• 13.11.2014 10:14

  • von Dieter Rencken

Claire Williams über Krösusse: "Haben besser verhandelt"

Die Co-Teamchefin glaubt, dass Marussia und Caterham zu naiv waren und sich die Geldverteilung vor 2021 ändern lässt - Allerdings spricht aus ihrer Sicht wenig dafür

(Motorsport-Total.com) - Wenn es um die so genannten kleinen Teams geht, wäre es nur logisch, unter diesem Begriff auch Williams zu verstehen. Die Truppe aus Grove jedoch scheint in der Debatte um die finanziellen Probleme der Formel 1 eher im Lager der Platzhirsche verortet, schließlich kassierte sie aus den allgemeine Töpfen mehr als die übrigen Privatteams und ist außerdem Mitglied in der kontrovers diskutierten Strategiegruppe. Im Interview macht Claire Williams klar, welche Standpunkte sie vertritt.

Titel-Bild zur News: Claire Williams

Williams will nicht nur auf der Strecke, sondern am Verhandlungstisch überzeugen Zoom

Frage: "Claire, Williams ist finanziell nicht schlecht aufgestellt. Aber es muss euch skeptisch stimmen, dass solche Dinge im Sport passieren und die Teams so viele Bedenken bezüglich der Geldverteilung äußern."
Claire Williams: "Natürlich ist es enttäuschend, dass wir in dieser Situation stecken. Als wir zusammengekommen sind, um mögliche Kostendeckel oder ähnliches zu diskutieren, habe ich an Fortschritte geglaubt. Und die gab es tatsächlich. Wir stehen in der Verantwortung, dass eine ordentliche Anzahl konkurrenzfähiger Autos die Startaufstellung füllt. Für mich und Williams ist es deshalb eine Enttäuschung, wie sich die Dinge darstellen."

"Aber es gibt immer zwei Seiten der Medaille: Es ist ein teurer Sport. Es ist schwierig. Als Team haben wir uns immer darauf ausgerichtet, nachhaltig zu wirtschaften. Wir arbeiten extrem hart, um das Budget zusammenzubekommen, um Motorsport zu betreiben. Und kommerziell betrachtet sind wir auch erfolgreich und stehen in gutem Verhältnis zum Inhaber der kommerziellen Rechte sowie zur FIA. Aber das ist eine Beziehung, die sich über viele Jahre entwickelt hat."

Williams will Standpunkte nicht öffentlich machen

"Wir werden die Position von Caterham und Marussia nicht kommentieren. Wir sind an der Strecke, um Rennen zu fahren. Und wir wissen, welches Budget wir dafür benötigen. Klar ist auch, wie wir deshalb politisch agieren. Ich glaube aber, dass diese Diskussion hinter verschlossenen Türen stattfinden sollte. Wir waren nie ein Team, dass etwas an die Öffentlichkeit getragen hätte. Trotzdem haben wir unsere Standpunkte."

Frage: "Aber von seinem Erbe alleine kann man doch nicht überleben."
Williams: "Ich wäre die Letzte, die von Glück spricht. Der Schweiß und die Tränen vieler Leute stecken in unserem Erfolg."

Frage: "Was sagst du zu der Behauptung, dass ihr einen unlauteren Vorteil genossen hättet, weil ihr über Jahre mehr Geld bekommen habt?"
Williams: "Wenn wir mehr Geld bekommen, dann ist es genau das, wonach einige Leute jetzt schreien. Ihnen geht es um eine Umverteilung. Einige Teams erhalten aber noch viel mehr Geld als alle anderen im Paddock, und das ist mir ein Dorn im Auge. Wenn sie mehr bekommen, dann unterstreicht das sicher ihre Nachhaltigkeit. Ich weiß nicht, wie viel es ist und kann mir auch nicht vorstellen, dass sie damit jemals an die Öffentlichkeit gehen. Der Punkt ist aber: Wie wirkt sich das zukünftig aus? Warum sollten wir mit einem gesunden Starterfeld ein Problem haben? Die kleinen Teams werden jetzt über mehr Geld verhandeln, aber niemand weiß, ob sie das auch bekommen werden. Wir tun das nicht. Für uns ist es normales Geschäftsgebaren, vertraulich zu arbeiten. Das ist nicht angemessen."


Fotos: Williams, Großer Preis von Brasilien


Stück Papier ist kein Grund für Stillstand

Frage: "Würdet ihr es nicht begrüßen, wenn der komplette Verteilungsprozess nochmals zur Debatte stünde? Dinge wie Streikdrohungen sind doch auch nicht hilfreich."
Williams: "Das ist doch eine Utopie: eine komplett gleiche Verteilung der Preisgelder. Darüber wird im Sport seit Jahren gesprochen. Aber so sind die Strukturen nicht, so laufen die Dinge nicht. Als Team müssen wir einfach weitermachen und unsere Kämpfe hinter den Kulissen sowie auf der Strecke ausfechten. Natürlich hätten wir gerne eine andere Verteilung. Aber wenn das nicht der Fall ist, machen wir auch so weiter."

Frage: "Kann man überhaupt etwas an der Geldverteilung ändern? Der aktuelle Vertrag läuft ja noch bis 2020."
Williams: "Warum nicht? Wenn die am Vertrag beteiligten Partien sich einig sind und der Inhaber der kommerziellen Rechte zustimmt, gibt es doch wegen eines Stück Papiers keinen Grund, es nicht durchzuziehen."

Daniel Ricciardo, Valtteri Bottas

Red Bull vor Williams: Alles eine Frage der richtigen Verhandlungstaktik? Zoom

Frage: "Nur stimmt keines der drei Topteams zu."
Williams: "So ist die Formel 1. Wir stehen im Wettbewerb und da liegt auch das Problem. Wenn sie diese zusätzlichen Einnahmen erhalten können, warum sollten sie darauf verzichten? Das würde doch niemand tun. Williams steht irgendwo in der Mitte."

Frage: "Gibt es denn überhaupt eine Lösung? Oder werden immer mehr Teams verschwinden?"
Williams: "Es braucht viel Arbeit, um sich diese zu erarbeiten. Es sind wahnsinnig viele Parteien mit ganz unterschiedlichen Prioritäten beteiligt. Ich will sie nicht negativ nennen, aber so ist es eben. Die Kosten sind extrem hoch. Wenn dann auch noch ein neues Motorenreglement (die Aufweichung der Homologationsbestimmungen; Anm. d. Red.) hinzukommt, steigen sie sogar noch weiter."

Große Teams haben besser verhandelt

"Als Marussia und Caterham eingestiegen sind, haben sie geglaubt, sie würden mit einem Budget von 40 Millionen Britischen Pfund (umgerechnet rund 51 Millionen Euro; Anm. d. Red.) mitmischen können. Aber das ist kein Etat, um damit auf die Strecke zu gehen. Man kann argumentieren, dass die Topteams aufgrund ihrer Identität mehr Geld bekommen. Oder es sogar von Anfang an schon haben. Sie können sich auch so mehr leisten als alle anderen. Man kann aber auch argumentierten, dass sie mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte einfach besser verhandelt hätten, um dieses Geld zu bekommen."

"Haben sie nicht den besseren Job gemacht? Waren sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort? Wäre uns das gelungen, hätten wir jetzt mehr Geld. Im Leben muss man die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Das tun wir bei Williams. Wenn wir mehr Geld wollen, dann kämpfen wir für mehr Geld. Wir müssen dann einfach besser arbeiten als Christian (Red-Bull-Teamchef Horner; Anm. d. Red.) oder wer auch immer. Was ist der Grund dafür, dass er mehr hat?"

"Für sein Handeln muss man die Verantwortung übernehmen." Claire Williams

Frage: "Aber es geht doch nicht vor 2021. Das ist der springende Punkt."
Williams: "Ich sehe, dass diejenigen mit den hohen Einnahmen realisieren, was gut für den Sport ist - viele Teams mit zwei Autos zum Beispiel statt Drei-Wagen-Mannschaften. Sie werden sich dann auf mehr Ausgeglichenheit bei den Einnahmen achten. Ich glaube an die Formel 1."