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Button: "Es ist kein komplett schlechtes Jahr"

McLaren-Fahrer Jenson Button verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, noch in diesem Jahr wieder ein Rennen zu gewinnen - Trendwende in Spa-Francorchamps?

(Motorsport-Total.com) - 33 Punkte aus neun Rennen, doch 25 auf einen Schlag hat er schon im Blick: Jenson Button geht positiv gestimmt in den letzten Formel-1-Grand-Prix vor der Sommerpause. Er erwartet sogar, noch vor dem Ablauf der aktuellen Rennsaison wieder siegfähig zu sein. Das erklärt der Weltmeister von 2009 zumindest vor dem Großen Preis von Ungarn in seiner Medienrunde. Außerdem spricht Button darüber, dass McLaren schon jetzt wichtige Grundlagen-Arbeit für die Saison 2014 verrichtet.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button ist zuversichtlich, noch 2013 wieder zu den Siegfahrern zu zählen Zoom

Frage: "Jenson, du hast 2006 am Hungaroring dein erstes Formel-1-Rennen gewonnen. Was bedeutet dir dieser Sieg heute und was hat er dir damals bedeutet?"
Jenson Button: "Dein erster Sieg in der Formel 1 ist natürlich etwas ganz Besonderes, selbst in einer langen Formel-1-Karriere. Ich mag diesen Ort. Ich habe es immer gemocht, hier Rennen zu fahren. Mit gefällt das Layout dieser Rennstrecke."

"Es ist eng und kurvenreich, es gibt aber auch ein paar unterhaltsame mittelschnelle Kurven. Die machen viel Spaß. Und ich habe natürlich beste Erinnerungen an 2006, aber auch an 2011. Damals habe ich meinen 200. Grand Prix bestritten. Dieser Ort war über die Jahre besonders gut zu mir. Hoffentlich setzt sich das an diesem Wochenende fort."

Frage: "Was ist das Erfolgsgeheimnis am Hungaroring?"
Button: "Aufgrund der Hitze wird es an diesem Wochenende auf die eine schnelle Runde ankommen. Überholen ist nicht so einfach. Daher musst du dich für eine Taktik entscheiden: zwei, drei oder vielleicht sogar noch mehr Boxenstopps? Hinzu kommt: Der Reifenverschleiß ist ziemlich hoch. Hier dürften vor allem die Hinterreifen leiden. Das macht es schwierig. Der Kurs ist auch mental sehr anstrengend, weil es keine Pause für uns Piloten gibt."

Frage: "Vor uns liegt ein sehr heißes Rennwochenende. Macht dir das Sorgen?"
Button: "Ach, das ist gut. Ich mag hohe Temperaturen und harte Rennen. Keine Ahnung, wie es dem Auto dabei ergeht, aber wir Fahrer machen genau deshalb so ein intensives Fitness-Training. Auf diese Weise kommen wir während eines so fordernden Rennens nicht in die Bredouille. Die Hitze macht es im Rennen sicherlich etwas schwieriger, die Reifen zu schonen und zu wissen, was zu tun ist. Das macht die Sache aber nur spannender. Es sollte schon okay sein."

Frage: "Werden die neuen Pirelli-Reifen die Formel 1 auf den Kopf stellen?"
Button: "Das weiß ich nicht. Ich habe sie noch nicht gefahren. Vielleicht hätte ich am Test teilnehmen sollen... (lacht; Anm. d. Red.)."


Fotos: Großer Preis von Ungarn, Pre-Events


Frage: "Was haben dir die Ingenieure über die neuen Pneus erzählt?"
Button: "Es scheint keinen allzu großen Unterschied zu geben. Wir gehen zurück auf eine Variante vom vergangenen Jahr, aber das ist kein Problem, denn damals gab es keine Probleme mit der Sicherheit. Jetzt geht es nur um die Sicherheit. Beim Test in Silverstone war es ungewöhnlich heiß."

"Es traten ein paar Blasen an den Hinterreifen auf, doch das ist nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Wir sitzen da alle im selben Boot und müssen einfach damit umgehen. Ich freue mich jedenfalls, dass wir die Probleme mit der Sicherheit gelöst haben. Es ist gut, zu sehen, dass Pirelli gute Arbeit geleistet hat, um hier die richtigen Reifen herzubringen."

Button blickt optimistisch nach vorn

"Ich weiß aber nicht, ob sich die Reifen auf einer solchen Strecke anders verhalten oder wie anders sie sein werden. Die Auflage-Fläche dieser Reifen ist größer. Das wird gewisse Auswirkungen auf das Setup haben. Und die Temperaturen sollen hier gewaltig nach oben klettern. Da werden selbst die Reifen an euren normalen Straßenautos Blasen werfen."

Frage: "Nachdem der Saisonstart aus der Sicht von McLaren nicht gerade erfolgreich verlaufen ist, hast du dich schon damit abgefunden, dass es 2013 wohl eher darum geht, möglichst viel zu lernen und Erfahrungen für 2014 zu machen?"
Button: "Nun, ja. Ich will aber trotzdem noch ein Rennen gewinnen. Und ich glaube auch, dass wir das schaffen können. Es ist kein komplett schlechtes Jahr."

"Zu Saisonbeginn hatten wir ein paar echt harte Rennen. Manchmal gab es auch gute Momente. Das Rennen am Nürburgring war für uns als Team ein guter Schritt nach vorn. Das ist gut. Wir sind aber natürlich nach wie vor nicht zufrieden damit, auf Platz fünf oder Platz sechs einzulaufen. Wir wollen wieder um Siege kämpfen. Bei der Leistung scheinen wir uns aber verbessert zu haben. Das ist sehr positiv."

"Zu Saisonbeginn hatten wir ein paar echt harte Rennen." Jenson Button

"Hier in Ungarn haben wir wieder ein paar neue Teile dabei, die uns dabei helfen sollten, der Spitze noch näher zu gelangen. Keine Ahnung, was hier für uns drin ist. Angesichts der hohen Temperaturen weiß niemand so richtig, was man erwarten kann. Wir freuen uns schon sehr auf Spa-Francorchamps. Dort wollen wir um das Treppchen kämpfen. Ich denke, das müsste drin sein. Wir kommen also langsam voran. Das große Ziel ist, in diesem Jahr noch ein Rennen zu gewinnen."

Spa als Trendwende für McLaren?

"Spa scheint, das ist der aktuelle Stand, vielleicht die beste Chance zu sein, dieses Ziel in die Tat umzusetzen. Einfach ist es nicht, denn die Formel 1 ist sehr konkurrenzfähig. Es ist nicht wie vor 20 Jahren, dass nur ein paar Teams um die Top-3-Plätze kämpfen. Heute haben viele Teams eine Chance auf das Treppchen. Dazu zählen wir noch nicht, doch es wird bald wieder so weit sein."

Frage: "Wieso rechnest du dir gerade für Spa gute Chancen aus? Weil es dort so viele schnelle Passagen gibt?"
Button: "Weil wir die Strecke verstehen und wissen, was es dort braucht. Es geht um die Aerodynamik und dergleichen. Außerdem haben wir ständig am Auto gearbeitet und sind dabei der einen oder anderen Sache auf die Spur gekommen. Eine Sache hilft manchmal gleich bei mehreren Baustellen. Es geht jedenfalls in die richtige Richtung."

"Und wenn du Probleme hast, schaust du dir jedes noch so kleine Detail an. Setzt du danach alles wieder zusammen, kann das einen großen Unterschied ausmachen. Das wird uns für 2014 zu einem stärkeren Team machen. Das sollte uns dann gut zu Gesicht stehen. Deswegen marschieren wir durch diese Talsohle. Denn dieser Weg wird uns langfristig zugutekommen."

Frage: "Wäre es in der Situation von McLaren nicht besser, das Auto für ein paar Rennen auf dem gleichen Stand zu belassen, um die Situation zu verstehen? Lenken Veränderungen nicht eher ab?"
Button: "Das meiste, was wir ans Auto geschraubt haben, waren aerodynamische Teile, um mehr Abtrieb zu generieren. Das ist nicht weiter kompliziert. Ich stimme aber zu: Es wäre falsch, etwas Schwieriges mit dem Fahrzeug anzustellen, wenn man es hinterher nicht versteht."

"Vor allem, wo wir doch so viele unterschiedliche Strecken und an einem Rennwochenende nur begrenzt Streckenzeit zur Verfügung haben, um zu testen. Uns ist aber halt wichtig, das Auto zu modifizieren. Du probierst es auf der Strecke aus. Dabei siehst du, ob sich die Vorteile auf dem Niveau bewegen, wie es der Windkanal prognostiziert hat. Klappt das, sind das gute Nachrichten - auf für die künftige Entwicklung. Wir haben diese Korrelation. Das ist gut."

Im Nachhinein sieht man immer klarer...

Frage: "Jo Ramirez, der ehemalige McLaren-Teamkoordinator, meint, es sei ein Fehler gewesen, in diesem Jahr keine Evolution des Vorjahresautos an den Start zu bringen. Was denkst du?"
Button: "Ich denke, wir wären dumm, wenn wir glauben würden, über den Winter das richtige getan zu haben. Doch rückblickend ist es natürlich leicht, zu sagen: 'Das war ein Fehler.' Ich wünschte, uns hätte schon jemand im Dezember 2012 gesagt, dass wir in die falsche Richtung gehen."

"Du wählst halt deinen Weg, weil du ihn für richtig hältst. Hätte es funktioniert, wäre unser Auto ziemlich anders designt gewesen als alle anderen Formel-1-Fahrzeuge. Wir hätten dann die Vorlage geliefert und alle anderen Teams hätten nachziehen müssen. Es war aber nicht die richtige Richtung. Das wissen wir jetzt."

"Du wählst halt deinen Weg, weil du ihn für richtig hältst." Jenson Button

"Deshalb haben wir das Auto auf aerodynamischer Seite auch komplett umgekrempelt. Es handelt sich nun um eine ganz andere Philosophie, die wir umgesetzt haben. Es geht zurück auf die Ideen, die wir im vergangenen Jahr gehabt hatten. Diesem Konzept folgen die meisten hier in der Boxengasse. Es ging früher darum, die Luft über den Seitenkasten hin zum Heckflügel und zum Unterboden-Diffusor zu leiten. Dorthin, wo du halt den Abtrieb gebraucht hast."

"Jetzt leitet man die Luft eher am Seitenkasten vorbei. Deshalb sind diese Teile auch viel taillierter. So führt man die Luft heute nach hinten. Das funktioniert gut. Bei der Entwicklung hinken wir den anderen Teams aber weit hinterher. Das ist der Grund, weshalb wir hinten liegen. Wir holen aber auf. Es wäre enttäuschend, wenn wir an einen Punkt gelangen würden, an dem wir nicht mehr weiter entwickeln könnten. Wir treiben die Entwicklung aber weiter voran."

Jede Lektion ist wichtig für 2014

"Und alles, was wir jetzt mit dem Auto anstellen, wird uns 2014 helfen. Wenn wir denken würden, dass es uns nicht helfen würde, würden wir nicht zwei Monate damit zubringen, es zu bauen. Es muss positiv für 2014 sein. Denn das ist das Jahr, in dem wir um den WM-Titel kämpfen wollen. Das schaffen wir 2013 nicht mehr. Wir wollen aber sehr wohl wieder konkurrenzfähig werden. Und am Hungaroring war McLaren meist gut unterwegs."

Frage: "Ist die Aerodynamik im kommenden Jahr denn ähnlich wie 2013?"
Button: "Nun, wir werden 2014 deutlich weniger Abtrieb haben als in diesem Jahr. Die Ideen, die wir aber in diesem Jahr haben, können uns 2014 zugutekommen. Die Autos werden weniger Abtrieb, aber mehr Leistung und mehr Drehmoment haben. Die Reifen bleiben gleich. Es dürfte interessant werden, diese Fahrzeuge zu bewegen."

Frage: "Apropos 2014: Die Formel 1 kehrt nach Österreich zurück. Was hältst du vom Red-Bull-Ring und dem Comeback der Formel 1 in der Steiermark?"
Button: "Wenn ich mich nicht irre, war dort 2003 der bis dato letzte Grand Prix. Erschreckend, wenn man bedenkt, dass wir dort schon seit zehn Jahren nicht mehr gefahren sind."

"Ich mag den Kurs. Das Layout ist ziemlich ungewöhnlich. Es gibt nur sieben oder acht Kurven. Das ist ungewöhnlich, aber es funktioniert. Es gibt gute Überhol-Möglichkeiten vor den Kurven eins und zwei, vielleicht auch vor Kurve drei. DRS könnte das begünstigen. Der Kurs macht Spaß und die Fans lieben die Strecke. Was mit den Auslaufzonen passiert, weiß ich nicht."

"Mir persönlich wären Kiesbetten lieber, nicht immer nur Asphalt. Ich bin mir sicher, das wird alles noch bedacht. Es ist auf jeden Fall eine Strecke der alten Schule, und eine tolle noch dazu. Sie erinnert mich an die großartigen Kurse, auf denen du bis ans Limit gehen konntest. Sobald du aber über dem Limit fuhrst, bist du von der Linie abgekommen und hast Zeit verloren. Das liebe ich an den alten Strecken."

Sicherheit hat Priorität

"Natürlich versuchen wir, die Sicherheit zu verbessern. Das nimmt aber ein bisschen den Reiz, denn wenn du mal über dem Limit bist, kehrst du einfach zurück auf die Strecke und machst weiter. Das ist heute einfach ein anderes Fahren. Ich hoffe daher, die Strecke ist dann so, wie sie beim letzten Mal war. Ich bin vielleicht schon im September mal wieder in Österreich, auf Einladung von einem Freund."

Frage: "Wie bewertest du aus der Sicht der Fahrer-Gewerkschaft (GPDA) die Neuregelungen in der Boxengasse, also zum Beispiel die herabgesetzte Geschwindigkeit? Und sind die Boxenstopps heute zu schnell? Stehen die Mechaniker oder alle Beteiligten zu sehr unter Druck?"
Button: "Wir stehen da nicht zu sehr unter Druck. Das ist schon okay. Wir wechseln ja aber auch nicht die heißen Reifen. Für die Mechaniker ist es ziemlich heftig."

"Die schnellen Boxenstopps sind zu einem wesentlichen Bestandteil des Sports geworden. Sie sind der Schlüssel, ob du eine Position gewinnst oder verlierst. Ich weiß es nicht. Es ist ein spannender Aspekt an diesem Sport. Motorsport ist gefährlich. Das wissen wir alle. Vor allem in der Boxengasse. Früher gab es kein Speedlimit in der Boxengasse, jetzt haben wir eines. Das ist ein guter Fortschritt."

"Motorsport ist gefährlich. Das wissen wir alle." Jenson Button

"Die Boxenstopps sind mittlerweile unheimlich schnell. Die Gefahr besteht, dass sich mal ein Reifen selbstständig macht. Was beim vergangenen Rennen passiert ist, war furchtbar. Der Grund, warum die Boxenstopps heute so schnell sind, ist, dass wir nicht mehr nachtanken."

Urlaub in Europa

"Wir haben etwas weggenommen, was die Leute für eine Gefahr hielten - das Nachtanken. Jetzt haben wir schnellere Boxenstopps. Ich würde sagen: Lasst uns wieder nachtanken, damit ist das Problem gelöst. Das hat viel mehr Spaß gemacht. Ich bin mir sicher, dass man auch das Nachtanken sicherer gestalten kann."

Frage: "Welche Pläne hast du für die Sommerpause?"
Button: "Die Sommerpause? Nun, vorher haben wir ja noch ein Rennen zu fahren. Ich denke, wir sollten eher darüber reden. In der Sommerpause werde ich wegfahren, dieses Mal aber in Europa bleiben. Irgendwo."