Irres Taktik-Roulette in Monaco: Norris gewinnt trotz Verstappen-Poker!
Lando Norris gewann einen dank Zweistoppregel ebenso kuriosen wie spannenden Grand Prix von Monaco vor Charles Leclerc und Oscar Piastri
(Motorsport-Total.com) - Lando Norris hat den Grand Prix von Monaco 2025 vor Charles Leclerc (Ferrari) und Oscar Piastri (McLaren) gewonnen. In einem packenden Rennen, dessen Spannung sich vor allem aus dem Taktik-Roulette rund um die neue Zweistoppregel nährte, bewahrte der McLaren-Pilot die Nerven, als er im Finish rundenlang von Leclerc unter Druck gesetzt wurde.

© LAT Images
In der Fürstenloge von Monaco: Zak Brown, Charles Leclerc, Sieger Lando Norris und Oscar Piastri Zoom
Dabei hatte bis in die 77. von 78 Runden noch Max Verstappen (Red Bull) geführt, mit einem Boxenstopp weniger - in der Hoffnung, dass ihm eine rote Flagge den Sieg bescheren würde. Dazu kam es aber nicht, und so fiel Verstappen nach seinem letzten Stopp auf Platz 4 zurück, vor Ferrari-Pilot Lewis Hamilton.
Sechster wurde Isack Hadjar (Racing Bulls), mit tatkräftiger Unterstützung seines Teamkollegen Liam Lawson, der ihm zwischenzeitlich den Rücken freigehalten und eine Lücke aufgemacht hatte, um den zweiten Pflichtboxenstopp zu absolvieren. Lawson selbst belegte Platz 8. Zwischen den beiden: Esteban Ocon (Haas) auf Rang 7.
Alexander Albon und Carlos Sainz (beide Williams) sicherten sich die Positionen 9 und 10. In Runde 65 von 78 erfolgte zwischen den beiden ein teaminterner Platztausch, weil Albon zuvor rollende Schikane gespielt hatte, um Sainz beim Umsetzen seiner Strategie zu helfen. "Macht euch keine Sorgen, Alex wird heute Neunter", hatte Sainz zuvor am Funk versichert, dass er sich nicht querlegen würde.
Mercedes ging diesmal leer aus, auch wegen einer Durchfahrtstrafe für George Russell, der als Elfter ins Ziel kam. Nico Hülkenberg sicherte sich im Sauber Platz 16. Fernando Alonso (Aston Martin) und Pierre Gasly (Alpine) schieden aus. Alonso wegen eines technischen Defekts, Gasly nach einer Kollision mit Yuki Tsunoda (Red Bull) beim Anbremsen der Hafenschikane.
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VSC am Ende der ersten Runde: Vier Fahrer an der Box
Gleich in der ersten Runde kam es zum ersten Crash. Gabriel Bortoleto (Sauber) nutzte zuerst die Schlange in der Loews-Haarnaadel, um sich außen an Andrea Kimi Antonelli (Mercedes) vorbeizuschieben. Der Italiener konterte aber bei Portier, stach innen rein - und Bortoleto rutschte außen in die Leitplanken. An der Stelle, an der 1988 Ayrton Senna seinen berühmten Unfall hatte.
Bortoleto konnte zwar weiterfahren, aber die Rennleitung aktivierte dennoch ein virtuelles Safety-Car (VSC). Das triggerte die ersten Boxenstopps im Grand Prix: Tsunoda, Gasly, Oliver Bearman (Haas) und Bortoleto nutzten die Gelegenheit und absolvierten den ersten der beiden vorgeschriebenen Reifenwechsel.
In der fünften Runde wurde das Rennen wieder freigegeben. Norris führte nach knapp gewonnenem Start gegen Leclerc mit 0,7 Sekunden Vorsprung. Dritter war Piastri, Vierter Verstappen. Denn auf den ersten elf Positionen hatte es am Start keine Verschiebungen gegeben.
Anders als in früheren Monaco-Rennen wurde danach an der Spitze zumindest nicht ganz so extrem gebummelt, sodass sich im Feld Lücken auftaten. Norris hatte bereits in Runde 8 mehr als zwei Sekunden Vorsprung auf Leclerc herausgefahren, und Piastri lag sogar schon 6,5 Sekunden hinter seinem Teamkollegen. Das mit dem Bummeln sollte später im Rennen noch extrem werden.
Crash Tsunoda vs. Gasly: Warum keine Boxenstopps?
In Runde 8 schon der nächste Höhepunkt: Gasly saugte sich durch den Tunnel in Tsunodas Windschatten - und fuhr dem Japaner eingangs Hafenschikane mit vollem Karacho hinten drauf. "Ist das ein Idiot? Was macht der da?", brüllte Tsunoda (der weiterfahren konnte) sauer - und Gasly sagte: "Ich hatte keine Bremsen."
Gasly konnte sich zwar trotz lädierter Radaufhängung zurück an die Box schleppen, schaffte es aber nicht mehr bis zu Alpine, sondern blieb vor der Williams-Garage stehen. Die Streckensicherung zeigte gelbe Flaggen, aber das VSC wurde nicht aktiv. Die Wrackteile wurden unter Gelb von einem mutigen Sportwart entfernt. Und weil die Boxengasse wegen des falsch geparkten Gasly-Autos ohnehin geschlossen war, führte die Aktion zu keinen weiteren Boxenstopps.
Taktik-Poker: Smarter Trick von den Racing Bulls
Es waren 16 Runden gefahren, als sich Leclerc erkundigte: "Was wollt ihr, dass ich tue? Soll ich weiter pushen, soll ich dranbleiben, soll ich ihn ziehen lassen?" Antwort des Renningenieurs: "Plan B. Bleib an Norris dran." Der hatte zu dem Zeitpunkt rund zwei Sekunden Vorsprung, Tendenz steigend.
Als zunächst nicht an der Spitze, aber weiter hinten die Serie der regulären Boxenstopps begann, wurde klar, worum es wirklich ging: "free Air" zu haben, also freie Fahrt. Denn die, die nach ihrem Stopp keinen Gegner vor sich hatten und schnelle Rundenzeiten fahren konnten, machten viel Zeit gut. Mit der Aussicht, auch Trackposition zu gewinnen, wenn die anderen dann auch an die Box kommen.
In Runde 18 kam dann Hamilton an die Box, in Runde 19 mit Norris der Leader im Grand Prix. Nach dem Stopp hatte Norris vor sich eine freie Strecke und drehte sofort die bis dahin schnellste Runde im Rennen. Wenig später dauerte der Boxenstopp bei Piastri ein paar Sekunden zu lang, weil links hinten das Rad klemmte.
Und Hadjar absolvierte nach einem kurzen Mittelstint auf den weichen Reifen seinen zweiten Stopp und blieb vor einem Verfolgerpaket Achter, weil sein Teamkollege Lawson die Verfolger konsequent aufhielt, um eine Lücke zu schaffen. Damit war der Franzose der bestplatzierte Fahrer im Feld, der schon beide Stopps absolviert hatte.
In Runde 21 kam Leclerc als zu dem Zeitpunkt Führender zum ersten Reifenwechsel - und kam vier Sekunden hinter Norris, aber zweieinhalb Sekunden vor Piastri auf die Strecke zurück. Die Führung erbte damit kurzzeitig Verstappen, der noch keinen Boxenstopp absolviert hatte. Als der an der Box war und wieder auf Platz 4 lag, funkte er: "Das Schalten fühlt sich an wie Monaco 1972!"
Wie beim zweiten Stopp die Vorentscheidung fiel
Zu Beginn der 35. von 78 Runden hatte Norris seinen Vorsprung auf 6,5 Sekunden ausgebaut. Dritter war Piastri mit 11,7 Sekunden Rückstand, vor Verstappen mit 13,8 und Hamilton mit 20,5 Sekunden Rückstand. Alonso auf Platz 6 hatte bereits 48,4 Sekunden Rückstand. Es schienen also - normaler Rennverlauf vorausgesetzt - nur noch fünf Autos im Rennen um die Podestplätze zu sein.
Zur Halbzeit rollte dann Alonso mit dem Aston Martin aus, doch weil der Spanier brav im Notausgang parkte, gab es nicht die VSC- oder Safety-Car-Phase, auf die viele sehnlichst warteten. Und wenig später hatte Piastri großes Glück, als er bei Sainte Devote die Leitplanken berührte, aber ohne Schaden weiterfahren konnte.
In Runde 48 kam dann Piastri als erster Fahrer aus dem Top-5-Paket an die Box. Eine Runde später reagierte Leclerc und wechselte ebenfalls, um die Gefahr eines Undercuts zu eliminieren. In Runde 50 war Norris dran, und damit lag erstmal wieder Verstappen in Führung. Was zu einer neuen Ausgangslage führte: Würde jetzt ein Rennabruch folgen, könnte Verstappen "gratis" Reifen wechseln und den Grand Prix gewinnen.
Zwischendurch kassierte Russell eine Durchfahrtstrafe, weil er die Strecke verlassen und sich dabei einen anhaltenden Vorteil verschafft hatte. Der Mercedes-Fahrer lag vor Albon auf Platz 10 im Rennen und hatte zuvor im Zweikampf die Hafenschikane abgekürzt. "Ich sage dazu jetzt besser nichts", funkte Russell als Reaktion darauf.
Nach 55 von 78 Runden führte Verstappen mit einem Stopp weniger nur noch 2,5 Sekunden vor Norris, 5,0 vor Leclerc, 11,0 vor Piastri und 21,5 vor Hamilton. Der Rest des Feldes war inzwischen überrundet, und Hadjar lag als "Best of the Rest" vor Ocon und Lawson, die alle ihre Pflichtboxenstopps schon absolviert hatten, auf Platz 6.
Weil Verstappen mit seinen gut 30 Runden alten Mediums ab Runde 60 anfing, Norris aufzuhalten, schloss von hinten Leclerc wieder auf. Verstappen hatte auch keinen Grund zur Eile, denn sein Vorsprung im Fernduell mit Hamilton betrug inzwischen mehr als 50 Sekunden, nachdem der das zweite Mal gestoppt hatte. Verstappen konnte also so lange wie möglich draußen bleiben, um auf eine rote Flagge zu hoffen.
Zehn Runden vor Schluss funkte Verstappen, dass seine linken Reifen "tot" seien. Inzwischen hatte auch Piastri auf das Führungspaket aufgeschlossen, und weil Hamilton als Fünfter bereits 55 Sekunden Rückstand hatte, konnte Verstappen sich den Luxus leisten, auch mit maroden Reifen weiter auf die erlösende rote Flagge zu hoffen. "Max hält mich auf. Der pusht nicht einmal", kommentierte Norris entnervt.
Hinter Norris wurde Leclerc im Rückspiegel mit den weicheren Mediumreifen in den letzten Runden formatfüllend. "Er macht im Moment viele Fehler", witterte der Ferrari-Fahrer fünf Runden vor Schluss seine Chance. Aber Norris brachte die Position ins Ziel - und weil Verstappen seine rote Flagge nicht mehr bekam und er in der vorletzten Runde stoppen musste, bedeutete das den Sieg beim Grand Prix von Monaco 2025.
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