• 08.03.2003 08:47

Ausführliches Interview mit Michael Schumacher

Polesetter Michael Schumacher bei der Pressekonferenz im Gespräch über das heutige Qualifying und weitere interessante Themen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, das war heute für alle aufregend zum Zuschauen, aber auch ein wenig verwirrend. Wie ist es für dich an den beiden Tagen gelaufen und wie kam es zur Pole-Position?"
Michael Schumacher: "Naja, es hat gestern nicht gerade perfekt für mich angefangen. Ich hatte nicht das beste Setup. Rubens hat in diesem Bereich einen viel besseren Job gemacht und ich habe dann einfach seine Einstellungen kopiert, was sehr gut für mich funktioniert hat. Dafür sind Teamkollegen ja da, dass sie sich gegenseitig helfen."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher ist nun klarer Favorit auf den Sieg in Melbourne

Frage: "Gestern warst du der 'Straßenfeger', heute nicht mehr. Was denkst du über das Einzelzeitfahren, was ist dir durch den Kopf gegangen und wie schwierig ist es für die Teams, sich an diese neue Situation anzupassen?"
Schumacher: "Es ist für die Teams wirklich schwierig, denn wir arbeiten in einem sehr engen Zeitfenster. Das Warm-Up war um 14.45 Uhr zu Ende und um 15.00 Uhr musste alles fertig sein für das Rennen. Das ist sehr knifflig und ich denke, dass man da in Zukunft Anpassungen vornehmen muss, aber grundsätzlich sollte man sich nicht darüber aufregen. Es ist für alle gleich. Für mich als Fahrer ist im Auto nichts anders geworden, denn man muss sich so oder so auf die eine Runde konzentrieren. Ob man jetzt vier Runden hat oder nur eine, das macht keinen Unterschied, wenn man im Cockpit sitzt. Ich habe nicht das Gefühl, dass sich für mich was geändert hat."

Qualifying-Runde von Schumacher war "voll"

Frage: "Deine Runde sah sehr sauber aus. Bist du nicht ganz ans Limit gegangen, weil nur ein Versuch zur Verfügung stand?"
Schumacher: "Nein, die Runde war voll. Ich hatte keinen Raum mehr, noch härter zu attackieren."

Frage: "Ist im alten Ferrari noch Leben?"
Schumacher: "Ja. Aber die Frage ist, wie gut unser altes im Vergleich zum neuen Auto ist. Das müssen wir erst noch beantworten."

Frage: "Du hattest gestern einen kleinen Abflug und schon vor ein paar Jahren beim Australien-Grand-Prix. Hat das mit dem Saisonauftakt zu tun?"
Schumacher: "Das ist eigentlich heute passiert, aber meine Ingenieure sind ja schon auf mich zugegangen und haben mir gesagt, sie machen sich Sorgen, weil mir dieses Jahr bis dahin so etwas noch nicht passiert ist (lacht)! Das scheint für mich hier schon fast eine Tradition zu sein, aber wenigstens lief es von dem Moment an gut für mich."

Frage: "Ist es nur Zufall oder brauchst du immer etwas Zeit, um dich wieder an alles zu gewöhnen?"
Schumacher: "Niemand macht so etwas absichtlich, aber man attackiert halt und manchmal übertreibt man es. Wir sind hier auf einem Straßenkurs und da kann es schon mal passieren, dass man die Wand touchiert. Aber sie haben hier in Melbourne mit den Auslaufzonen einen tollen Job gemacht und ich sollte mich vielleicht bei Ron Walker bedanken, der das wirklich signifikant verbessert hat. Sonst wäre ich wohl volles Rohr in die Wand gekracht. Wahrscheinlich gilt das nicht nur für mich. Es sind also viele Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden, die die Strecke besser machen."

Über Regeln: "Ich denke, wir sollten das ganze Wochenende abwarten"

Frage: "Du bist schon sehr erfahren. Wie ist deine Meinung zu den neuen Regeln und speziell zum neuen Qualifying?"
Schumacher: "Ich denke, wir sollten das ganze Wochenende abwarten und dann schauen, wo wir damit stehen. Es macht keinen Sinn, da jetzt schon ein Urteil zu fällen."

Frage: "Neuer Williams, alter Ferrari. Wann werdet ihr euer neues Auto einsetzen?"
Schumacher: "Hoffentlich so bald wie möglich, aber wir wollen erst sicherstellen, dass es zuverlässig ist. Davon hängt es ab. Vielleicht erinnern sich noch einige an letztes Jahr, als alle nach dem ersten Rennen gesagt haben, niemand kann uns schlagen, aber in Malaysia sah es dann schon ganz anders aus. Ich bin daher sehr vorsichtig und warte erst einmal ab, was in Malaysia passiert. Dann werden wir ja sehen. McLaren und Williams werden sich ja auch stark verbessern."

Frage: "Wie fühlst du dich jetzt, wo die Autos im Parc Fermé stehen, und kannst du gar nichts mehr tun vor dem Rennen?"
Schumacher: "Es ist seltsam, weil wir jetzt alle Zeit der Welt haben, nichts mehr unternehmen können. Das kommt mir schon eigenartig vor."

Frage: "Hast du deswegen Sicherheitsbedenken?"
Schumacher: "Ich möchte das jetzt nicht thematisieren. Es ist noch viel zu früh dafür und man sollte wirklich erst Erfahrungen sammeln. Es könnte ein Thema werden, wenn das Wetter plötzlich umschlägt und es zu regnen beginnt, aber die Zeit wird zeigen, was in solchen Fällen dann passiert."

Keine Probleme trotz Reparatur nach Unfall im Training

Frage: "Du hast heute besonders im dritten Sektor viel Zeit gewonnen. Wo kam die her?"
Schumacher: "Ich habe im letzten Sektor fast dieselbe Zeit gefahren, nicht wahr? Ich glaube, das war auch früher schon manchmal so, nicht nur dieses Jahr. Vielleicht hängt es mit den Reifen zusammen, vielleicht mit dem Auto. Ich weiß es nicht."

Frage: "Dein Auto wurde nach dem Unfall am Morgen repariert. Hat es sich absolut perfekt angefühlt, als das Warm-Up begonnen hat?"
Schumacher: "Ja, da gab es kein Problem. Wir mussten aber am Auto nach dem Aufwärmtraining noch arbeiten, um die letzten Änderungen hinzubekommen."

Frage: "Glaubst du, dass die neuen Regeln für die Zuschauer unterhaltsam sind?"
Schumacher: "Ich habe noch mit niemandem darüber gesprochen, also kann ich nichts dazu sagen."

Frage: "Wie unterschiedlich war dein Setup verglichen mit einem Qualifying nach altem Muster und wie sieht deine Strategie für das Rennen aus?"
Schumacher: "Dazu gehen sie am besten in die Garage zu den Computern und Ingenieuren, die können dazu eine bessere Antwort geben."

Frage: "Ist das eine Einladung?"
Schumacher: "Nicht von mir. Natürlich will darüber niemand Auskunft geben."

Startreihenfolge nicht so entscheidend wie am Freitag

Frage: "Wie wichtig war die Startreihenfolge heute Nachmittag?"
Schumacher: "Ich denke, das war heute nicht so ausschlaggebend, weil es vor dem Qualifying dieses kurze Warm-Up gab und es gleich 15 Minuten danach losging. Als ich im Warm-Up am Anfang auf die Strecke ging, war es wieder ziemlich rutschig, fast wie gestern bei meiner fliegenden Runde. Es fand ein Formel-Ford-Rahmenrennen statt und da war viel Schmutz auf der Strecke, aber dank des Aufwärmtrainings wurde die Strecke rasch besser."

Frage: "So viel hat sich ja nun doch nicht geändert. Waren die Änderungen umsonst oder wird sich morgen im Rennen noch viel tun?"
Schumacher: "Ehrlich gesagt hat niemand mit einem völlig umgekrempelten Szenario gerechnet oder damit, dass Ferrari auf einmal nur noch im Mittelfeld ist, obwohl das mit einem Fehler bei den neuen Regeln schnell passieren kann. Wir sind professionell genug, um immer die maximale Performance erreichen zu wollen. Genau das ist passiert. Andererseits hatte es sicher mit dem neuen Prozedere zu tun, wo David und Kimi gelandet sind, denn mit mehr Runden wären sie sicher weiter vorne. Das gilt auch für meinen Bruder."

Frage: "Verstehen die Leute, was da passiert? Es ist wie letztes Jahr an den Freitagen, als niemand wusste, wer wie viel Sprit an Bord hat."
Schumacher: "Dafür seid ihr Journalisten verantwortlich. Ihr habt darüber geschrieben, wie langweilig die Formel 1 geworden ist, also wurde etwas geändert. Jetzt müsst ihr damit leben (lacht)!"