• 22.06.2005 16:49

BMW und Sauber: Interview mit Peter Sauber

Im Rahmen der heutigen Pressekonferenz in München äußerte sich Teamchef Peter Sauber zum Verkauf seines Lebenswerks an BMW

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Herr Sauber, willkommen in München! Wie waren die Reaktionen in der Schweiz?"
Peter Sauber: "Die Reaktionen waren sehr, sehr positiv, genau wie in München. Das kommt nicht von ungefähr, ich kann das schon vorwegnehmen. Die Partnerschaft mit BMW ist für Sauber eine ideale Lösung. Und wenn ich sage für Sauber, so meine ich nicht nur das Team, sondern auch mich persönlich. Ich wurde ja immer wieder gefragt, gerade aus Journalistenkreisen: Wie ist das mit der Nachfolgeregelung? Es ist eine sehr schwierige Aufgabe in der Formel 1, so etwas zu erfüllen. Dieses Problem - und für mich war es ein Problem - löst sich auf diese Art und Weise ideal. Ich bin seit über 35 Jahren mit der Firma sehr, sehr stark verbunden. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich sie nun in gute Hände geben darf."

Titel-Bild zur News: Peter Sauber

Sauber bei der heutigen Pressekonferenz auf dem BMW Gelände in München

Frage: "Was sagt der Hauptaktionär von Sauber, 'Credit Suisse', dazu?"
Sauber: "Die 'Credit Suisse' ist mit uns als Sponsor seit fünf Jahren verbunden. Sie ist aber auch Mehrheitsaktionär, wobei die 'Credit Suisse' diese Aktien damals nicht von Red Bull erworben hat, um ein eigenes Formel-1-Team zu besitzen, sondern um diese Aktien für einen möglichen Investor zu deponieren. Es geht der 'Credit Suisse' so wie mir auch. Sie ist glücklich, mit BMW einen Investor gefunden zu haben, und hat diese ganze Aktion von Anfang an unterstützt."#w1#

"Werde die operative Leitung ab Ende dieses Jahres abgeben"

Frage: "Bedeutet die Übernahme, dass Sie sich aus dem Team komplett zurückziehen?"
Sauber: "Das ist richtig. Ich werde die operative Leitung ab Ende dieses Jahres abgeben. Ich werde dem Team und natürlich BMW beratend zur Seite stehen. Ich glaube, das ist wichtig, denn die Firma wurde in den letzten Jahren so stark durch mich geprägt, dass ein klarer Schnitt nötig ist."

Frage: "Sie bringen einen der besten Windkanäle der Formel 1 mit in diese Partnerschaft, der momentan nur im Einschichtbetrieb läuft, nicht im Dreischichtbetrieb wie bei vielen anderen Rennställen. Wird nun auch in diesem Windkanal im Dreischichtbetrieb gearbeitet?
Sauber: "Es ist einer der großen Vorteile, dass wir nun in der Lage sind, das Team auszubauen - nicht nur auf der personellen Seite, sondern auch was die Infrastruktur betrifft. Natürlich muss der Windkanal so bald wie möglich dreischichtig gefahren werden."

Frage: "Sie haben erklärt, dass Sauber nun in gute Hände übergeben werden kann. Es ist vielleicht mit einem Vater vergleichbar, der seine Tochter zum Traualtar führt, was zumeist ein sehr emotionaler Moment ist. Können Sie ihre Gefühlslage ein wenig beschreiben?"
Sauber: "Das ist nicht so ganz einfach. Ich glaube, ich werde die Reaktionen erst später spüren. Im Moment ist die Vernunft tonangebend, und da macht die Sache absolut Sinn. Und der Vergleich mit der Tochter zum Traualter führen: Ich habe zwar keine Tochter, aber ich kann mir durchaus vorstellen, wie das ist. Ich finde diesen Vergleich sehr treffend. Wenn man dann noch weiß, dass der Bräutigam passt, macht das die ganze Sache noch schöner."

"Wie das Team in Zukunft heißt, ist Sache von BMW"

Frage: "Inwieweit bestehen sie darauf, dass der Name Sauber in der Formel 1 erhalten bleibt?"
Sauber: "Wie das Team in Zukunft heißt, ist absolut Sache von BMW."

Frage: "In der nächsten Woche findet in Paris die Vorladung wegen der Vorkommnisse in Indianapolis statt. Es steht von Geldstrafen bis zum Punktabzug vieles im Raum. Wie bewerten Sie das?"
Sauber: "Es hat keinen Sinn, wenn wir da in irgendeiner Form vorgreifen. Es ist schwer abzuschätzen, wie sich das entwickelt. Wir gehen dahin oder schicken eben einen Vertreter."

Frage: "Hinwil soll als Standort ausgebaut werden. Ein Ausbau schließt einen Umbau aber nicht aus. Daher die konkrete Frage: Muss im Wirtschaftsraum Hinwil niemand um Arbeitsplätze oder Aufträge bangen?"
Sauber: "Ich glaube nicht, dass es im Großen und Ganzen Verschiebungen geben wird. Im Detail vielleicht, denn einige Teile werden hier in München gefertigt. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass die Mitarbeiter aufgestockt werden und dass damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden."

Frage: "Sie haben gesagt, dass sie Sich eine Zigarre anstecken werden, wenn Sie ihr Team verkauft haben. Haben Sie die heute Nacht schon geraucht?"
Sauber: "Sie ist im Gepäck."

Künftig mehr als 300 Mitarbeiter in Hinwil

Frage: "Kann man schon abschätzen, wie groß die Belegschaft in Hinwil künftig sein wird?"
Sauber: "Ich möchte da keine Zahlen nennen. Wir haben im Moment 300 Mitarbeiter. Wir wissen, dass ein Team von der Größe von Renault oder WilliamsF1 weit über 400 Mitarbeiter hat. Es werden ganz sicher mehr als 300 Mitarbeiter sein."

Frage: "Welche Konsequenzen hat die Partnerschaft mit BMW für die Kooperation mit 'Petronas'?"
Theissen: "Die Partnerschaft ist schon im elften Jahr. Das ist etwas Außergewöhnliches, vor allem in dieser Dimension. Wir betrachten 'Petronas' als Partner und haben 'Petronas' immer in alle Schritte eingebunden. Sie befürworten diesen Schritt und diese Partnerschaft mit BMW."

Frage: "Auch wenn es noch keine Informationen zum Personal gibt, so vielleicht zu den Sponsoren. Bleibt eventuell die 'Credit Suisse' dem Team erhalten?"
Sauber: "Was 'Credit Suisse' betrifft, so gibt es Gespräche zwischen BMW und der 'Credit Suisse'. Die Partnerschaft wird verlängert, und es wird auch mit 'Petronas' Gespräche geben."

Frage: "Wird das Team auch im nächsten Jahr mit Michelin-Reifen fahren? Haben die aktuellen Ereignisse auf die Entscheidung einen Einfluss, und wäre es überhaupt möglich, den Reifenpartner für 2006 zu wechseln?"
Sauber: "Was Verträge betrifft, so baut BMW ja auf eine bestehende Struktur auf. Da gehören auch rechtliche Bindungen dazu. Wir werden in den kommenden Wochen prüfen, ob da Anpassungen nötig sind. Nur kurz zu meiner Haltung gegenüber Michelin: Wir haben erst vor einem Jahr gewechselt und ich bin sehr froh darüber. Diese Sache in Indy ist halt leider passiert."