• 23.05.2002 12:25

  • von Reinhart Linke

Brawn: In Monaco ist alles möglich

Im Gespräch mit Ferrari-Technikdirektor Ross Brawn über die Schwierigkeit, in Monte Carlo ein Formel-1-Rennen auszutragen

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix von Monaco stellt an alle beteiligten erschwerte Arbeitsbedingungen. Während die Fahrer mit dem engen Kurs klarkommen müssen und möglichst nirgendwo anschlagen dürfen, haben die Mechaniker in der engen Boxengasse kaum Platz zum arbeiten und müssen sogar auf eine richtige Box verzichten. Dennoch glaubt Ferrari-Technikdirektor Ross Brawn: "Das größte Problem sind die Begrenzungen. Wenn ein Fahrer nur einen kleinen Fehler macht und er stark einschlägt, ist der Tag komplett gelaufen."

Titel-Bild zur News: Ferrari-Box

In Monte Carlo sind die Autos in Zelten untergebrach

Brawn: "Monaco ist heute eine richtige Herausforderung"

Besonders wichtig ist, dass man zunächst einmal ein grundlegendes Setup im Freien Training erarbeitet, welches in Monte Carlo bereits am Donnerstag stattfindet. "Vor einigen Jahren hätten sie das Auto voll mit Treibstoff gepackt und der Fahrer würde Runde um Runde schneller werden", weiß der Brite. "Jetzt ist es eine richtige Herausforderung, um ein schnelles Auto abzustimmen, was bedeutet, dass das Auto exakt eingestellt sein muss."

Gefürchtet wird auf dem 3,370 Kilometer langen Kurs von allen Fahrern vor allem das Untersteuern, da sie so nicht optimal in die zahlreichen Kurven einlenken können. "Ein Fahrer kann mit Untersteuern in Monte Carlo nicht leben", weiß der 47-Jährige Technische Direktor. "Ein Fahrer muss dort in der Lage sein, genau zu fahren, besonders wo er schnell unterwegs ist. Die Strecke ist holprig und hat eine Menge schlechte Unebenheiten, die bedeuten, dass das Auto nie perfekt in Monaco liegt. Es ist immer ein Kompromiss, in dem man in einigen Kurven Leistung opfern muss, um in einigen kritischen Ecken mehr Leistung zu haben."

Das Setup muss in Monaco oft verändert werden

Um ein Auto gut abzustimmen, wird der Fahrer im Fürstentum mehr gefordert als auf anderen Strecken. "Michael fährt nur drei oder vier Runden und studiert anschließend zusammen mit den Ingenieuren und Datenanalytikern die Zahlen, um das Auto zu verbessern", weiß Ross Brawn. "Es ist ein Job, der schwieriger ist, weil wir in Monaco keine direkte Verbindung zum technischen Lkw haben."

Nachdem die Fahrer am Donnerstag häufig eine gute Abstimmung für den Straßenkurs gefunden haben, bedeutet dies jedoch nicht, dass man damit auch am Samstag fahren kann. "Man kann mit dem Auto am Donnerstag glücklich sein und wenn man dann am Samstag, nachdem es geregnet hat oder der öffentliche Straßenverkehr über die Piste gefahren ist, wieder rausgeht, muss man die Einstellungen meist wieder neu finden", erläutert der Brite.

Ferrari mit leichterem Bremssystem in der Qualifikation

Für das Qualifikationstraining am Samstag wird Ferrari die F2002 etwas umbauen. "Wir bauen im Qualifikationstraining ein besonders leichtes Bremssystem ein, ansonsten ist das Auto das selbe", so der Technikdirektor weiter. "Es ist für mich immer erstaunlich, wenn ein Fahrer nach einem Versuch im Qualifikationstraining an die Box zurückkommt und es Spuren an den Reifen gibt, wo der Fahrer die Leitplanken berührt hat. Dann wird die Aufhängung überprüft und meist ist alles perfekt. Allerdings haben wir immer eine Menge Ersatzteile in der Box."

Michael Schumacher konnte in Monte Carlo schon fünf Siege (1994, 1995, 1997, 1999 und 2001) feiern. Ausgefallen ist der 33-Jährige nur 1993 (Hydraulik), 1996 (Unfall) und 2000 (Aufhängungsschaden nach Auspuffbruch). 1992 belegte der vierfache Weltmeister im Monaco-Grand-Prix Position vier und 1998 nach einigen Schwierigkeiten Platz zehn.

Unterdessen wurde Rubens Barrichello 1997, 2000 und 2001 in Monte Carlo jeweils Zweiter. Ausgefallen war der Paulista 1994 (Elektrik), 1995 (Gaspedal), 1996 (Unfall) und 1998 (Aufhängung). 1993 und 1999 belegte der seit (dem heutigen) Donnerstag 30 Jahre alte Brasilianer jeweils Platz neun.

Ross Brawn hat in Monte Carlo jedoch genug erlebt um zu wissen, dass Vorjahresergebnisse nichts zählen: "Man muss in Monaco immer mit etwas unerwartetem rechnen."