• 31.03.2005 18:39

Briatore: "Um die anderen Teams schere ich mich nicht"

Der Renault-Teamchef über den tollen Saisonstart, die Stimmung im Team und den aktuellen Zustand der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Flavio, das war ein ziemlich guter Saisonstart für dein Team..."
Flavio Briatore: "Ich denke das auch, ja. Wir waren in diesem Winter konkurrenzfähig und gingen davon aus, dass wir auf dem Podium stehen würden, wir hatten aber nie erwartet, dass wir so stark sein würden. Wir dominierten das erste Rennen mit Giancarlo und das zweite mit Fernando. Wir erwarteten jemand anderes stärker, aber es ist eine Überraschung, McLaren und Ferrari nicht so stark zu sehen. Das ist eine große Überraschung."

Titel-Bild zur News: Ecclestone und Briatore

Bernie Ecclestone im Gespräch mit Renault-Teamchef Flavio Briatore

Frage: "Es ist natürlich noch sehr früh in der Meisterschaft, aber wen siehst du als deine größten Rivalen an?"
Briatore: "Ich weiß es nicht. Nicht wirklich. Manche Teams haben neue Autos, mal sehen, was passiert. Wir reden davon, dass wir das alte Auto verwenden, aber in einem Rennen hatte Fernando ein Problem und wurde von Jarno im Toyota herausgefordert und Fisichella wurde von einem Red Bull gejagt. Das ist das, was wir im Moment sehen."#w1#

Die Stimmung bei Renault stimmt

Frage: "Wie ist es im Moment um die Stimmung im Team bestellt?"
Briatore: "Weißt du, die Atmosphäre bei Renault ist immer gut. Im letzten Jahr war die Stimmung sehr gut, auch wenn wir ein sehr schwieriges Auto hatten und im letzten Jahr gab es zudem ein wenig Kritik an Fernando, soweit ich mich erinnern kann - weißt du, ich habe eine sehr lange Erinnerung an dieses Geschäft - und in diesem Jahr ist alles perfekt."

"Vergangenes Jahr hat Fernando einen unglaublichen Job hingelegt so wie das Jarno zu Beginn getan hat, da das Auto sehr schwierig zu fahren war und wir Chancen in Kanada und Spa verpasst haben, als wir Probleme hatten."

"Das Team war schon vergangenes Jahr stark. Klar hat Ferrari alle dominiert, aber ich denke nicht, dass dies nur am Auto lag. Ich denke, dass auch die Reifen ihr großer Pluspunkt waren. Das Auto ist in diesem Jahr das gleiche. Was wir verändert haben, ist, dass Michelin diesen Winter sehr gute Arbeit geleistet hat und wir uns Ferrari und Bridgestone geschnappt haben."

"Die Atmosphäre im Team ist aber gleich. Klar, zwei Rennsiege bedeuten, dass in der Fabrik mehr Enthusiasmus herrscht und die Leute noch härter arbeiten, um diese Position zu halten, um in der Lage zu sein, Fernando und Giancarlo das richtige Auto zur Verfügung zu stellen, mit allen anderen mithalten zu können."

"Weißt du, wir sind ein sehr junges Team und die Stimmung in unserem Team war schon immer sehr gut gewesen. Wir hatten nie eine Verschlechterung, die Fahrer sind kollegial. Sie waren kollegial, Jarno und Fernando und nun sind Fernando und Fisichella kollegial. Es ist ein wirklich glückliches Team. Das war auch schon vorher so gewesen."

"Das ist ein Ergebnis vieler Arbeit, die von beiden Seiten in Paris und London erledigt wird, aber es ist das Ergebnis von allem. Die Fahrer haben sich verbessert, Fernando verfügt über ein weiteres Jahr an Erfahrung, er ist noch jung und Fisichella kommt mit einem komplett anderem Geist und einer komplett anderen Herangehensweise zu uns. Im Moment sind wir sehr glücklich."

Briatore freut sich auf die Duelle seiner Fahrer

Frage: "Denkst du, dass der Moment kommen musst, an dem du beide Fahrer managen musst, wenn sie vielleicht gegeneinander fahren? Das ist doch eine sehr schöne Situation..."
Briatore: "Ich mag diese Art von Situation. Aber weißt du, wenn man das hat... Ich habe schon immer gesagt, dass der Kopf wichtig ist. Wir haben zwei sehr intelligente Fahrer und beide fahren für das Renault-Team. Ich denke, dass dies ein sehr gutes Problem ist, es ist zudem magisch, wenn zwei Fahrer gegeneinander fahren. Das würde heißen, dass wir den Konstrukteurstitel schon in der Tasche haben und dann ist es ziemlich normal, dass man zwei Fahrer hat, die gegeneinander fahren. Wir fahren Rennen immer noch als Sport und Teamorders sind verboten, aber es ist wirklich schön, zwei Rennfahrer im Team zu haben und nicht nur einen."

"Die Formel 1 ist sehr komplex"

Frage: "Wie konservativ war das Team in den ersten beiden Rennen gewesen?"
Briatore: "Ich weiß es nicht. Das Team hat es wirklich probiert. Wir sind mit Renault mit 100 Prozent in der Formel 1 angekommen und in jedem Jahr sagen wir, dass wir einen Schritt machen. Ich glaube, dass das, was wir im Moment vorfinden, der Lohn der Arbeit über die letzten vier Jahre hinweg ist. In der Formel 1 kommt nichts von alleine, sie ist sehr komplex, eine Menge Leute arbeiten daran, ein schnelles Auto herzustellen. Das Team kennt die Leistung, die wir in diesen beiden Rennen hatten und die ist sehr gut, denn wir verlangen von den Leuten in der Fabrik sehr viel. Und wenn man sehr, sehr schlecht oder sehr, sehr gut ist, dann ist Zweiteres besser, da bin ich mir sicher."

"Ich meine, ich glaube, es ist großartig, die Leute lächeln zu sehen, wenn man am Montag im Büro ankommt. Es ist eine Überraschung, aber es ist schön, dass dies eine Überraschung ist. Dies ist ein ziemlich ideales Team, die zwei Fahrer zusammen, und alle haben gesehen, dass die zwei Fahrer zusammenarbeiten, die Leute verbringen eine Menge Zeit zusammen und sie wollen in der Pressekonferenz nichts vorspielen, indem sie sagen, dass sie glücklich sind, wenn sie es nicht sind. Und das ist großartig."´

Um die anderen Teams schert sich Briatore nicht

Frage: "Stimmt es, dass es dich nicht interessiert, was Ferrari tut?"
Briatore: "Ich schaue wirklich nach meinem eigenen Team, denn ich bin nicht für Ferrari verantwortlich und ich schaue nach unserem Team, nach unserer Garage, nach unseren Fahrern. Wie ich schon zuvor gesagt habe, hatten wir in Malaysia die Toyota hinter uns und in Australien hatten wir die Red Bull und wir schauen nicht auf sie. Wir fahren unser eigenes Rennen und tun das Mögliche. Wenn jemand vor uns ist, jemand besser, schneller oder was auch immer ist, dann konzentrieren wir uns dennoch auf unser Team. Ich schere mich nicht um die anderen Teams."

Briatore erneuert Forderung nach einer besseren Schau

Frage: "Du hast vor ein paar Wochen gesagt, dass sich die Formel 1 darum kümmern muss, wie sie die Schau besser machen kann und für die Fans interessanter gestalten kann. Inwiefern glaubst du, könnte die Tatsache der Popularität der Formel 1 helfen, dass die Ferrari keine Rennen gewonnen und Renault gut abschnitten und Red Bull und Toyota direkt hinter euch waren, helfen?"
Briatore: "Mit Sicherheit ist es im Moment für uns viel interessanter als im letzten Jahr! Das verändert für uns wirklich eine ganze Menge. Die Formel 1 ist ein großer Fernsehevent, es ist das Rennen, es ist der Sport. Über was ich vor zwei Wochen gesprochen habe war, die Formel 1 auf die Sportseiten und nicht auf die Finanzseiten zurück zu bringen. Die Zeitungen schreiben über die Meisterschaft von 2008, wer diese managt, das Geld oder was auch immer."

"Ich glaube, dass die Formel 1 ein Sport ist, wir haben ein Auto, wir haben einen Fahrer, die Leute wollen ein Rennen sehen, sie wollen nicht wissen, wie viel Renault ausgibt, wie viel Ferrari oder Toyota ausgeben. Die Leute wollen ein Rennen sehen. Darum geht es hier. Wenn man die Regeln so gestaltet, dann wird das Rennen besser."

"Vielleicht ändert sich dadurch die Aerodynamik, aber das wäre dann für alle der Fall. Die Leute wollen ein Rennen sehen, sie wollen Überholmanöver sehen. Ich glaube, dass das Rennen in Australien, wo Fernando als 14. oder 13. losgefahren ist, und er viele Autos überholt hat - so etwas wollen die Leute sehen. Wenn man sieht, dass dies großartig für den Sport ist, dann ist es auch großartig für unser Geschäft. Das meinte ich. Wir konzentrieren uns auf unseren Event, einen großen TV-Event, es ist wichtig, dass man das Spektakel im Rennen verbessert."

Frage: "Und denkst du, dass die Tatsache, dass es nicht danach aussieht, als würde Ferrari alle Rennen gewinnen, dabei helfen wird, denn es wurde sich ja beschwert, dass dies nun schon so lange so geht?"
Briatore: "Ich sage nicht, dass es für die Formel 1 besser ist, wenn Renault gewinnt. Ich habe nur gesagt, dass die Tatsache, dass Ferrari nicht gewinnt, eine gute Neuigkeit ist. Denn im letzten Jahr habt ihr Jungs mir gesagt, wie langweilig es ist, wenn Ferrari wie gewöhnlich Erster und Zweiter ist, oh mein Gott, Schumacher erneut, oh mein Gott, in diesem nicht so viele oh mein Gotts. Und ich denke, dass dies großartig ist. Das ist was die Medien sagen, nicht ich. Ich lese dies in den Zeitungen von euch Jungs. Ich habe gesehen, dass im letzten Jahr jeder gesagt hat, bloß nicht wieder Ferrari. In diesem Jahr ist das nicht so, in diesem Jahr geht es interessanter zu, denn die Leute wollen sehen, was passieren wird."

Frage: "Und wie fühlst du dich selbst?"
Briatore: "Ich fühle mich großartig, wie jeder im Team. Es war schwierig, als ich 2001 in die Formel 1 zurückkehrte, zu erwarten, dass Renault 2005 zu den Top-Teams gehört. Ich weiß, dass das noch nicht erledigt ist, denn wir haben noch nichts, wir haben zwei Rennen gewonnen. Aber zumindest sind wir sicher, dass Renault zu den Top-Teams gehört. Wir waren 2004 Dritter, ich hoffe, dass wir in diesem Jahr besser abschneiden werden als vergangenes Jahr. Man muss glücklich sein, wenn man den Job erledigt und ich habe eine schöne Umgebung um mich herum. Darüber bin ich glücklich."