• 25.03.2015 08:28

  • von Bernd Mayländer

Bernd Mayländer: Anekdoten aus Malaysia

Was einem in Malaysia alles passieren kann: Von Leguanen und Affen beim Golfen und dem schlimmsten Regenschauer, den die Formel 1 je erlebt hat

Titel-Bild zur News: Bernd Mayländer

In Sepang kam Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer schon oft zum Einsatz Zoom

Hallo, liebe Leser,

nach meiner Ankunft aus Melbourne am Montag musste ich erst malordentlich gähnen! Und zwar nicht wegen des zugegeben dominanten Mercedes-Doppelsiegs (ich finde, das Rennen hatte auch richtig spannende Aspekte zu bieten, aber dazu später mehr), sondern wegen des Jetlags nach der langen Reise ans andere Ende der Welt.

Leider war es nicht so, dass ich mich dann erst maleinen Tag auf die faule Haut legen konnte, sondern die Mühlen der Reisebürokratie hielten mich ganz schön auf Trab. Ich war noch komplett hinüber, da ruft mich am Montagabend mein Reisebüro an, dass das Visum für China rechtzeitig angekommen ist. Klasse, denke ich mir noch, wird per Einschreiben zu mir geschickt, alles bestens. Bekanntlich sind die chinesischen Behörden nicht immer ganz einfach mit ihrem Visum, auch wenn ich persönlich noch nie Probleme damit hatte.

Und weg ist der Reisepass...

Am Dienstagmorgen ruft mich mein Büro an. "Es ist ein Kuvert gekommen, per Einschreiben, vom Reisebüro." "Ja, super." Aber leider: "Nein, nicht super. Das Kuvert ist offen und die Rechnung ist drin ohne Reisepass." Ich fahre also zur Postbank, wo man mir etwas schnippisch mitteilt, dass es das tatsächliche Postamt nur noch im Internet oder am Telefon gibt und dass ich hier jetzt gar nichts machen kann. Mir bleibt nichts anderes übrig als bei der Polizei Anzeige zu erstatten, einen zweiten Reisepass zu beantragen, mir alle Unterlagen zu besorgen und neu einzureichen. Jetzt liegt's in chinesischen Händen, ob das rechtzeitig klappt.

Normalerweise dauert das Prozedere 14 Tage. Ich hatte nur einmal Probleme mit den chinesischen Behörden, da war ein Stempel nicht ganz sauber drauf. Aber jetzt schicke ich da ja ganz andere Papiere hin, von der Polizei, vom Bürgermeisteramt - und dann fragen die sich bestimmt: "Ah, wie? Wo ist der Ausweis? Oder der Reisepass? Und die Papiere? Und gleicher Mensch, andere Passnummer?" Ich befürchte, das könnte Verwirrung stiften, aber irgendwie wird's schon klappen.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Malaysia

Vergangene Woche hatte ich dann ein tolles Erlebnis in den deutschen Alpen. Ich habe auf den Spuren der Eskimos in einem Iglu übernachtet, in 2.000 Meter Höhe auf dem Nebelhorn. Minus zwei Grad, ganz schön kalt, aber mit der richtigen Kleidung und einem warmen Schlafsack, der vor allem keinesfalls nass sein darf, geht's. Eine sehr interessante Erfahrung!

Vom eisigen Iglu in den Glutofen Sepang

Am Wochenende habe ich ausgespannt und nebenher an einer Wohltätigkeitsaktion teilgenommen. Es ging um eine 24 Jahre junge Mutter aus Stuttgart, die eine Knochenmarkspende braucht. Mercedes-Benz hat mitgemacht, der VfB Stuttgart, ein paar Künstler aus der Gegend, und ich habe auch ein paar Leute mitgebracht. So haben wir es geschafft, insgesamt 3.401 neue Knochenmarkspender zu typisieren. Ein schöner Erfolg - und wichtiger als jeder Sieg auf der Rennstrecke!

Bernd Mayländer

Vor der Reise nach Malaysia verbrachte Bernd Mayländer einen Tag im Schnee Zoom

Meine schrägste Malaysia-Anekdote habe ich vor ein paar Jahren in Putrajaya erlebt. Ich bin damals ein paar Tage länger als sonst in KL geblieben und fuhr mit einem Kollegen von Mercedes-Benz Singapur zum Golfen. Mein erster Eindruck (nach dem Schrecken über die völlig überteuerte Greenfee): Hier gehe ich keinen Schritt vom Green oder Fairway runter, denn wenn der Ball im Wald (besser gesagt: im tiefsten Dschungel) landet, holst du dir garantiert einen Schlangenbiss!

Jedenfalls spielen wir uns kurz ein und laufen zum Abschlag - und was finden wir dort? Einen Leguan, der es sich gemütlich macht! Nicht etwa so ein kleines Ding, sondern einen Apparat von knapp einem Meter - und besonders freundlich angeguckt hat er mich auch nicht. Mein Kollege hat ihn dann mit einem Schläger leicht angepiekst und der Leguan hat sich tatsächlich ins Dickicht verzogen, uns aber von dort aus weiter beobachtet, was wir denn mit diesen Bällen da so machen.

Unheimliche Begegnungen auf dem Golfplatz

Dann triffst du endlich mal einen Ball richtig gut, aber dann kommt's noch dicker: Plötzlich stehlen dir die Affen die Bälle weg! Die fanden das alles sehr lustig, was wir da gemacht haben. Ich habe haushoch verloren und mein Handicap ganz sicher nicht nach unten gedrückt, sondern nach oben geschoben. Skurril und im Nachhinein eine amüsante Anekdote, aber beim Golfen muss ich so was nicht jeden Tag erleben...

Sepang

2015 fährt die Formel 1 bereits zum 17. Mal in Sepang Zoom

KL selbst ist eine pulsierende Stadt, und zwar nicht nur am Wochenende, wie ich das von Stuttgart her kenne, sondern von Montag bis Sonntag, wahrscheinlich wegen der vielen Touristen. Am Sonntagabend sind wir schon das eine oder andere Mal in einem Club hängen geblieben, oder auch bei einer Fashion-Week-Party. Man kann das zwar nicht voll auskosten, weil man ja einen Job zu erledigen hat und diese Partys in der Regel sehr spät beginnen, aber mal kurz reinschnuppern ist schon drin. Und sollte man sich auch nicht entgehen lassen.

Die Malaysier sind ein modebewusstes Völkchen, It-Girls, ganz interessant anzuschauen. Wir denken bei Fashion-Week ja erst malan Mailand oder Berlin, aber nicht an KL. Früher war das Mandarin Oriental unser Stammhotel, direkt gegenüber von den Petronas-Twin-Towers - ein tolles Hotel mit einem überragenden Ausblick über die City. Und zentral gelegen, sodass man abends etwas unternehmen konnte, zum Beispiel in der SkyBar. Seit ein paar Jahren checken wir aber immer im Sama Sama am Flughafen ein. Das ist eine Stunde von der Stadt weg und etwas fernab vom Schuss, liegt aber nahe an der Rennstrecke.

Wenn das Safety-Car die Formel-1-Boliden abhängt

Und dort spielt es sich manchmal richtig ab. Ich erinnere mich noch gut an den Monsunregen von 2001, als sich die Formel-1-Autos reihenweise von der Strecke gedreht haben - beide Ferraris hintereinander in der gleichen Kurve, Villeneuve, und, und, und. Normalerweise höre ich am Funk ja eher: "Bernd, geht's ein bisschen schneller?" Aber damals wurde mir befohlen: "Slow down, slow down! Die können dir nicht mehr folgen!" Das war der schlimmste Regen, den ich je bei einem Formel-1-Rennen erlebt habe - ein bisschen wie mit einem Floß ohne Steuerung.

Safety-Car

Nicht so schnell! 2001 konnten die Formel-1-Fahrer dem Safety-Car nicht mehr folgen Zoom

Ich war gar nicht schnell unterwegs, aber die Formel-1-Autos sind aufgeschwommen und konnten sich bei meinem Tempo nicht auf der Strecke halten. Ich hatte damals zwar schon einen Monitor im Safety-Car, aber nur für Standby - beim Losfahren hat sich der ausgeloggt. Bei dem Wetter hätte ich sowieso keine Zeit gehabt, mir anzuschauen, wie die alle reihenweise von der Strecke kreiseln, weil ich mich total darauf konzentrieren musste, mich in den extrem kurzen Phasen, wenn der Scheibenwischer grad frisch gewischt hat, zumindest ein bisschen zu orientieren.

Für mich war es übrigens das erste richtig extreme Regenrennen - und eine wichtige Erfahrung, dass ein Formel-1-Auto bei solchen Bedingungen und so viel Regen gar keine Chance mehr hat. Um es mal bildlich darzustellen: Selbst mit der besten Regendusche kannst du nicht so viel Wasser rausdrücken, wie es damals vom Himmel gegossen hat.

Lob für Vettel, Nasr und Hülkenberg

Wenn es in Malaysia gerade nicht regnet, ist es brütend heiß. Für mich ist Sepang eine echte Herausforderung, eine der besten Strecken. Sie hat einen wahnsinnig schönen Fluss, gute Überholmöglichkeiten, sie hat Topspeed - einfach alles, was eine moderne Formel-1-Strecke braucht. Für die Reifen extrem. Sie hat alle Extreme, die sich ein Rennfahrer wünscht. Ein richtig geiles Ding, Hermann Tilkes erstes großes Formel-1-Projekt. Nicht dass die anderen schlechter sind, aber Sepang passt zum Land, passt dorthin. Ich freue mich schon sehr darauf, mit dem neuen Safety-Car am Donnerstag die ersten Runden zu donnern, weil es einfach Spaß macht.

Sepang ist eine ganz andere Strecke als Melbourne - Melbourne ist nie der Maßstab für den Rest der Saison. Da fließende Kurven, viel Aerodynamik, dort eher Stop-&-Go, Traktion. Ich vermute, dass der Vorsprung von Mercedes am Wochenende eher noch größer sein könnte. Während die anderen alles versucht haben, um dranzubleiben, hatten sie gar keinen Grund, schon ans Limit zu gehen. Aber hinter Mercedes ist alles offen. Ab dem dritten Platz wird das Kräfteverhältnis von Strecke zu Strecke variieren.

Sebastian Vettel

Sebastian Vettels starker Einstand bei Ferrari tut dem Sport gut Zoom

Besonders gefreut habe ich mich für Sebastian: Nach dem ersten Podium im ersten Ferrari-Rennen ist sein Grinsen wieder zurück. Das tut ihm gut, das tut den Tifosi gut, das tut dem Sport insgesamt gut. Schade für Kimi, der ebenfalls gezeigt hat: Ferrari ist wieder da. Und schön auch das Ergebnis von Sauber, mit beiden Autos in den Punkten. Nach den ganzen Schwierigkeiten im Gerichtssaal, die sie hatten, muss das ein Befreiungsschlag gewesen sein. Und Felipe Nasr hat mit einer 1A-Leistung gezeigt, dass ihm der Stempel Paydriver vielleicht zu Unrecht anhaftet.

Ein Wort möchte ich auch noch über Nico Hülkenberg verlieren. Nach dem Qualifying war er ganz schön deprimiert, sein Force India ist momentan einfach zu langsam. Aber im Rennen hat er es dann hinbekommen und verdiente Punkte gesammelt. Ich glaube, über einen siebten Platz hat er sich noch nie zuvor so gefreut...

Euer

Bernd Mayländer

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