• 15.10.2003 18:03

  • von Fabian Hust

Barrichello: Die Probleme haben uns die Augen geöffnet

Barrichello über das Saisonfinale und die WM-Party, sein Programm für den Winter und die notwendigen Verbesserungen für 2004

(Motorsport-Total.com) - Rubens Barrichello hat sich als glücklicher Rennfahrer in die Winterpause verabschiedet. Den letzten WM-Lauf in Suzuka hat der Brasilianer mit der Pole Position und dem Sieg mehr als nur erfolgreich beendet. Für seine starke Vorstellung, die Michael Schumacher auch bei einem Ausfall zum Weltmeister gemacht hätte und Ferrari zudem den Konstrukteurstitel sicherte, erntete der 31-Jährige von allen Seiten viel Lob. Teamkollege Schumacher hatte sich dabei als Orakel erwiesen, er prognostizierte vor dem Rennwochenende, dass ihn "Rubinho" mit einem Sieg zum Weltmeister machen wird.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello weiß, dass sich Ferrari über den Winter verbessern muss

"Ich habe Japan wirklich genossen", zeigt sich Barrichello rückblickend zufrieden, der nun in Sao Paulo ist und sich in seiner Heimatstadt ein paar Tage entspannen wird. "Der japanische Kurs ist eine solch großartige Strecke und es ist eine Herausforderung, das richtige Setup zu finden. Es ist ein sehr gutes Gefühl, nicht nur das letzte Rennen der Saison gewonnen zu haben sondern dies in Suzuka getan zu haben."

"Stilechte" WM-Party

Bei der WM-Party an der Strecke, bei dem der eine oder andere Formel-1-Pilot wohl über sein Alkohollimit getrunken hat, war Rubens Barrichello natürlich auch dabei: "Ich habe mit vielen anderen Fahrern und natürlich unserem Team stilecht gefeiert ? mit Karaoke. Das war ein lustiger Weg, um die Saison ausklingen zu lassen." Und der Alkohol führte auch nicht dazu, dass der Siegerpokal in die Brüche ging, so geschehen mit seinem Siegerpokal aus Silverstone: "Ich habe es geschafft, den Pokal hier nach Brasilien mitzubringen. Dieses Mal ist er auch ganz!"

"Den Druck habe ich nie gespürt"

Nicht nur der Weltmeister stand in den letzten Wochen gewaltig unter Druck, nach dem zum Schluss verregneten Qualifying lastete ein Großteil der Verantwortung im Rennen auf Barrichello: "Es war vom Anfang bis zum Ende ein sehr gutes Wochenende und ich habe nie den Druck gespürt, den mir die Leute auferlegen wollten. Meine Qualifying-Runde am Samstag war eine meiner besten überhaupt und auch wenn es nicht geregnet hätte, glaube ich nicht, dass jemand abgesehen von Michael mir die Pole hätte wegnehmen können."

Haarige erste Runden

Doch obwohl der Paulista von der Pole aus ins Rennen ging, sollte dieses kein Spaziergang werden: "Die ersten Runden waren nach dem großartigen Start sehr schwierig", blickt Barrichello zurück. "Die Reifen waren auf meiner ersten Runde sehr kalt und vor dem kurzen Knick vor der 'Spoon'-Kurve war der Asphalt ein wenig feucht, ich kam etwas neben die Linie und das Auto rutschte mir wirklich weg. Ich blieb voll auf dem Gas aber Montoya sog sich in meinen Windschatten und überholte mich außen."

Barrichello im "Nebel"

"Drei Runden später waren meine Reifen wieder auf Temperatur und ich konnte die Lücke schließen. Ich hatte ein gutes Auto und es war nur eine Frage der Zeit, bis ich ihn schnappen würde. Als Juan-Pablo das Problem hatte, konnte mir Alonso nahe kommen. Zu diesem Zeitpunkt bekam ich Probleme mit meinem Helmvisier, das beschlug. Ich sagte dem Team über Funk bescheid, dass es sich vorbereiten soll, mir das Visier beim Stopp zu putzen, der kurz bevorstand. Ich hatte Glück, dass ich auf einer Dreistoppstrategie war, das Team arbeitete sehr gut und konnte mich bei den Stopps immer vorne halten."

Barrichello wollte für sich alleine fahren

Um zusätzlichen Druck wegen des Kampfes um den Fahrertitel zu vermeiden, wurde der Funkverkehr während dem Rennen auf das Notwendigste beschränkt: "Man gibt immer an, an solche Dinge nicht zu denken, aber man betet die ganze Zeit, dass das Auto weiterfährt. Ich fragte jedoch nie, wo sich Michael befindet. Ich wollte mir diesen Druck einfach nicht aufbürden sondern wollte nur ein sauberes Rennen fahren und gewinnen. Ich wusste ja, dass ihm das helfen würde. Als ich über die Ziellinie fuhr, fragte ich das Team, auf welcher Position er sich befand. Wenn ich während dem Rennen von seinen Problemen gewusst hätte, hätte dies vielleicht mein Rennen beeinflusst."

"Wir sind nicht schlechter geworden"

Beide WM-Titel wurden dieses Mal erst im letzten Rennen vergeben und dies setzte Ferrari in diesem Jahr enorm unter Druck: "Wir sind mit dem Druck gut umgegangen", ist sich Barrichello sicher. "Wir sind nicht schlechter geworden, die Anderen sind einfach besser geworden. Aber wir haben nie aufgehört zu arbeiten. Es gab viele Strecken in diesem Jahr, auf denen die Gegner scheinbar stärker waren als wir. Aber wir blieben ruhig und haben die Situation in den letzten Rennen umgedreht."

Leise Kritik an Bridgestone

"Wir müssen einmal abwarten, was wir kommendes Jahr tun müssen. Hoffentlich werden wir gut in Form sein. Die Probleme, die wir dieses Jahr hatten, haben allen im Team und auch unseren Partnern wie Bridgestone die Augen geöffnet. Um das Auto wieder an die Spitze zu bekommen, müssen wir unsere Philosophie ein wenig verändern und ich denke, dass die Tests, die wir vor kurzem durchgeführt haben, uns deutlich nach vorne gebracht haben, besonders was die Leistung und die Konstanz der Reifen angeht. Das hat uns nicht nur geholfen, in diesem Jahr die Titel zu gewinnen, dies wird auch in der Zukunft eine große Hilfe sein."

Urlaub war nur von kurzer Dauer

Schon an diesem Wochenende ist der Kurzurlaub von Rubens Barrichello in seiner Heimat Brasilien zu Ende. Der Formel-1-Pilot hat einen Pflichttermin bei dem "Ferrari Maserati World Finals Day" in Mugello: "Ich freue mich darauf, mit allen unseren Fans zu feiern. Es ist immer eine sehr genussvolle und emotionale Veranstaltung. Danach werde ich für ein paar Wochen nach Hause zurückkehren, um mich zu entspannen, bevor ich vor dem Ende des Jahres nach Europa zurückkehre, wo es eine Testsession gibt, um ein Gefühl für das Auto zu bekommen."