Ausschreibung für 2014: Pirelli setzt FIA unter Druck

Mittels Ausschreibung will die FIA den Reifenlieferanten ab 2014 finden, die Situation ist aber verzwickt: Pirelli drängt nun auf eine Entscheidung und droht mit dem Aus

(Motorsport-Total.com) - Wie geht es mit Pirelli als alleiniger Reifenausrüster der Formel 1 weiter? Das ist derzeit ungewiss. Die Italiener wollen den Vertrag, der mit Saisonende ausläuft, bis 2018 verlängern, doch die FIA hat sich durch das Sportlichen Reglement für die aktuelle Saison dazu verpflichtet, den neuen - und möglicherweise alten - Reifenhersteller mittels Ausschreibung zu ermitteln. Pikant ist aber, dass Formel-1-Boss Bernie Ecclestone mit Pirelli bereits einen Deal für die Rennstrecken-Werbung unter Dach und Fach gebracht hat. Das macht die Ausschreibung zur Farce, schließlich würde es wenig Sinn ergeben, als Reifenlieferant in die Formel 1 einzusteigen, ohne Streckenwerbung zu schalten.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Die Uhr tickt: Paul Hembery drängt auf eine Entscheidung in der Reifenfrage Zoom

Dazu kommt, dass Pirelli allen Teams bereits das Vertragsanbot für die kommenden vier Jahre geschickt hat - diese befürchten aber, mit einer Unterschrift gegen das Sportliche Reglement der FIA zu verstoßen, das eine Ausschreibung vorsieht. Eine verzwickte Situation. Zumal Pirelli nun Druck macht: Die Truppe um Motorsportchef Paul Hembery will endlich Gewissheit, wie es weitergeht, schließlich müsse man bald die ersten Vorbereitungen für die kommende Saison treffen.

Hembery fürchtet Chaos

"Wenn man es vernünftig machen will, braucht man einige Zeit zur Vorbereitung", bestätigt der Brite. "Die Daten und Informationen zur Herstellung der Reifen für 2014 liegen frühestens im September vor, dann bleibt nicht mehr viel Zeit. Das größere Problem ist aber der kommerzielle Aspekt."

Hembery fürchtet, dass ein anderes Unternehmen das Pirelli-Gebot unterbieten könnte, um den Zuschlag zu erhalten. "Dann stellen sie sich vielleicht die Frage: 'Es kostet uns eine Menge Geld, wie werden wir wahrgenommen?' Und dann lautet die Antwort: 'Gar nicht'", beschreibt Hembery ein mögliches Szenario, schließlich ist die FIA nicht für die Außendarstellung auf den Boliden oder an den Rennstrecken zuständig, sondern FOM und die Teams.

"Sie könnten dann zu einem Team gehen und dort um Werbeflächen anfragen, aber die würden dann 20 oder 30 Millionen verlangen, weil sie wissen, dass sie mit Reifen beliefert werden", denkt Hembery das Szenario weiter. "In dieser Situation wäre es ein ungewisses Investment, da man nicht wüsste, was die Bereitstellung der Reifen und das Erzeugen der Wahrnehmbarkeit kostet. Und ein Engagement im Sport ist nur dann sinnvoll, wenn man wahrgenommen wird."

FIA-Ausschtreibung: Unverständnis bei Pirelli

Dem Motorsportchef ist sowieso unklar, warum eine Verlängerung des Vertrags über eine Ausschreibung der FIA führen muss, zumal das Prozedere 2010, als man sich gegen Michelin durchgesetzt hatte, ein anderes war. "Damals haben der Promoter und die Teams mit uns gesprochen", schildert Hembery, der daher auch diesmal auf die Rennställe und auf Ecclestone zugegangen ist.

"Das ist in vielerlei Hinsicht logisch", erklärt er. "Du musst wissen, welche Kosten auf dich zukommen. Alleine die Bereitstellung der Reifen kostet viele Millionen. Außerdem musst du dich um Werbung auf den Autos und an der Strecke kümmern. Wir wiegen die Kosten gegen den Nutzen ab, und wenn diese Rechnung nicht aufgehen würde, wären wir nicht im Sport engagiert."

"Stand heute wird unser letztes Rennen im November sein." Paul Hembery

Warum Eile geboten ist

Abgesehen davon, dass die Entwicklung der neuen Boliden für die Saison 2014 stark von der Reifenkonstruktion abhängt, zwingt auch die wirtschaftliche Lage Pirelli zu einer raschen Entscheidung, argumentiert Hembery: "Das Ergebnis im vierten Quartal 2012 verheerend. Davon haben wir uns noch nicht erholt. Wir investieren eine bestimmte Summe in den Sport, die wir nicht erhöhen werden. Nun haben wir diese Struktur und viele Mitarbeiter und müssen wissen, was mit ihnen in der Zukunft geschieht. Wir möchten nicht im Juli noch ungewiss darüber sein, was passiert. Für uns ist das ein Geschäft, und so müssen wir agieren."

Er stellt den Verantwortlichen die Rute ins Fenster: "Ich kann nicht sagen, ob wir im kommenden Jahr hier sein werden. Wenn seltsame Dinge passieren, könnten die Bosse eine andere Entscheidung treffen. Stand heute wird unser letztes Rennen im November sein." Jetzt sieht er den Ball beim Automobil-Weltverband. "Wenn die FIA eine Ausschreibung machen will, sollten sie selbst auch mit den Teams und dem Promoter reden", verlangt er. "Denn es wäre Nonsens, wenn sie eine Ausschreibung durchführen würden, die wir nicht erfüllen können."