Carlos Sainz: Teamplay-Taktiken sind "Manipulation" an der Formel 1
Crashgate wurde in der Formel 1 2009 zum Skandal, doch laut Carlos Sainz seien die Teamtaktiken in Monaco ebenfalls eine Manipulation am Sport: "Habe es gehasst"
(Motorsport-Total.com) - "Ich bin ehrlich gesagt sehr enttäuscht von diesem Rennen und vom Sport insgesamt", sagt Carlos Sainz nach dem Formel-1-Rennen in Monaco, das dem Williams-Piloten überhaupt keinen Spaß gemacht hat. "Wir sind kein richtiges Rennen gefahren, wir haben einfach gemacht, was wir machen mussten."

© LAT Images
Carlos Sainz spielte das Teamspiel in Monaco fleißig mit Zoom
Und das waren am Sonntag eine Menge Teamtaktiken. Fahrer sind deutlich langsamer gefahren als sie konnten, um eine Lücke für ihre Teamkollegen aufzumachen, damit diese nach ihren Boxenstopps im Feld nicht zurückfallen. Die Racing Bulls fingen damit an, Sainz' Williams-Team zog sogar mit beiden Fahrern nach.
Erst musste Alexander Albon das Feld für Sainz einbremsen, dann tat der Spanier das gleiche für seinen Teamkollegen. "Ich habe es gehasst, mit drei Sekunden Rückstand auf mein Tempo zu fahren", sagt er bei DAZN. "Aber weil Lawson das mit uns gemacht hat und uns damit auf P19 und P20 in der Prognose zurückgeworfen hat, mussten wir es selbst auch machen."
"Es zeigt, dass sich mit der Zweistoppstrategie nichts geändert hat. Das Rennen ist immer noch super langweilig, und die Leute manipulieren es", kritisiert er und schließt sich in diese "Kritik" mit ein. Denn auch Williams habe es mit seiner Taktik manipuliert.
Manipuliert ist für ihn dabei auch genau das richtige Wort dafür. "Am Ende manipulierst du das Ergebnis", stellt er klar. "Vor 20 Jahren gab es in der Formel 1 viele Strafen für solche Manipulationen. Damals hieß es, das sei ein Skandal für den Sport, aber jetzt wird das Rennen hier in Monaco jedes Jahr manipuliert und niemand unternimmt etwas."
"Ich sage nicht, dass man sofort handeln muss, aber wenn man den Sport hier in Monaco verbessern will, dann muss man das verbieten", stellt er klar.
"Wir sollten einen Weg finden, wie das künftig verhindert werden kann. Ich habe das Gefühl, dass das in den letzten Jahren zur Mode wird und immer mehr Teams das machen. Die Zweistoppstrategie hat das Ganze sogar noch verschärft - sie sorgt rund ums Boxenfenster für etwas Spannung, aber man muss dann zweimal langsam fahren. Und das ist nicht gut für den Sport."
Sainz: Hatte auch überlegt, es wie Russell zu machen
George Russell hatte das System im Rennen einmal ausgedribbelt, als er mit Absicht die Hafenschikane ausließ, um an Albon vorbeizukommen. Trotz einer Durchfahrtsstrafe lohnte sich das Manöver, weil er vor Albon wieder auf die Strecke kam.
"Ich verstehe komplett, warum er es gemacht hat", sagt Sainz und gibt zu, selbst gegen Lawson mit diesem Gedanken gespielt zu haben.
"Wir Fahrer wissen genau, wie wir drei Sekunden abreißen lassen können, aber dann pushen, wenn die Reifen gut sind, damit wir nicht überholt werden. Ich hoffe, dass wir Fahrer mal ernsthaft darüber nachdenken - und wenn nicht, hoffe ich, dass der Sport gemeinsam mit der FIA Ideen entwickelt, was man dagegen tun kann."
Er selbst hatte während des Rennens auch genügend Zeit, um sich ein paar Gedanken zu machen, wie er sagt. Seine Überlegung geht in die Richtung, was Russell gemacht hat - eine Art Joker-Lap also, bei der man legal an seinem Gegner vorbeikommen kann. "Wenn man nicht überholen kann, dann sollte man wenigstens abkürzen. Natürlich nur, wenn jemand dich offensichtlich unfair blockiert."
Nachsatz: "Das war natürlich nur ein Spaß."
Sainz fürchtet: Teams gehen bald entspannter damit um
"Aber grundsätzlich müssen wir wieder mehr auf den Geist des Sports schauen. Und der Geist des Sports sollte nicht darin bestehen, das Ergebnis zu manipulieren", so der Spanier. "Heute crashen wir zwar nicht, aber wir fahren so langsam, dass wir das Rennen beeinflussen. Es ist zwar erlaubt - also alles gut -, aber man sollte eine Lösung finden."
Denn er fürchtet, dass die Teams "in Zukunft immer entspannter damit umgehen, solche Aktionen wie heute durchzuziehen". Und so dürfe es nicht sein. Die zwei Boxenstopps selbst hätten an der Spitze "null" geändert. "Außer vielleicht zwei spannende Momente statt einem. Das ist okay, kann so bleiben."
"Aber für mich ist das größere Problem die Rennmanipulation. Diese Taktiken - darum müssen wir uns kümmern."


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