• 09.10.2005 11:26

Das Interview zum Rennen mit Michael Schumacher

Michael Schumacher sieht nach Platz sieben in Suzuka keine Fortschritte bei Ferrari, kann sich aber über Konstrukteurs-WM-Rang drei freuen

(Motorsport-Total.com) - Im direkten Fight mit seinen potenziellen Nachfolgern Kimi Räikkönen und Fernando Alonso hatte Michael Schumacher heute in Suzuka zwar wegen seines unterlegenen Materials das Nachsehen, dennoch rettete er immerhin zwei Punkte ins Ziel. Die Freude über die sehenswerten Rad-an-Rad-Duelle war beim Ferrari-Piloten im ersten Interview nach dem Rennen aber kaum zu spüren.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher, Kimi Räikkönen und Fernando Alonso

Michael Schumacher lieferte Räikkönen und Alonso heute einen heißen Tanz

Frage: "Michael, du warst heute in einige Zweikämpfe verwickelt. Wie hart musstest du kämpfen?"
Michael Schumacher: "Ich bin schon lange nicht mehr so in Zweikämpfe involviert gewesen wie in diesem Rennen."#w1#

Nur in den ersten Runden kam "Schumi" auf seine Kosten

Frage: "Wie viel Spaß ist da dabei, wenn man am Ende trotzdem den stärkeren Autos nachgeben muss?"
Schumacher: "Der ist natürlich schon etwas reduziert, wenn man nach und nach zurückfällt statt sich wie am Start nach vorne zu kämpfen. Die ersten paar Runden waren schon irgendwo ein Highlight, aber danach war es nicht ganz so schön."

Frage: "Wie geht man als Vordermann so einen Zweikampf wie zum Beispiel mit Fernando Alonso, der ja wesentlich schneller war, an? Kann man das mit Schach vergleichen? Denkst du daran, dass er hier und dort nicht vorbeigehen kann?"
Schumacher: "Beim Schach hat man mehrere Möglichkeiten zur Verteidigung, aber bei uns gibt es nur eine: einmal die Spur wechseln. Wenn der Gegner zu nahe dran ist und mit so viel mehr Topspeed unterwegs ist, dann reicht diese eine Variante nur dann aus, wenn der Gegner sehr spät ankommt, aber es war heute irgendwann mal der Fall, dass Alonso schon sehr früh im Windschatten war und praktisch neben mir fahren und mich ausbeschleunigen konnte. Da hatte ich nicht viel entgegenzuhalten."

Frage: "Dein zweiter Stopp dauerte ziemlich lange. Ist da was schief gegangen?"
Schumacher: "Ja, da ist etwas schief gegangen. Wir hatten eine kleine Änderung am Auto vorgenommen, die viel zu lange gedauert hat."

Keine wesentlichen Verbesserungen seit Brasilien

Frage: "Am Freitag hast du noch von Stillstand gesprochen, aber war das heute nicht ein Fortschritt? Irgendwie wirkst du nämlich ein bisschen deprimiert..."
Schumacher: "Ich sehe den Fortschritt nicht. In Brasilien konnten wir mit den Renaults kämpfen, aber hier waren wir ganz klar unterlegen."

Frage: "Immerhin konntest du deinen Bruder hinter dir lassen, der als Erster ins Rennen gegangen ist. Du warst nur 14. der Startaufstellung..."
Schumacher: "Das war ja erkennbar, dass man bei Toyota mit wesentlich weniger Sprit unterwegs war im Qualifying. Das ist jetzt keine Überraschung für uns, dass wir vor Toyota sind, denn wir sind im Normalfall schon etwas schneller als die, glaube ich. Dass wir den dritten Platz jetzt innehaben, ist natürlich schon schön - in der Konstrukteurs-WM sind wir jetzt definitiv Dritter. Das kann uns nicht mehr genommen werden."

"Wenn man sich das Jahr betrachtet und sich vorstellt, dass man am Ende, nach so viel Pech und Misserfolg, immer noch Dritter der Konstrukteurs-WM ist, dann ist die Situation irgendwie doch ganz schön gegensätzlich. Ich bin ja auch noch Dritter in der Fahrer-WM. So schlimm ist es also gar nicht."

WM-Platz drei wäre ein Trost nach einem miserablen Jahr

Frage: "Wie sehr freust du dich für das Team, dass ihr den dritten Platz bei den Konstrukteuren abgesichert habt?"
Schumacher: "Das ist sicherlich das Highlight nach all den Rückschlägen, die wir dieses Jahr schon zu verkraften hatten. Wenn man sich vorstellt, wie miserabel unser Jahr verlaufen ist - und dennoch sind wir in der Konstrukteurs-WM jetzt endgültig Dritter! Auch in der Fahrermeisterschaft bin ich zumindest momentan Dritter. Wenn man sich das vor Augen hält, dürfen wir nicht so unzufrieden sein. Wir sind auch nie schlechter gewesen als die Position, in der wir uns jetzt befinden. Alles in allem ist das alles relativ zu betrachten."

Frage: "Es sah heute so aus, als hättest du wesentlich mehr Spaß gehabt als bisher in dieser Saison. Stimmt das?"
Schumacher: "Es stimmt sicher, wenn man die ersten Runden in Anbetracht nimmt, aber dann zum Ende war es sicher nicht mehr ganz so doll, wenn man nach und nach Positionen verliert."

Freude über tolle Zweikämpfe eher verhalten

"Es ist ja nicht so, dass ich total frustriert bin, aber ich bin halt nicht sonderlich happy." Michael Schumacher

Frage: "Du wirkst ein wenig reserviert. Der Dreikampf zwischen dir, Fernando Alonso und Kimi Räikkönen war aber sensationell, die Zuschauer waren aus dem Häuschen. Da wurde richtig guter Sport geboten, und das war auch mal wieder dringend nötig, nicht wahr?"
Schumacher: "Ja, das mag ja okay sein, aber der ging ja auf meine Kosten. Ich habe die Positionen verloren. Dass das schön für die Zuschauer ist, das mag so sein. Es ist ja nicht so, dass ich total frustriert bin, aber ich bin halt nicht sonderlich happy darüber."

Frage: "Was macht dich jetzt für Shanghai optimistisch?"
Schumacher: "Das kann ich erst dann beurteilen, wenn ich in Shanghai gefahren bin."

Frage: "Was wäre für Shanghai ein versöhnliches Saisonende?"
Schumacher: "Ich denke, wir haben alles gemacht, was wirklich wichtig ist. Es wäre sicherlich schön, wenn wir auf das Podium fahren könnten, aber wir haben nicht mehr viel anzubieten, um uns im letzten Rennen noch zu steigern. Insofern können wir nur mit ein bisschen gutem Willen die Sache nach Hause fahren."