• 21.08.2002 10:28

  • von Marcus Kollmann

Burti: Als Testfahrer wird einem viel abverlangt

Der Brasilianer gibt im Gespräch interessante Einblicke in seine Arbeit und spricht über seine Verantwortung als Ferrari-Testfahrer

(Motorsport-Total.com) - Für Luciano Burti ist das dritte Jahr seiner Formel-1-Karriere bislang das erfolgreichste gewesen und dass obwohl der Brasilianer nicht direkt am Kampf um die Formel-1-Weltmeisterschaft teilgenommen hat. Während Schumacher, Barrichello und Co. alle zwei Wochen in einem der insgesamt 17 Grand Prix gegeneinander antreten und es für die 22 Fahrer des diesjährigen Starterfeldes um alles oder nichts geht, kann Burti ganz entspannt das Renngeschehen verfolgen - entweder in der Box vor Ort oder im Fernsehen.

Titel-Bild zur News: Barrichello, Schumacher, Burti

Burti hat gelernt sich über Schumachers und Barrichellos Siege zu freuen

Seit der heute 27 Jahre alte Pilot in der Saison 2000 als Jaguar-Testfahrer tätig war und für den erkrankten Irvine beim Großen Preis in Österreich einsprang, hat sich für ihn viel getan. In der Saison 2001 ging Burti vier Rennen lang an der Seite von Eddie Irvine an den Start, bevor er mitten in der Saison zu Prost wechselte, wo er Jean Alesi und Heinz-Harald Frentzen zum Teamkollegen hatte. Sein Unfall während des Großen Preises von Belgien schien zunächst das Aus seiner Karriere in der Königsklasse zu bedeuten. Nachdem sich Burti jedoch von den Folgen seines Crashs erholt hatte, unterschrieb er bei Ferrari, wo man nach einem guten Testfahrer suchte, um sich für die Saison 2002 vorzubereiten.

Während Michael Schumacher und Rubens Barrichello im Laufe einer Formel-1-Saison 17 Mal im Mittelpunkt des Interesses stehen und weltweit Millionen von Fans mitverfolgen wie sich die Piloten der Scuderia Ferrari schlagen, bleibt Testfahrer Burti eher im Hintergrund und trägt durch seine Arbeit im Vorfeld der Rennwochenenden dazu bei, dass der Bolide und die Reifen noch konkurrenzfähiger werden. Burtis öffentliche Auftritte beschränken sich im Gegensatz zu denen der beiden Stammfahrer auf ein paar Veranstaltungen, wie zum Beispiel dem Besuch des Marlboro Masters in Zandvoort, wo er vor elf Tagen zur Freude der Besucher im F2001 ein paar wilde Dreher hinlegte.

Exzellentes technisches Verständnis ist gefragt

Dass Ferrari in diesem Jahr Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaft so früh wie nie zuvor gewinnen konnte, erfüllt Burti mit Stolz, schließlich hat auch er neben Testfahrerkollege Luca Badoer großen Anteil daran. "Um ein guter Testfahrer zu sein muss man das Fahren an sich lieben, nicht nur das Rennfahren oder in den Medien präsent zu sein, denn die meiste Zeit ist unsere Arbeit topsecret und findet ohne Kameras und Konkurrenten statt, denn unsere Aufgabe ist es neue Teile zu entwickeln die vielleicht dabei helfen ein Rennen oder die Meisterschaft zu unseren Gunsten zu entscheiden", erklärt Burti auf seiner Homepage seine Arbeit. "Um ein guter Testfahrer zu sein, bedarf es eigentlich nur der Freude die man empfindet ein Rennauto schnell fahren zu können und eines exzellenten Verständnisses über die technischen Teile. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, was aber nicht nur für Testfahrer sondern allgemein für alle Rennfahrer gilt, dass man sich seiner Arbeit total hingeben können muss. Für mich bedeutet das, dass ich bei den Rennen vor Ort bin und die Weiterentwicklung des Autos ständig verfolge, sodass ich besser verstehen kann auf welche Bereiche ich mich stärker konzentrieren muss, um das Auto für die Rennen konkurrenzfähiger zu machen", schildert der Brasilianer, der oftmals, selbst wenn er persönlich gerade testfrei hat, den Versuchsfahrten der Scuderia beiwohnt.

Unterschiede zwischen der Arbeit eines Test- und eines Stammpiloten sind gering

Viele Formel-1-Fans stellen sich die Frage, worin denn nun der Unterschied zwischen einem Stammfahrer und einem Testfahrer eines Teams besteht. Burti gibt auf diese Frage eine Antwort: "Ich sage immer, dass, ganz im Gegensatz zu dem was die meisten Leute denken, der einzige Unterschied darin besteht nicht an den Rennen teilzunehmen. Es klingt vielleicht etwas komisch, doch dieses Jahr habe ich gelernt mich über die Siege anderer Fahrer zu freuen", lässt der 27-Jährige wissen, dass er seine Arbeit mag und sich über die Erfolge von Michael Schumacher oder Rubens Barrichello freuen kann.

Beanspruchung bei den Testfahrten mitunter weitaus höher als in einem Rennen

Dass das Ferrari-Team im Kampf um die Verteidigung der beiden Weltmeisterschaftstitel nichts unversucht lässt, haben die vielen Testfahrten in dieser Saison bereits eindrucksvoll gezeigt. "Ich kann garantieren, dass die Arbeit eines Testfahrers sich im Grunde nicht von der eines Stammfahrers unterscheidet. Bei meinen Testfahrten simuliere ich Starts, die Qualifikation, führe Boxenstopps durch und fahre Renndistanzen. Die körperliche Beanspruchung eines Testpiloten ist manchmal sogar höher als die eines Stammfahrers. Während eines Rennens fahren sie ungefähr 300 Kilometer, doch ich habe an einem einzigen Testtag für Ferrari schon über 500 Kilometer abgespult. Und diese Testfahrten erstrecken sich mitunter auf bis zu fünf Tage, weshalb einem als Fahrer viel abverlangt wird. In diesem Jahr habe ich schon über 12.000 Testkilometer für Ferrari zurückgelegt", gibt Burti einen tieferen Einblick.

Während viele Rennfahrer davon träumen einmal für Ferrari testen zu dürfen, haben die Testfahrer ganz andere Träume. Für Luciano Burti erfüllte sich zuletzt beim Marlboro Masters einer. "Ich traf die Rennfahrer des Marlboro Motorrad-Teams, Carlos Checa, Biaggi und Randy Mamola, einem meiner Idole. Viele mögen es nicht wissen, doch meine Liebe zum Motorsport begann mit dem Motorradrennsport. Meine Eltern fanden das aber immer zu gefährlich, weshalb ich die zwei Räder gegen vier Räder eintauschte und 1991 mit dem Gokart-Sport begann. Damals wusste ich noch nicht, dass die Aufgabe des Motorradrennsports mich in die Formel 1 führen würde."