten Moment: "Scheiße!"

Frage: "Was ist dir da durch den Kopf gegangen?"
Schumacher: "Da gibt es einen allgemeinen Begriff, an den jeder denkt in so einem Moment..."

Frage: "Bist du im Nachhinein der Meinung, dass du zu viel Risiko genommen hast?"
Schumacher: "Tja, das ist das typische Wenn-und-Aber-Spielchen. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Wir hätten sagen können: Okay, auf zwei, drei Positionen verzichten und dafür die Punkte mit nach Hause nehmen, aber auf der anderen Seite bin das nun mal ich, wie ich eben bin. Da wird gekämpft bis zum Schluss - bis sich nichts mehr dreht und bis nichts mehr geht. Im Nachhinein hätten wir es vielleicht anders machen sollen."

"Wir haben uns für die aggressive Strategie entschieden, was völlig legitim ist." Michael Schumacher

Frage: "Das Rennen war sehr spektakulär. Wie war es für dich im Auto?"
Schumacher: "Guter Start, dann bin ich ein bisschen versunken, habe wieder eine Menge Boden gutgemacht und hatte Glück beim Safety-Car, dass ich nicht überrundet war und mich wieder herankämpfen konnte, um den Schaden einigermaßen in Grenzen zu halten. Dann kam unsere starke Phase mit abtrocknender Strecke, wo wir auftrumpfen konnten. Dann hieß es: Risiko gehen und vielleicht mit den alten Reifen auf das Podium fahren oder an die Box kommen, das Podium vergeben und einen sicheren vierten Platz einfahren. Wir haben uns für die aggressive Strategie entschieden, was völlig legitim ist."

"Man kann im Nachhinein immer diskutieren, was man anders hätte machen können, aber man kennt uns. Ohne diese nötige Aggressivität wären wir gar nicht in der Position, um die Meisterschaft kämpfen zu können, und das gehört dann auch mal dazu. Wo gehobelt wird, fallen auch Späne."

Frage: "Was hast du in dem Moment gedacht, als du über Fernando Alonsos Ausfall informiert wurdest?"
Schumacher: "Das Rennen hat zwar sehr gut angefangen, hat sich dann aber nicht gut entwickelt für uns. Wenn dann solche Vorkommnisse passieren - zu dem Zeitpunkt lag ich ja noch weiter hinten -, dann denkt man: Okay, der Schaden hält sich wenigstens in Grenzen. Im Endeffekt wäre es eine Riesenmöglichkeit gewesen, wieder einen schönen Batzen von seinem Vorsprung abzuknabbern. Anfangs war mir nicht klar, ob er nur einen Dreher hatte und weiterfahren kann oder ob es da größere Probleme gab. Das Team hat mir dann bestätigt, was los war. Dann geht natürlich schon die Rechnerei ein bisschen los, was die Meisterschaft angeht."

Reifensituation war im Vorhinein nicht absehbar

Frage: "Entscheidend waren heute die Reifen. Hast du schon vor dem Rennen gewusst, in welcher Phase eure Reifen stärker sein würden als die Michelins und umgekehrt?"
Schumacher: "Nein, das wussten wir logischerweise nicht. Keiner konnte vorhersagen, wie sich was entwickeln würde."

"Man muss nun mal mit den Umständen leben, mit denen man konfrontiert wird." Michael Schumacher

Frage: "Am Anfang waren die Bridgestone-Reifen völlig unterlegen..."
Schumacher: "Da war ich ein bisschen enttäuscht, denn wir hatten andere Erwartungen, aber man muss nun mal mit den Umständen leben, mit denen man konfrontiert wird."

Frage: "Inwiefern bist du überrascht über die Performance der Intermediates von Michelin?"
Schumacher: "Ich bin nicht unbedingt überrascht über deren Performance, aber man hat ganz klar gesehen, dass bei verschiedenen Bedingungen entweder der eine oder der andere besser unterwegs war. Es sah so aus, als hätte die Konkurrenz im Verhältnis zu uns wesentlich weichere Reifen benutzt, was gut für sie war, als es nass war, aber schlecht, als es abtrocknete."

Frage: "Denkt man während so eines Rennens auch mal an das mögliche Podium oder konzentriert man sich ausschließlich auf das, was gerade passiert?"
Schumacher: "Man konzentriert sich logischerweise auf das, was passiert, aber auch auf die Positionen. Das Podium wäre sicher drin gewesen, der erste Platz natürlich nicht. Der Kampf mit de la Rosa war doch so, dass ich nicht chancenlos war. Ich hatte gehofft, dass Heidfeld noch ein bisschen langsamer sein würde, um den Schaden in Grenzen zu halten und auf das Podium zu kommen. Es hat nicht sollen sein."

Frage: "Inwiefern war dieses Rennen eine Lotterie?"
Schumacher: "Ein bisschen Lotterie war mit dabei. Zu einem gewissen Zeitpunkt hätten wir auch auf extreme Regenreifen gehen können, wir haben uns aber zu einem Verbleib auf Intermediates entschieden, weil uns klar war, dass die Strecke trockener werden könnte. Am Anfang hat das ein bisschen Zeit gekostet, aber danach hat es sich ausgezahlt."

WM-Situation hätte so oder so kommen können

Frage: "Zwischenzeitlich warst du in einer hochgerechneten WM-Tabelle bis auf drei Punkte an der Führung dran. Wie sehr ärgert es dich, dass es jetzt doch weiterhin elf Punkte sind?"
Schumacher: "Man kann auf zwei Ebenen denken. Zu einem gewissen Zeitpunkt des Rennens sahen wir viel schlechter aus, da waren wir bei 20 Punkten oder so. Dann waren es plötzlich nur noch drei oder vier Punkte. Die guten und schlechten Momente waren alle dabei - und in der Mitte haben wir uns getroffen."

Michael Schumacher und Jenson Button

Michael Schumacher im Zweikampf mit dem späteren Sieger Jenson Button Zoom

Frage: "Es sind nur noch fünf Rennen zu fahren. Die Chancen werden kleiner, oder?"
Schumacher: "Okay, aber auf der anderen Seite sind sie noch ganz gut intakt."

Frage: "Wie sieht deine Prognose für die nächsten Rennen aus?"
Schumacher: "Ich hoffe gut! Das muss man abwarten."

Frage: "Was erwartest du speziell für das nächste Rennen in Istanbul?"
Schumacher: "Man hat gesehen, dass Magny-Cours relativ eng war, dass wir in Hockenheim dominant waren, hier die Situation gut für uns aussah, aber nicht ganz so dominant wie in Hockenheim. Insofern kann sich das von Strecke zu Strecke ändern. Die Wetterbedingungen spielen da logischerweise auch eine Rolle. Alles in allem ist das schwierig vorherzusehen, aber wir sollten ganz klar vorne dabei sein."

Frage: "Fernando Alonso ist froh, dass es jetzt in die Sommerpause geht. Du auch?"
Schumacher: "Nicht wirklich, nein."

Frage: "Was wirst du in der Sommerpause machen?"
Schumacher: "Ich werde sicherlich mit der Familie ein bisschen in Urlaub gehen, auch wenn ich den Urlaub im Moment nicht brauche. Ich würde lieber im Auto sitzen und gleich den nächsten Angriff starten."