BMW WilliamsF1 Team steht zur Front der neun Teams

Mario Theissen und Frank Williams sind sich einig, dass nur eine breite Front aller Teams außer Ferrari wirklich etwas verändern kann

(Motorsport-Total.com) - Auf zwei grundsätzlichen Ebenen spielt sich momentan das leidige Diskussionstheater um die Zukunft der Formel 1 ab: Einerseits geht es um die frühzeitige Unterschrift von Ferrari unter das Concorde Agreement und die geplante Alternativserie der Automobilhersteller, andererseits um die freiwillige Testbeschränkung auf 30 Tage, die neun von zehn Teams durchziehen wollen.

Titel-Bild zur News: Frank Williams und Mario Theissen

Frank Williams und Mario Theissen sind für eine breite Front gegen Mosley

Dass sich Ferrari momentan von den restlichen Rennställen isoliert - oder umgekehrt, je nach Betrachtungsweise -, hat die Spaltung der Formel 1 erst richtig ins Rollen gebracht, weil so erstmals echte Solidarität zwischen den anderen neun Teams und den involvierten Automobilherstellern ausgelöst wurde. Nun steht man vor dem Dilemma, dass die neun Teams ohne Ferrari ebenso machtlos sind wie Ferrari ohne die neun Teams.#w1#

Ferrari würde fehlen? Nach Lotus schreit auch niemand mehr...

Dennoch sieht sich die 'GPWC'-Fraktion momentan in der besseren Ausgangsposition: "Wenn Sie 20 oder 25 Jahre zurückdenken", erklärte BMW Motorsport Direktor Mario Theissen am Montag in München am Tisch mit 'F1Total.com', "wenn damals jemand gesagt hätte, was die Formel 1 ohne Lotus wäre, wäre es eine ähnliche Situation gewesen. Heute schreit niemand mehr nach Lotus." Genau dasselbe könnte nun auch mit Ferrari eintreten.

Aber: "Was die Hersteller und die Teams derzeit ausarbeiten, geht nicht gegen Ferrari. Ferrari ist selbstverständlich eingeladen, da auch dabei zu sein. Es ist sicher richtig, dass Ferrari sehr große Verdienste um die Formel 1 hat. Es ist auch richtig, dass sie am längsten von allen Teams in der Formel 1 sind, aber das darf nicht dazu führen, dass die Formel 1 zu einer Formel Ferrari wird. Es muss schon so sein, dass alle Teams unter gleichen Rahmenbedingungen starten", sagte er.

Der Vorstoß von Ferrari, quasi im Alleingang mit FIA und Bernie Ecclestone ein neues Concorde Agreement zu unterschreiben, "hat uns alle überrascht", so der Deutsche. Und: "Das hat dazu geführt, dass sich alle anderen solidarisiert und darauf verständigt haben, sich an einen Tisch zu setzen und die künftige Führung des Grand-Prix-Sports zu definieren. Das war vorher nicht da", erläuterte er die derzeitige Situation.

Williams: Ecclestone das geringere Übel als Mosley

Auch BMW WilliamsF1 Teamchef Frank Williams steht auf Theissens Seite: "Wir alle haben realisiert, dass der beste Weg, unsere Rechte zu verteidigen und überhaupt zu überleben, ist, zusammenzuhalten und uns zu solidarisieren", wird er von britischen Medien zitiert. "Bernie hat uns immer ausgenutzt, indem er uns gegeneinander ausgespielt und dadurch bessere Verträge zustande gebracht hat."

Gegenstand des allgemeinen Ärgers ist aber weniger Ecclestone, sondern vielmehr FIA-Präsident Max Mosley, der in Sachen Reglement einen spektakulären Alleingang veranstaltet hat und damit den Teams und vor allem den Herstellern kräftig auf die Füße getreten ist. Williams: "Wenn Bernie die Formel 1 führen würde, wäre es okay. Es gibt keine Beweise, dass Max mit Geld bestochen wird, aber er wird mit Macht bestochen. Er hat die Kontrolle. Wenn man sich gegen ihn zur Wehr setzt, kann er aufstehen und einem ganz schön schaden."

Nicht einmal in den 80er-Jahren, als der Präsident der damaligen Sporthoheit, der FISA, Jean-Marie Balestre, gegen die Teams mobil gemacht hat, sei die Atmosphäre so vergiftet gewesen, fuhr der 62-jährige "Rollstuhl-General" gegenüber der Nachrichtenagentur 'Reuters' fort: "Wie das alles gerade läuft, ist sehr ungesund. Nicht einmal mit Max' Vorgänger, Balestre, war es so schlimm, denn er hat sich nicht so stark ins Tagesgeschäft eingemischt."

Auch bei den Testbestimmungen weiter keine Einigkeit

Doch trotz aller Solidarität gegen die Obrigkeiten schaffen es die Teams nicht, eine einheitliche Testbestimmung für 2005 abzusegnen. Neun Rennställe haben sich auf ein freiwilliges 30-Tage-Limit verständigt, während Ferrari das volle Kontingent von 48 Tagen ausschöpfen will. Die Konkurrenz freilich will die Italiener mit medialem Druck umstimmen, weil man jeden Ferrari-Sieg mit dem Argument anschwärzen kann, dass mit unlauteren Mitteln gekämpft wird.

Honda hat sich gegen dieses Gentleman's Agreement lange gewehrt, ist nun aber an Bord, wie Theissen bestätigte: "Honda waren die Letzten, die unserer Aussage zugestimmt haben, aber die sind jetzt auch auf 30 Tage runtergegangen. 30 Tage heißt 30 Tage zwischen erstem und letztem Rennen. Heute sind es 48 Tage. Ich wüsste nicht, dass gegen die 30 Tage jemand etwas einzuwenden hat. Ursprünglich war der Vorschlag sogar 24 Tage, aber auf die 30 hat man sich schlussendlich geeinigt."

Große Hoffnungen setzt man nun in eine Marktanalyse, die kürzlich in Auftrag gegeben worden ist. Weil es die neun Teams ohne Ferrari nicht für sinnvoll halten, vor der Auswertung dieser Studie über das Reglement zu diskutieren, werden derzeit alle FIA-Meetings boykottiert. Wie lange es dauern wird, bis sich endlich wieder einmal alle Parteien an einen Tisch setzen, ist derzeit nicht abzusehen, im Sinne des Sports wäre aber eine baldige Wiederaufnahme des konstruktiven Dialogs wünschenswert.