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Barcelona: Der vernichtende Maßstab
Der Große Preis von Spanien war für alle eine Schmach die nicht im Ferrari saßen ? eine Analyse
(Motorsport-Total.com) - Kein Formel-1-Kurs sagt so viel über die Leistungsfähigkeit eines Autos aus wie der 'Circuit de Catalunya', wo vergangenen Sonntag Ferrari mit der Konkurrenz Katz' und Maus spielte. Alle wichtigen Komponenten eines Paketes werden auf dem 4,730 Kilometer langen Kurs auf Herz und Nieren geprüft und so gilt der Große Preis von Spanien als guter Härtetest für die Autos, weswegen die Teams auf dem katalanischen Kurs auch gerne ausgiebig testen.

© Ferrari
Michael Schumacher dominierte in Barcelona die Konkurrenz nach Belieben
Von großer Bedeutung ist in Barcelona der Reifen, der in den lang gezogenen schnellen Rechtskurven stark belastet wird. Ein zu hoher Reifenverschleiß ist in Barcelona nicht selten, muss der Reifen doch ausreichend weich sein, um in den langsameren Kurven ausreichend Traktion aufzubauen. Die Aerodynamik wird in den schnellen Kurven auf die Probe gestellt, der Motor muss auf der langen Start- und Zielgerade seine Stärken beweisen.
Die Traktionskontrolle und das Fahrwerk sind im inneren, engeren Streckenabschnitte entscheidend. Und auch das Team ist gefragt: Wer kann sein Auto auf die ständig wechselnden Streckenbedingungen am besten abstimmen oder reagiert das Auto auf veränderte Windrichtungen oder Asphalttemperaturen zu sensibel? Und zum Schluss ist auch der Fahrer von entscheidender Bedeutung, gerade in den letzten zwei Kurven vor Start und Ziel, in denen sich die Spreu vom Weizen trennt.
Ferrari ? 50 WM-Punkte ? Platz 1
Das Ferrari-Team hatte in Barcelona sehr zum Ärger der Konkurrenz das in der Summe der Komponenten überlegene Paket. Die Aerodynamik des F2002 ist extrem ausgereift und ausgefeilt, der Motor verfügt über ausreichend PS, die Bridgestone-Pneus waren sensationell gut und sowohl Michael Schumacher als auch Rubens Barrichello fegten um den Kurs, dass es ein Augenschmaus war, ihnen dabei zuzusehen.
Wie exzellent das neue Auto sein muss, zeigten die Onboard-Aufnahmen, in denen Michael Schumacher eine Sekunde pro Runde schneller als die Konkurrenz fuhr, aber dennoch nicht am Limit war, was man an der fast schon beängstigend ruhigen Lenkradarbeit ablesen konnte. Ein weiteres Indiz hierfür ist die Tatsache, dass Rubens Barrichello mit dem F2002 Michael Schumacher dicht auf die Pelle rückt. Gute Fahrer können dann besonders viel Boden auf die Konkurrenz gut machen, wenn sie in einem schwierig zu fahrenden Auto sitzen ? das ist allgemein bekannt.
Wenn man an der Arbeit Ferraris überhaupt Kritik üben darf, so ist dies die schlechte Zuverlässigkeit, mit der man Rubens Barrichello in diesem Jahr in die Rennen schickt. Vier Ausfälle in fünf Rennen ? man darf sich gar nicht vorstellen, was in Italien passiert wäre wenn dies Michael Schumacher passiert wäre. Zugegeben, ein Ausfall war nicht technisch bedingt, aber auch am Auto von Schumacher gab es technische Probleme, gerade bei Testfahrten treten diese auffällig oft auf.
Ansonsten ist die Bilanz der Roten bisher umwerfend. Trotz der "Ein-Mann-Show" führt man die Konstrukteurswertung mit 50 Punkten an, in Barcelona war Michael Schumacher im Rennen 1,385 Sekunden schneller als Juan-Pablo Montoya im BMW-Williams in dessen schnellster Rennrunde. Auf das flotteste Bridgestone-Auto (Felipe Massa im Sauber) machte Schumacher 1,831 Sekunden gut. Dies untermauert, wie gut der F2002 ist.
Rubens Barrichello zeigte erneut, dass er mit dem neuen Auto Michael Schumacher ein ernst zu nehmender Gegner ist. Der Kerpener muss alles aus sich herausholen, um die 0,3 bis 0,4 Sekunden Vorsprung herauszufahren, die man von ihm erwartet. Wenn Barrichello erst einmal auch die Zielflagge sieht, dann wird es für die Konkurrenz eine ganz harte Nuss, Ferrari im Kampf um den Konstrukteurstitel noch aufzuhalten.
Kurzprognose:
Nur eine unwahrscheinliche Dominanz von Michelin oder ein Unfall kann Michael Schumacher auf dem Weg zum Titel noch stoppen. Wenn Ferrari die Zuverlässigkeit besser im Griff hat, wird man auch den Konstrukteurstitel einfahren. Sollte Michael Schumacher irgendwann einmal ausfallen, dann ist das Auto in diesem Jahr so stark, dass auch Rubens Barrichello nach Hockenheim 2000 endlich einmal wieder ein Rennen gewinnen sollte.
BMW-Williams ? 43 WM-Punkte ? Platz 2
Das BMW-Williams-Team ist im Moment die verdient zweite Kraft in der Formel 1. Das Team leidet vor allem unter einer nicht ausreichend effektiven Aerodynamik und der Unterlegenheit Michelins gegenüber Bridgestone. Mit 2.757 gefahrenen Rennkilometern sind die Weiß-Blauen mittlerweile das zuverlässigste Team.
Ralf Schumacher vergab in Barcelona wie schon im letzten Jahr einen Podiumsplatz durch einen Fahrfehler. Der Motorschaden, der erste übrigens in diesem Jahr, in der letzten Runde könnte durch den Ausritt mit verursacht worden sein. Teamkollegen Juan-Pablo Montoya war in seiner schnellsten Rennrunde rund eine Sekunde schneller als Ralf Schumacher. Im Qualifying konnte der Kerpener den Kolumbianer knapp schlagen, da dieser mit Problemen kämpfte.
Rund eine Sekunde fehlte BMW-Williams im Qualifying auf Ferrari, im Rennen waren es sogar rund 1,4 Sekunden. Das Team wird hart arbeiten müssen, um diesen Rückstand aufzuholen. Dabei muss man in erster Linie auf Michelin hoffen. Eine Sekunde wird man im Auto selbst nicht mehr finden können. Auch das Team muss an sich arbeiten. Der Unfall an der Box war unnötig.
Kurzprognose:
BMW-Williams wird in diesem Jahr noch Rennen gewinnen, vor allem auf Strecken mit langen Geraden und engen Kurven oder unter heißen Bedingungen. Strecken mit schnellen Kurven liegen dem Auto derzeit nicht besonders. Die Leistungen sind im Gegensatz zu Ferraris Vorstellungen momentan zu unkonstant um eine Chance auf den WM-Titel zu haben.
McLaren-Mercedes ? 13 Punkte ? Platz 3
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, so war der Große Preis von Spanien für die Silbernen ein Schritt nach vorne. Der kollabierte Heckflügel von Kimi Räikkönen war Pech, nicht mehr. David Coulthard hingegen holte mit seinem dritten Platz das Maximum aus seinem Auto heraus und hatte in seiner schnellsten Rennrunde nur 0,191 Sekunden Rückstand auf Montoya. An der fahrerischen Vorstellung Coulthards war einmal mehr nichts auszusetzen. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen kam er an seinen Gegnern durch Überholmanöver vorbei.
Die Basis des MP4-17 ist gut, es fehlt in erster Linie an Erfahrung mit den Michelin-Reifen. Angeblich brachte Michelin nach Barcelona eine Mischung mit, die mehr zum BMW-Williams passte und eine, die eher den Anforderungen des McLaren-Mercedes genügt. Dass das Auto in schnellen wie in langsamen Kurven um Welten schlechter liegt als der Ferrari dürfte nicht nur ein Reifenproblem sein, sondern auch an einer etwas schlechteren Aerodynamik liegen. Der Mercedes-Motor ist sicherlich nicht der stärkste, aber ihm einen 60-PS-Rückstand anzudichten ist schon sehr vermessen.
Kurzprognose:
McLaren-Mercedes dürfte in diesem Jahr besonders auf engeren Strecken stärker sein als BMW-Williams. Besonders das Abschneiden der Silbernen in Monaco dürfte interessant sein zu beobachten. Hier könnte man BMW-Williams überlegen sein. Ferrari ist für die Silbernen momentan unerreichbar. Es fällt schwer zu glauben, aber das Risiko, dass McLaren-Mercedes in diesem Jahr kein Rennen mehr gewinnt, ist nicht von der Hand zu weisen.
Renault ? 8 Punkte ? Platz 4
Wie schon in Imola so musste Renault auch in Barcelona wieder erfahren, dass es bis an die Spitze noch ein sehr weiter Weg ist. Man ist aber weiterhin verdient auf dem vierten Platz, im Rennen fuhr Jarno Trulli mit 1,800 Sekunden Rückstand die vierschnellste Runde. Interessanter Weise war der Italiener damit schneller als Teamkollege Jenson Button der 0,452 Sekunden langsamer war. Das Team hatte am Sonntagmorgen entdeckt, dass es im Auto von Trulli ein Problem gibt, das ihn offenbar schon die ganze Saison begleitet hat, weswegen Trulli im Vergleich zu Button so schwach ausgesehen haben könnte.
Mitte des Jahres wird Renault einen stark verbesserten Motor präsentieren, aber ob das wie geplant ausreichen wird, um McLaren-Mercedes von Rang 3 zu verdängen, darf bezweifelt werden. Die großen Sprünge, die man im letzten Jahr noch machte, kann man nicht weiterhin erwarten, denn an der Spitze wird die Luft für gewöhnlich deutlich dünner.
Kurzprognose:
Renault ist weiterhin auf dem Weg dazu, dem Sauber-Team den vierten Platz streitig zu machen. Der eine oder andere Podiumsplatz scheint für das Team in diesem Jahr realistisch zu sein. Dafür müssen aber vier der sechs Top-Autos Probleme haben ? ein schwieriges Unterfangen also.
Sauber ? 8 Punkte ? Platz 5
Das Sauber-Team hatte in den letzten Rennen des Öfteren etwas Pech gehabt, das man in Barcelona endlich wieder einmal abschütteln konnte. Dort profitierte man sogar vom Ausfall beider Renault und sicherte sich so die Plätze 4 und 5. Der Kurs von Barcelona liegt dem Auto, was für eine gute Aerodynamik spricht und die fünftschnellste Rennrunde von Felipe Massa mit 1,831 Sekunden Rückstand erklärt. Teamkollege Nick Heidfeld war rund 0,7 Sekunden langsamer als Massa.
Kurzprognose:
Das Sauber-Team ist weiterhin für regelmäßige Platzierungen in den WM-Punkten gut. Renault kristallisiert sich aber von Rennen zu Rennen mehr als starker wenn nicht sogar leicht bevorteilter Gegner heraus.
Jaguar ? 3 WM-Punkte ? Platz 6
Der Doppelausfall von Barcelona war ein weiteres Kapitel in der Pleiten-, Pech- und Pannenserie von Jaguar. Das Auto offenbarte zudem im Qualifying wie im Rennen seine eklatanten Aerodynamik-Schwächen. Erst in Silverstone soll dem Team ein neues Aerodynamikpaket zur Verfügung stehen, mit dem man einen großen Schritt nach vorne machen möchte.
Kurzprognose:
Die Grünen werden es schwer haben, in dieser Saison weitere Punkte einzufahren. Dass dem Team ein großer Sprung nach vorne gelingen wird, ist fraglich. Die Konkurrenz, die ebenfalls mit einem großen Rückstand auf Ferrari zu kämpfen hat, wird sich ebenfalls bemühen, den Rückstand zu minimieren.
Minardi-Asiatech ? 2 WM-Punkte ? Platz 7
Das Minardi-Team ging in Barcelona erst gar nicht an den Start, als im Training drei Flügelbrüche auftraten. Das Team ist keinesfalls das erste, dem Barcelona Probleme bereitet und schon gar nicht das einzige Team, das in diesem Jahr Flügelbrüche zu beklagen hatte. Diese Bauteile sind am Limit konstruiert und so ist es gefährlich, dass diese brechen, aber man kann dem Team keine unprofessionelle Arbeit unterstellen. Angesichts des kleinen Budgets war es mehr als professionell, die Autos nicht an den Start zu schicken.
In den Trainingssessions zuvor offenbarte sich der eklatante Rückstand auf die Konkurrenz, man hat nun einmal das schwächste Paket im Feld. Alex Yoong hätte um ein Haar sowieso die 107-Prozent-Hürde nicht geschafft, Mark Webber fehlten im Qualifying 3,438 Sekunden auf die Bestzeit von Michael Schumacher.
Kurzprognose:
Von Minardi kann man in diesem Jahr keine großartigen Verbesserungen erwarten, das Team wird wohl das Schlusslicht bleiben. Eine erneute Ankunft in den Punkten ist wohl nur mit einer riesigen Portion Glück möglich.
Toyota ? 2 WM-Punkte ? Platz 8:
Die Japaner haben in den letzten Rennen gelernt, was es heißt, neu in der Formel 1 zu sein. Nachdem die etablierteren Teams ihre anfänglichen Probleme aussortiert haben, gibt es keine WM-Punkte mehr abzustauben. Dennoch erwies sich der TF102 erneut als zuverlässig, was mit den Plätzen 8 und 9 belohnt wurde. Mika Salo war zudem sogar noch erstaunlich schnell ? der Finne fuhr mit 2,169 Sekunden Rückstand die siebtschnellste Rennrunde! Teamkollege Allan McNish war um rund 0,7 Sekunden langsamer.
Kurzprognose:
Besonders im Rennen kommt Toyota dank einer guten Zuverlässigkeit und eines erstaunlich schnellen Autos immer weit nach vorne. Es ist also gut denkbar, dass für die Mannschaft aus Köln in diesem Jahr noch der eine oder andere WM-Punkt herausspringen wird.
Arrows-Cosworth ? 1 WM-Punkt ? Platz 9
Das Arrows-Team macht dank der endlich beginnenden Saisontestfahrten große Schritte nach vorne. Der Cosworth-Motor hilft dem Team nach vorne und man kann den gleich motorisierten Jaguar deutlich hinter sich lassen, was nicht nur am Auto, sondern in Barcelona auch am Bridgestone-Reifen lag. Mit 1,965 Sekunden Rückstand fuhr Heinz-Harald Frentzen die sechstschnellste Rennrunde und fuhr damit fast auf Sauber-Niveau!
Die Rennvorstellung des Mönchengladbachers war erwartungsgemäß reif. Als er erst einmal auf dem sechsten Platz lag, riskierte er nichts, um den einen WM-Zähler zu verschenken. Teamkollege Enrique Bernoldi fiel vorzeitig mit Hydraulikproblemen aus, was darauf hinweist, dass das Team die Technik des Autos immer noch nicht im Griff hat.
Kurzprognose:
Von Arrows kann man in diesem Jahr noch viel erwarten, es sind auf jeden Fall weitere WM-Punkte in Aussicht. Im neuen Auto steckt noch viel ungenutztes Potenzial und es wäre nicht überraschend, würde man das eine oder andere Mal sogar dem Sauber-Team die Show stehlen.
BAR-Honda ? 0 WM-Punkte ? Platz 10
Die beiden Honda-Teams bilden derzeit das Schlusslicht der Formel 1 ? zumindest was die Punkteausbeute angeht. BAR-Honda, ausgestattet mit zwei exzellenten Fahrern, konnte in diesem Jahr noch keinen einzigen WM-Punkt einfahren. In Barcelona sah nur Jacques Villeneuve wieder einmal als undankbarer Siebter die Zielflagge. Mit 2,472 Sekunden Rückstand fuhr der Kanadier die zehntschnellste Rennrunde.
Besonders im Qualifying sind die Vorstellungen der Weißen zu schwach, im Rennen kann sich insbesondere Jacques Villeneuve immer wieder unauffällig nach vorne arbeiten. Auch Teamkollege Olivier Panis war im Rennen nur unwesentlich langsamer als der Kanadier. Nun gilt es, die Leistung des Autos zu verbessern, was mit einem neuen Aerodynamik-Paket geschehen soll, das zum Großen Preis von Kanada fertig gestellt sein wird.
Kurzprognose
Das BAR-Honda-Team wird zu jenen Teams gehören, die sich in diesem Jahr noch verbessern können. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis man endlich den ersten WM-Punkt der Saison einfahren kann. Auch Honda wird und muss sich angesichts des großen Rückstandes auf die Konkurrenz verbessern.
Jordan-Honda ? 0 WM-Punkte ? Platz 11
Das Jordan-Honda-Team bildet zurzeit das Schlusslicht der Formel 1 ? wer hätte das erwartet? Das Auto, das bei den Wintertests so hoch gelobt wurde, hat sich in der Praxis bisher nicht als ausreichend gut erwiesen. In Barcelona musste Giancarlo Fisichella mit technischen Problemen aufgeben und Takuma Sato wurde sein ungestümer Fahrstil zum Verhängnis. Mit nur 1.196 gefahrenen Rennkilometern ist Jordan momentan das Schlusslicht in der Zuverlässigkeitswertung.
Kurzprognose:
Es fällt schwer zu glauben, dass es mit dem Jordan-Honda-Team in diesem Jahr noch stark aufwärts gehen wird. Somit wird es angesichts der starken Konkurrenz sogar schwierig, in die WM-Punkte zu fahren.

