• 09.11.2001 11:31

  • von Marcus Kollmann

Benettons Stärke war die Elektronik

Ein Insider gibt Einblicke in eine komplexe Materie und spricht über die wirkliche Stärke des Teams

(Motorsport-Total.com) - Schaut man sich einmal die nach Michael Schumachers Wechsel zu Ferrari vom Benetton-Rennstall konstruierten Boliden an und setzt die Leistungen des Teams in Relation dazu, so wird recht schnell deutlich, dass mit dem Abwandern der Ingenieure zu Ferrari das Team aus Enstone in punkto Aerodynamik nur noch schwache Autos auf die Beine stellen konnte. Zusätzlich gehandikapt wurde man durch den Ausstieg Renaults und die Kundenmotoren von Supertech, welche der Konkurrenz in Sachen Leistung, Verbrauch und Gewicht nachstanden.

Titel-Bild zur News: Giancarlo Fisichella und Jenson Button

Zur Überraschung der Konkurrenz legten Fisichella und Button plötzlich die besten Starts hin

Ein Sektor auf dem Benetton aber seit eh und je stark war ist das Gebiet der Elektronik, erklärte der ehemalige Benetton-Angestellte und jetzige Motorsport-Journalist Tetsuo Tugawa. Eine Bestätigung seiner These sieht der Japaner darin, dass Benetton die seit dem Großen Preis von Spanien wieder erlaubten Fahrerhilfen in Form der Launch-control und Traktionskontrolle perfektionierte und diese in der Saison erst wesentlich später einsetzte als die Konkurrenz.

Hatte das Team zwar dadurch zunächst Nachteile, denn die manuell startenden Fahrer verloren ihren auf die Fahrerhilfen vertrauenden Konkurrenten gleich bei Rennstart an Boden, legte man in den letzten vier Grand Prix plötzlich Raketenstarts hin und avancierte in der Boxengasse deshalb zum Gesprächsthema Nummer 1.

Selbst Giancarlo Fisichella und Jenson Button waren von den plötzlich hervorragend funktionierenden Systemen ziemlich beeindruckt. Nach dem letzten Rennen der Saison wurde dann bekannt was alle vermutet hatten: Benetton hatte ein System einsetzt welches die Deaktivierung der in den Asphalt eingelassenen Kontrollstreifen erkannte und den Fahrern signalisierte wann diese Startknopf zu drücken haben.

Als Erklärung warum das Team erst spät in der Saison seine perfekt funktionierenden Fahrerhilfen einsetzen konnte, führte Tugawa den zu Saisonbeginn noch selten standfesten Motor an. "Es ist beinahe unmöglich solche komplexen Systeme ohne ein Kontrollsystem des Motors einzusetzen. Damit die Launch-control als auch die Traktionskontrolle benutzt werden können, benötigt man ein System welches die ganzen Parameter des Motors, der Kupplung, der Bremsen, des Getriebes und der Differenzialstellung überwachen kann. Ein perfektes System kann diese Dinge alle simultan kontrollieren", gab der Japaner einen kleinen Einblick in die Materie.

Tugawa ist überzeugt, dass Renault, die den Benetton-Rennstall übernahmen und nächstes Jahr unter eigenem Namen als Werksteam an den Start gehen werden, von der zunächst lange Zeit in Anspruch nehmenden Entwicklungsarbeit der Ingenieure profitieren wird und man im nächsten Jahr nicht überrascht sein sollte, wenn das Team von Anfang gut dabei ist.