Button gewinnt in Ungarn - Tag der Außenseiter

Jenson Button gewann am Hungaroring seinen ersten Grand Prix vor de la Rosa und Heidfeld - WM-Aspiranten gehen im ungarischen Regen leer aus

(Motorsport-Total.com) - Immer dann, wenn man befürchtet, dass die Formel 1 mangels Rennaction und Überholmanövern zu langweilig werden könnte, wird man eines Besseren belehrt: Beim Grand Prix von Ungarn wurde heute am Hungaroring knapp zwei Stunden lang erstklassiger Motorsport geboten - und am Ende standen nach Jenson Buttons erstem Sieg drei krasse Außenseiter auf dem Podium.

Titel-Bild zur News: Podium in Ungarn 2006

Tag der Außenseiter: Mit diesem Siegerfoto hätte zuvor niemand gerechnet

Schon vor dem Rennen war klar, dass es chaotische Umstände geben könnte, denn der strömende Regen ließ nach den Rahmenveranstaltungen nicht nach, so dass der Start bei sehr nassen Bedingungen erfolgte. Alle Fahrer entschlossen sich dazu, mit Intermediates loszufahren, nur Rubens Barrichello (Honda) setzte auf Full-Wets. Umso erstaunlicher, dass es in der engen ersten Kurve diszipliniert zuging und es keine Crashes gab.#w1#

Superstarts von Schumacher und Alonso

Michael Schumacher (Ferrari) und Fernando Alonso (Renault), die von den Plätzen elf und 15 ins Rennen gingen, kamen perfekt von der Linie weg - Schumacher war in der ersten Kurve schon Sechster, während Alonso etwas weiter hinten im Verkehr stecken blieb, obwohl er Christian Klien (Red-Bull-Ferrari) nicht vor sich hatte, weil der Österreicher wegen eines technischen Problems im Ersatzauto aus der Boxengasse starten musste.

Barrichello war nach der ersten Runde Zweiter, gefolgt von Pedro de la Rosa (McLaren-Mercedes), Schumacher, Giancarlo Fisichella (Renault), Alonso, der seinen Teamkollegen relativ rasch schnupfte, Robert Kubica (BMW Sauber F1 Team) und David Coulthard (Red-Bull-Ferrari). Gleich zu Beginn wurde aber deutlich, dass Michelin bei nassen Bedingungen einen klaren Reifenvorteil hatte, durch den die meisten Bridgestone-Piloten hoffnungslos unterlegen waren.

Noch in der unmittelbaren Anfangsphase gab es Wirbel in Form der Ausfälle von Sakon Yamamoto (Super-Aguri-Honda) und Mark Webber (Williams-Cosworth), während Grand-Prix-Neuling Kubica mit dem ersten von zwei Drehern einige Positionen einbüßte. Das nächste Highlight folgte in Runde vier, als Alonso mit Schumacher kurzen Prozess machte und außen am chancenlosen Ferrari-Piloten vorbeiging.

Barrichellos Full-Wets bauten sehr früh ab

Weil Barrichellos Full-Wets relativ rasch abbauten, konnte sich Räikkönen deutlich von seinen Verfolgern absetzen, ehe der Honda-Pilot schon in Runde fünf an die Box kommen musste, um auf Intermediates zu wechseln. Zwischendurch gab es immer wieder Dreher und Ausritte, vor denen heute kaum jemand verschont blieb, und auch den unnötigen Ausfall von Klien, der seinen RB3 in den Sand setzte.

Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen schied heute nach einer Kollision beim Überrunden aus Zoom

Überragender Mann der ersten Umläufe war Alonso, der vom dritten Platz aus die führenden "Silberpfeile" verfolgte, während sein Teamkollege Fisichella rundenlang hinter Schumacher steckte. Erst etwas später riskierte der Renault-Pilot ein paar Attacken gegen den WM-Rivalen seines Teamkollegen, von denen eine in der ersten Kurve klappte - doch dabei fuhr sich Schumacher wegen eines missglückten Konters den Frontflügel ab.

Schumacher zunächst auf verlorenem Posten

Der 37-jährige Deutsche machte in jener Phase keinen Mucks, witterte nicht einmal eine Chance auf WM-Punkte, weil die Michelins überlegen blieben. Immerhin konnte er sich damit trösten, dass Fisichella nach einem separaten Abflug zwar zuerst zurück auf die Strecke fand, dann aber doch aufgeben musste. Noch später sah man dann Nico Rosbergs Williams-Cosworth nach einem Einschlag auf dem Abschlepphaken.

Nach den regulären Boxenstopps der McLaren-Mercedes-Piloten führte Alonso vor Räikkönen und de la Rosa, Schumacher war nur noch Neunter. Alonso verzeichnete im 24. Umlauf einen psychologisch wichtigen Triumph, als er seinen WM-Rivalen überrundete, hatte dann auch das Renngeschehen relativ problemlos im Griff. Erst später, als der Regen nachließ und die Strecke langsam abtrocknete, verlor er seine Überlegenheit.

Spektakulär wurde es zwei Runden danach, als Räikkönen beim Überrunden von Vitantonio Liuzzi ins Heck des Toro-Rosso-Cosworth fuhr und wegen der notwendigen Beseitigung der Wrackteile eine Safety-Car-Phase auslöste, durch die Alonsos riesiger Vorsprung zunichte gemacht wurde. Der Renault-Pilot behielt zwar seine Führung, hatte ab diesem Zeitpunkt aber Button hinter sich, der immer stärker wurde und mehr und mehr Druck machte.

Abtrocknende Bedingungen halfen Bridgestone

Schumacher hatte das Glück, zu jenem Zeitpunkt wieder in der gleichen Runde wie Alonso gewesen zu sein, drehte sich zwar, startete dann aber mit Intermediates eine furiose Aufholjagd, in der er phasenweise bis zu vier Sekunden pro Runde von seinem 40-Sekunden-Rückstand abknabberte. Endgültig zu seinen Gunsten schien es zu laufen, als Alonso nach seinem zweiten Boxenstopp wegen einer losen Radmutter ausschied.

Michael Schumacher und Pedro de la Rosa

Pedro de la Rosa fightete Michael Schumacher ohne letztes Risiko nieder Zoom

Damit erbte Button erstmals die Führung, die der Honda-Pilot nie mehr aus der Hand gab. Dahinter passierte aber noch einiges: Schumacher sah lange wie der sichere Zweite aus, wechselte aber auf fast trockener Strecke nicht wie alle anderen auf Trockenreifen, sondern blieb auf Intermediates. De la Rosa und Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team) nahten indes von hinten in Riesenschritten heran und gingen nach mehr oder weniger hartem Fight an ihm vorbei.

De la Rosa und Heidfeld fighteten sich an Schumacher vorbei

Mit Heidfeld dürfte es in einer der Schikanen jedoch eine Berührung gegeben haben, denn Schumacher rollte wenige Runden vor Schluss mit einer angeknacksten Radaufhängung an die Ferrari-Box zurück und musste dort frustriert aussteigen, obwohl er den Punkterückstand in der WM in einer hochgerechneten Blitztabelle phasenweise schon auf drei Zähler reduziert hatte. Daraus wurde wegen des unglücklichen Intermediate-Pokers jedoch nichts.

Hinter den Außenseitern Button, der damit endlich seinen ersten Grand-Prix-Triumph in der Tasche hat, de la Rosa, dessen Pace stets auf der von Räikkönen war, und Heidfeld, der sich nichts zuschulden kommen ließ, landete Barrichello auf dem vierten Platz, gefolgt von Coulthard, Ralf Schumacher (Toyota), Kubica und Massa in den Punkten. Michael Schumacher wurde mit drei Runden Rückstand wenigstens als Neunter gewertet.

Insgesamt sahen nur zwölf Autos die Zielflagge, denn neben Schumacher wurde auch Jarno Trulli (Toyota) trotz eines Motorschadens auf Rang 13 im Klassement geführt. Alles in allem war Ungarn 2006 das wahrscheinlich spannendste Formel-1-Rennen der laufenden Saison - und es war der Tag der Außenseiter: Wer vor dem Start auf den Zieleinlauf Button vor de la Rosa und Heidfeld gewettet hätte, wäre jetzt ein gemachter Mann...

Erster Sieg für Honda seit dem Wiedereinstieg

Sternstunden gab es ebenfalls einige: Honda feierte den ersten Sieg seit dem Wiedereinstieg in den Grand-Prix-Sport, de la Rosa stand ebenso wie das BMW Sauber F1 Team erstmals auf dem Podium. Für Renault setzte es hingegen eine Schlappe, die auch statistisch schmerzt, denn seit Montréal 2005 mussten die Franzosen keinen Doppelausfall mehr hinnehmen. Immerhin konnte Ferrari daraus keinen großen Nutzen ziehen.

Robert Kubica

Robert Kubica sammelte gleich bei seinem Grand-Prix.Debüt zwei WM-Punkte Zoom

In der Fahrer-WM führt nach 13 von 18 Rennen weiterhin Alonso elf Zähler vor Schumacher, Massa (51) ist Dritter vor Fisichella und Räikkönen (je 49). Bei den Konstrukteuren hält Renault nun bei 149 Punkten, gefolgt von Ferrari (140), McLaren-Mercedes (85) und Honda (52). Das BMW Sauber F1 Team, welches heute beide Autos in die Top 8 brachte, ging im Kampf um Position fünf wieder an Toyota vorbei - allerdings nur mit 28:26.