Räikkönen gewinnt das Rennen des Jahres in Suzuka
Mit einem unfassbaren Überholmanöver in der letzten Runde gewann Räikkönen den Grand Prix von Japan vor Fisichella und Alonso
(Motorsport-Total.com) - Nach dem verrückten Regen-Qualifying von gestern rechneten die meisten Experten vor dem Start zum Grand Prix von Japan angesichts der ungewöhnlichen Startaufstellung mit einem spektakulären Rennen - und was die begeisterten Fans auf den Tribünen geboten bekamen, hatte es in der Tat in sich: Zwar siegte kein heimisches Fabrikat, doch Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes) feierte einen legendären Triumph.

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Siegerfoto mit Symbolwirkung: Fisichella geknickt, Räikkönen und Alonso happy
Schon der Start verlief - bei herrlichen Bedingungen - turbulent: Polesetter Ralf Schumacher im Toyota kam am besten weg und führte Giancarlo Fisichella (Renault) und Jenson Button (BAR-Honda) sauber durch die erste Kurve, doch dahinter kreiselten Takuma Sato (BAR-Honda) und Rubens Barrichello (Ferrari) voneinander unabhängig ins Kiesbett - und kollidierten dort! Beide mussten an die Box kommen und verloren deswegen den Anschluss an die Spitze.#w1#
Montoya warf schon wieder wertvolle Punkte für das Team weg
Ende der ersten Runde dann schon wieder Aufregung, als Juan-Pablo Montoya (McLaren-Mercedes) in der letzten Kurve von einem Sauber-Petronas abgedrängt wurde und heftig in die Leitplanken einschlug. Der Kolumbianer konnte seinem Wrack unverletzt entsteigen, sorgte damit jedoch für eine Safety-Car-Phase. Vorne führte Ralf Schumacher vor Fisichella, Button, David Coulthard (Red-Bull-Cosworth), Mark Webber (BMW WilliamsF1 Team) und Christian Klien (Red-Bull-Cosworth).
Letzterer verlor nach einem schlechten Start auf der Strecke eine Position gegen Webber, ließ sich anschließend auch noch der Reihe nach von Michael Schumacher (Ferrari), Fernando Alonso (Renault) und Räikkönen vorführen und fiel so immer weiter zurück. Am Ende reichte es daher für den farblosen Österreicher nicht einmal zu WM-Punkten - genau wie in Brasilien belegte er den keineswegs überragenden neunten Platz.
Ralf Schumachers Feuerwerk brannte nur 13 Runden lang
In der 8. Runde wurde das Rennen wieder freigegeben, und Ralf Schumacher konnte seine Führung problemlos verteidigen. Die Freude war allerdings nur von kurzer Dauer: Schon im 13. Umlauf musste er als Erster der Favoriten an die Box kommen. Der Toyota-Pilot setzte dementsprechend auf eine Dreistoppstrategie, konnte damit aber überhaupt keine Akzente setzen und musste am Ende sogar noch froh sein, dass er als Achter überhaupt mit einem Zähler belohnt wurde.
Zwischendurch ging Alonso weiter hinten schon mal an Klien vorbei, fiel dann aber wieder zurück, weil er nach einem fragwürdigen Überholmanöver gegen den Red-Bull-Cosworth-Fahrer von der Rennleitung zurückgepfiffen wurde, um ihn wieder durchzulassen. Danach legte er sich Klien noch einmal zurecht, schloss sofort zu Michael Schumacher auf - und lieferte sich mit dem Ferrari-Routinier und dem von hinten herannahenden Räikkönen einen prickelnden Dreikampf.
Während vorne Fisichella einsam seine Kreise zog, lieferte Alonso in der 20. Runde außen in der Mutkurve 130R ein unglaubliches Überholmanöver gegen Michael Schumacher. Räikkönen kam am Ferrari weniger leicht vorbei, wurde lange aufgehalten und konnte dadurch den Vorteil des leichten Autos vor dem ersten Stopp nicht voll ausschöpfen. Allerdings kam Alonso früher an die Box, verlor dadurch Zeit hinter Villeneuve und wurde so von Schumacher und Räikkönen überholt.
Alonso und Räikkönen demütigten Schumacher mehrfach
Schumacher hatte in diesem Generationenfight freilich das schlechteste Material, weshalb er sich auf lange Sicht nicht verteidigen konnte und insgesamt dreimal von seinen potenziellen Nachfolgern überholt wurde. Räikkönen und Alonso schlossen unmittelbar danach zum Paket mit Button und Webber auf, in dem es um den zweiten Platz ging. Vor der zweiten Serie der Boxenstopps kam es allerdings zu keinen Verschiebungen mehr.
In der Schlussphase musste wieder Alonso als Erster an die Box, während Räikkönen den längsten Stint fahren konnte. Bei freier Fahrt drehte der Finne groß auf, stand nur 4,9 Sekunden bei seinem letzten Stopp und kam sieben Runden vor Schluss 5,4 Sekunden hinter dem führenden Fisichella als Zweiter wieder auf die Strecke. Dritter war zu jenem Zeitpunkt Webber, der sich beim direkten Boxenduell gegen Button um Haaresbreite durchgesetzt hatte, Vierter Alonso.
Räikkönen in der Schlussphase wie von einem anderen Stern
Was dann geboten wurde, dürfte in die Grand-Prix-Geschichte eingehen: Erst zog Alonso in seinem ersten Rennen als Weltmeister mit einem beherzten Manöver vor der ersten Kurve innen - mit zwei Rädern in der Wiese - an Webber vorbei, was ihn auf das Podium brachte. Dahinter waren die Positionen mit Button, Coulthard, der anfangs durch die Stopps sogar eine Runde lang in Führung lag, Michael und Ralf Schumacher auf den weiteren Punkterängen allerdings bezogen.
Räikkönen verkürzte an der Spitze seinen Rückstand auf Fisichella sukzessive von 5,4 auf 4,3, 3,0, 1,8 und schlussendlich 0,5 Sekunden, ehe er sich erstmals ernsthaft im Rückspiegel des Renault-Piloten zeigte. Fisichella fuhr dann in der vorletzten und letzten Runde Kampflinie vor der Schikane - und hatte daher der nicht optimalen Linie danach zu wenig Topspeed auf der folgenden Start- und Zielgerade.
Entschieden wurde das elektrisierende Duell erst in der ersten Kurve der allerletzten Runde, als sich der "Iceman" zunächst an den Führenden heransaugte, dann nach außen zog und auf den letzten Drücker in Millimeterarbeit vorbeiging, ohne seinen McLaren-Mercedes beim Bremsen in der Kurve außer Kontrolle zu verlieren. Die übrigen gut fünf Kilometer musste er nur noch ins Ziel rollen, denn Fisichella, der zu jenem Zeitpunkt das klar langsamere Auto hatte, steckte sofort auf.
Kamikaze-Sato schoss Trulli in der Schikane ab
Hinter den besten Acht landete Klien, gefolgt von den beiden Sauber-Petronas-Piloten, von denen Massa diesmal der bessere Mann war, Barrichello und Sato. Apropos Sato: Nach seinem Ausritt in der ersten Kurve fiel der Lokalmatador nur noch mit seiner Kamikazeaktion gegen Jarno Trulli (Toyota) in der Schikane auf, mit der er den Italiener aus dem Rennen beförderte. Ebenfalls out: Montoya (Unfall) und Antonio Pizzonia (BMW WilliamsF1 Team/Dreher).
Die großen Sieger dieses atemberaubenden Grand Prix' waren zweifellos Räikkönen und Alonso, die im Generationskampf gegen Michael Schumacher ein Zeichen setzen konnten, während Fisichella, der ohnehin schon eine verkorkste Saison zu verkraften hat, bei der Siegerehrung naturgemäß extrem geknickt wirkte - und auch Teamchef Flavio Briatore wird ihn heute Abend eher nicht mit Samthandschuhen trösten, wie man den Renault-Teamchef kennt...
Abgesehen vom unglaublich aufregenden Geschehen auf der Strecke selbst brachte der Grand Prix von Japan auch in der Konstrukteurs-WM, die ja weiterhin offen ist, einen Führungswechsel: Renault liegt vor dem Finale in einer Woche in Shanghai wieder zwei Punkte vor McLaren-Mercedes. Genau denselben Vorsprung hat Michael Schumacher als Dritter der Fahrerwertung vor Montoya. Zumindest einige Nebenentscheidungen sind also noch offen.

