• 28.03.2002 12:01

  • von Marcus Kollmann

Berger "spionierte" bei Ferrari

Zwischen den Übersee-Rennen ließ sich der BMW-Motorsportdirektor bei Ferrari herumführen - von Montezemolo, Todt, Brawn und Byrne

(Motorsport-Total.com) - Als BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger plötzlich hinter den Ingenieuren der Motorenabteilung in Maranello auftauchte, da wunderten sich die Angestellten der Scuderia schon sehr, doch der Österreicher hatte sich nicht unberechtigt Zutritt verschafft, sondern Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo und Ferrari-Sportdirektor Jean Todt hatten den 210-fachen Grand Prix-Teilnehmer
zum Besuch eingeladen, um ein wenig über die alten Zeiten zu plaudern.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger (BMW-Motorsportdirektor)

Berger kann noch immer nicht glauben was ihm bei seinem Besuch widerfuhr

Dem 'kicker online' vertraute Berger nun seinen erlebnisreichen Besuch an und schwor dabei, dass es sich rein um eine private Stippvisite handelte und nicht um einen Spionagetrip des von 1987 bis 1989 und von 1993 bis 1995 für den italienischen Traditionsrennstall aktiven Rennfahrers.

"Luca di Montezemolo und Jean Todt hatten mich schon lange eingeladen. Jetzt habe ich mir Zeit genommen und bin glücklich darüber. Unglaublich, wie nett die waren. Wirklich traumhaft. Sie haben mich empfangen und behandelt, als sei ich ihr Fahrer und nicht ihr Hauptgegner", schwärmte der Österreicher nach seinem Besuch, der ihn noch einmal das Rad der Zeit zurückdrehen lassen hatte.

Während Ferrari sonst keinem Fremden und schon gar nicht einem Vertreter der Konkurrenz den Zutritt in die allerheiligsten Hallen gestattet, machten die Italiener bei Berger anscheinend aus bestimmten Gründen eine Ausnahme. Zwar hatte Berger bei seiner Führung durch die verschiedenen Bereiche sogar darum gebeten die revolutionären Neuheiten und technischen Geheimnisse abzudecken und ihm nicht zu zeigen, doch Jean Todt, Ross Brawn und Rory Byrne nahmen die ganze Sache ungewöhnlich locker und entgegnetem dem 42-Jährigen nur: "Kein Problem, Gerhard."

Sogar in die geheime Motorenabteilung führte man den Konkurrenten: "Die Ingenieure am Prüfstand traf halb der Schlag, als ich hinter ihnen vorbeiging. Aber es wäre mir nie eingefallen, Ferrari Ideen wegzustehlen. Nur als man mir das neue Auto zeigen wollte, sagte ich: Danke - aber besser nicht."

Der Grund für Ferraris Offenheit wird wohl für lange Zeit ein Geheimnis der Roten bleiben. Entweder hatte man im Vorfeld schon alle Vorbereitungen getroffen, sodass Berger ohnehin nichts Besonderes hätte sehen können, oder aber man wollte dem ehemaligen Piloten sagen: "Schau her, wir müssen nichts verstecken", und damit ausdrücken, dass man auch nach der vom Package BMW-Williams in Malaysia bewiesenen Leistungsfähigkeit keine große Gefahr in dem derzeit die Konstrukteurswertung anführenden Team sieht.

Italienische Überheblichkeit, purer Übermut oder Stolz? Für Berger war dieser Ausflug zwischen den beiden Überseerennen auf jeden Fall ein Erlebnis das er nicht so schnell vergessen wird.