• 22.06.2005 20:56

BMW und Sauber: Interview mit Burkhard Göschel

Burkhard Göschel, BMW Vorstand für Einkauf und Entwicklung, auf der Pressekonferenz zum Aufkauf des Formel-1-Teams Sauber

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Am Dienstag gab es wieder eine Vorstandssitzung bei BMW. Das Thema Formel 1 stand, wie schon häufig, auf der Tagesordnung. Doch gestern wurde eine Grundsatzentscheidung getroffen, welche?"
Burkhard Göschel: "Der Vorstand hat gestern entschieden, dass BMW sein Formel-1-Engagement neu ausrichtet. Wir haben entschieden, dass wir Mehrheitsanteile am Schweizer Team Sauber erwerben. Das bedeutet, dass wir schon ab 2006 mit einem von BMW geführten Team in der Formel-1-Weltmeisterschaft starten. In der Geschichte von BMW ist dies das erste Mal, dass wir in Eigenregie in der Formel 1 antreten. Wir übernehmen damit, um unsere Erfolgschancen zu verbessern, die Gesamtverantwortung für Motor und Chassis - also das komplette Fahrzeug und für das komplette Formel-1-Team. Auf der anderen Seite bedeutet das, dass wir natürlich auch die Saison 2005 mit voller Konzentration mit WilliamsF1 betreiben. Wir als BMW würden uns freuen, wenn WilliamsF1 auch in Zukunft mit BMW Motoren fahren würde. Da gibt es sicher ein Angebot von unserer Seite."#w1#

Titel-Bild zur News: Burkhard Göschel, BMW Vorstand für Einkauf und Entwicklung

Göschel: BMW möchte die eigenen Siegchancen in der Formel 1 verbessern

Frage: "Welche Bedeutung hat diese Entscheidung für BMW?"
Göschel: "Für uns ist dies ein langfristiges Bekenntnis zu dieser Form des Motorsports. Und wir erwarten, dass es auch mit eventuellen Umstrukturierungen in der Formel 1 oder einer Nachfolgeorganisation diese Serie geben wird. Es wird immer, das ist unser Glaube und unsere Einschätzung, eine 'Königsklasse' im Motorsport geben. Die Königsklasse ist für uns die Demonstrationsmöglichkeit für unsere Kompetenz als Automobilhersteller. Wir werden Sauber als eine rechtlich eigenständige Firma mit Anbindung zu BMW Motorsport behalten."

Frage: "Wann rechnen Sie mit den ersten Erfolgen des neuen Teams?"
Göschel: "Wir erwarten nicht den Erfolg aus dem Stand, das kann man nicht erwarten. Aber wir haben ja immer das langfristige Ziel, unsere Leistung zu verbessern und den Weltmeistertitel zu erreichen. Wir haben großes Vertrauen in unsere bisher zwei Mannschaften, einmal in das Motorenteam um den Herrn Theissen, und auch in das Team, das wir jetzt übernehmen, das Team von Herrn Sauber. Beides zusammen schätzen wir als ein großes Erfolgspotenzial ein."

Frage: "Wie viele Anteile am Team haben Sie genau erworben? 'Credit Suisse' soll in den nächsten Jahren die eigenen Anteile ja abstoßen. Und wie viel wurde für diesen Anteil gezahlt?"
Göschel: "Wir sind von Anfang Mehrheitsaktionär, und der Anteil der 'Credit Suisse' wird sich im Laufe der Jahre verringern. Aber wir sind daran interessiert, dass wir auch längerfristig nicht der alleinige Besitzer des jetzigen Sauber-Rennstalls sind."

BMW möchte die Siegchancen verbessern

Frage: "Wie schwer hat sich der Vorstand von BMW mit dieser Entscheidung getan, und wie heftig wurde darüber diskutiert, den umgekehrten Weg zu gehen, nämlich die Formel 1 zu verlassen?"
Göschel: "Man kann sich eines nicht vorstellen, nämlich das, dass BMW keinen Motorsport betreibt. Das war auch der Grund unseres ersten Einstieges, wir wollten in die Spitzenklasse des Motorsports. Das war die Hauptmotivation unserer Partnerschaft mit WilliamsF1. Wir haben uns entschlossen, die Siegchancen zu verbessern, weil ja das Gesamtfahrzeug die Siegchancen wesentlich stärker beeinflusst. Dann war es für uns der richtige Schritt, dass wir gesagt haben, wir übernehmen ein Team. Dass es Sauber ist, das hat seine Gründe, von der Kompetenz her, von der Art der Zusammenarbeit. Aber der Vorstand hat natürlich abgewogen, weil es doch ein großes Engagement ist - ist es ja nicht wenig. Aber wir wollen Motorsport betreiben, wir glauben an die Formel 1. Wir glauben, dass es auch in Zukunft einen Spitzensport im Motorsport geben wird, trotz allem was so nebenher passiert. Das war letztendlich auch der entscheidende Grund, hier als BMW technische Kompetenz zu zeigen. Daher sind wir diesen Weg gegangen."

Frage: "Sie wollen die Firma also weiterhin als eigenständige Firma in Hinwil betreiben. Haben sie Herrn Sauber eine Garantie gegeben, dass der Standort in Hinwil sehr langfristig erhalten bleibt?"
Göschel: "Wir wollen Hinwil ausbauen. Wir denken also nicht daran, das zu schließen - ganz im Gegenteil. Das betrifft die Anlagen und auch den Windkanal, aber das wichtigste Kapital sind die Mitarbeiter. Wir investieren auch in die Mitarbeiter in Hinwil und wir wollen den Standort auch in Zukunft erhalten."

Frage: "Wer bezahlt diese Übernahme? Werden die Straßenautos von BMW jetzt teurer?"
Göschel: "Wir haben ja eine ganz andere Strategie. Wir machen Motorsport, um erfolgreich zu sein und dort unsere technische Kompetenz zu zeigen. Das bedeutet am Ende des Tages, das wir Autos verkaufen wollen."