Bin Sulayem erringt politischen Sieg: FIA stimmt umstrittenen Änderungen zu
Politischer Triumph für FIA-Präsident bin Sulayem: Kritiker warnen vor Machtkonzentration und dem Verlust demokratischer Strukturen innerhalb der FIA
(Motorsport-Total.com) - Die Generalversammlung der FIA hat Änderungen an den Statuten und dem Ethikkodex des Weltverbands beschlossen - ein Schritt, der als politischer Sieg für Präsident Mohamed bin Sulayem gewertet wird, jedoch insbesondere in Europa wegen befürchteter Schwächung von Governance-Standards kritisiert wird.

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Mohammed bin Sulayem im Fahrerlager der Formel 1 Zoom
Am Donnerstag stimmte die Generalversammlung, die diese Woche in Macau tagte, einer Reihe von Änderungen zu. Diese beinhalten unter anderem eine Vorverlegung der Frist für potenzielle Präsidentschaftskandidaten zur Anmeldung, eine stärkere Einflussnahme des Präsidenten auf die Zusammensetzung des FIA-Senats sowie die Angleichung der Amtszeiten der Prüfungs-, Ethik- und Nominierungsausschüsse an die vierjährige Amtszeit des Präsidenten.
Zudem wurde eine Klausel eingeführt, wonach potenzielle Präsidentschaftskandidaten blockiert werden können, wenn ihre bisherige Laufbahn Zweifel an ihrer Integrität aufkommen lässt.
Große Mehrheit für Änderungen - trotz Kritik
Wie zuerst von der BBC berichtet, stimmten 83,35 Prozent der Mitglieder den Änderungen an den Statuten zu. Die Änderungen am Ethikkodex erhielten eine Zustimmung von 88,83 Prozent.
In einer offiziellen Erklärung kommentierte die FIA: "Seit 2021 hat die FIA Schritte unternommen, um ihre Grundsätze für Corporate Governance zu stärken. Diese Richtlinien lenken die Arbeit der FIA und stellen sicher, dass ihre Regeln, Praktiken und Prozesse robust und transparent sind."
"Die vorgeschlagenen Änderungen an den FIA-Statuten zielen darauf ab, die Prozesse rund um Governance und Vertraulichkeit weiter zu verbessern. Sie geben dem Nominierungsausschuss mehr Zeit zur Prüfung der Eignung von Kandidaten und helfen, Konsistenz und Sorgfalt im Wahlprozess zu gewährleisten."
"Alle vorgeschlagenen Änderungen wurden von einer qualifizierten Mehrheit der FIA-Mitgliedsclubs bei den Generalversammlungen verabschiedet - im Einklang mit dem demokratischen Entscheidungsprozess der Föderation."
Sieg für bin Sulayem - trotz wachsender Kritik
Das deutliche Abstimmungsergebnis wird weithin als bedeutender Erfolg für bin Sulayem gewertet, der im Dezember bei der nächsten Generalversammlung in Taschkent zur Wiederwahl steht. In den letzten Jahren war er zunehmend wegen seines Führungsstils in die Kritik geraten. So äußerte etwa David Richards, Vorsitzender von Motorsport UK, Bedenken hinsichtlich eines "Verlusts an Verantwortlichkeit und guter Governance innerhalb der FIA". In seiner Amtszeit gab es eine auffällig hohe Fluktuation von Offiziellen.
Robert Reid, ehemaliger Vizepräsident für den Sportbereich unter bin Sulayem, trat im April zurück. Als Grund nannte er seine Besorgnis über "kritische Entscheidungen, die ohne ordnungsgemäßen Prozess getroffen wurden" sowie einen "grundlegenden Bruch der Governance-Standards" unter der Führung bin Sulayems.
Kritiker sehen die jüngsten Statutenänderungen als Machtausbau des Präsidenten. Richards wurde vom Besuch einer Sitzung des World Motor Sport Council ausgeschlossen, nachdem er sich geweigert hatte, eine verschärfte Vertraulichkeitserklärung zu unterzeichnen.
Widerstand aus Europa - Kritik an Eile und Interessenverflechtung
Wie Reuters berichtete, forderte der österreichische Automobilclub ÖAMTC in einem Brief an die Mobilitätsmitglieder des FIA-Weltrats dazu auf, gegen die Vorschläge zu stimmen. Der Brief wurde am Vorabend der Abstimmung in Macau versendet.
"Für diese vorgeschlagenen Änderungen besteht keine Dringlichkeit ... sie könnten den Ruf der FIA als Organisation mit kompetenter und transparenter Governance weiter beschädigen", hieß es laut Reuters.
Weiter heißt es in dem Schreiben: "Es kann nicht sein - und ist es wohl auch nicht -, dass Änderungen mit Relevanz für die FIA-Wahlen genau zu dem Zeitpunkt vorangetrieben werden, zu dem der amtierende Präsident seine Absicht zur Wiederwahl bekannt gibt. Wenn auch nur der Anschein besteht, dass diese Änderungen eher der aktuellen FIA-Führung als der Organisation selbst dienen, sollten sie nicht verabschiedet werden."
Keine Gegenkandidaten - Sainz Sr. denkt über Kandidatur nach
Zum Zeitpunkt des Berichts läuft bin Sulayem bislang ohne Gegenkandidaten für die Wahl im Dezember. Rallye-Legende Carlos Sainz Sr. hatte jedoch im Mai erklärt, er erwäge eine Kandidatur.
Sainz, Vater von Williams-Formel-1-Fahrer Carlos Sainz jun., würde mit einer möglichen Kandidatur insbesondere im Formel-1-Paddock auf positive Resonanz stoßen, wo in der Vergangenheit mehrfach Kritik an bin Sulayem laut wurde - unter anderem wegen eines inzwischen abgeschwächten Fluchverbots.
Starke internationale Rückendeckung für den Amtsinhaber
Die Abstimmung am Donnerstag unterstreicht einmal mehr die komfortable Position des amtierenden Präsidenten auf internationaler Ebene. Bereits im vergangenen Monat erhielt bin Sulayem eine Unterstützungsbekundung von 36 Mitgliedern, überwiegend aus Amerika. Auch in Afrika und Asien genießt er breite Unterstützung.
Jedes FIA-Mitgliedsland verfügt über die gleiche maximale Stimmenanzahl: 24 Stimmen - 12 für den Sportbereich und 12 für Mobilität.


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