• 23.03.2012 08:16

  • von Stefan Ziegler

Anderson erklärt die Geheimwaffe von Mercedes

Wie funktioniert das F-Schacht-System von Mercedes und welche Vor- und Nachteile ergeben sich dadurch? Experte Gary Anderson erklärt

(Motorsport-Total.com) - Mercedes steht derzeit unter intensiver Beobachtung durch die Konkurrenz. Der Grund dafür ist ein interessantes F-Schacht-System, das Michael Schumacher und Nico Rosberg vor allem in der Formel-1-Qualifikation einen Vorteil verschafft. Den Rivalen ist dies natürlich ein Dorn im Auge, doch der Automobil-Weltverband (FIA) steht auf der Seite von Mercedes: Ein Regelverstoß liegt nicht vor.

Titel-Bild zur News: Mercedes-Heckflügel

Den Mercedes-Heckflügel schaut sich die Konkurrenz derzeit sehr genau an...

Was aber ist es genau, an dem sich die Geister scheiden? Formel-1-Experte Gary Anderson gibt gegenüber der 'BBC' einige Erläuterungen zu diesem Thema und meint: Vor allem in Malaysia dürfte Mercedes eine gute Figur abgeben. "Sepang ist nämlich eine der Strecken, auf der das System am meisten Vorteile bringen sollte. Sie könnten beim Kampf um die Pole-Position also eine Rolle spielen."

Luftführung vom Heckflügel zum Frontflügel

Damit würde Mercedes an die starke Leistung aus dem Zeittraining von Melbourne anknüpfen. Ob sich dieser Trend auch im Rennen umsetzen lässt, bleibt laut Anderson - ähnlich wie beim Auftakt in Australien - abzuwarten. Im Grand Prix könnte sich das Mercedes-System sogar schädlich auf das Tempo von Schumacher und Rosberg auswirken. Doch wie genau funktioniert der silberne F-Schacht?

Anderson erläutert, wie geschickt das Team den verstellbaren Heckflügel nutzt: "Beim Mercedes bewegt sich der Flap am Heckflügel genau wie bei allen anderen Autos. Der Unterschied ist: Wenn sich das Element anhebt, werden dadurch einige Löcher auf der Innenseite der Endplates freigelegt." Und diese Löcher sind durch Kanäle mit ihren Gegenstücken auf der Unterseite des Frontflügels verbunden.

"Wenn man den Abtrieb an der Hinterachse reduziert, verstärkt sich normal das Übersteuern in schnellen Kurven." Gary Anderson

Aus gutem Grund, wie Anderson hinzufügt: "Wenn der verstellbare Heckflügel aktiviert wird, saugt der Unterdruck unter dem Frontflügel etwas Luft vom Heckflügel durch das Auto, was die Effektivität des Frontflügels reduziert." Das hat positive Auswirkungen auf das Fahrverhalten des Autos. "Wenn man den Abtrieb an der Hinterachse reduziert, verstärkt sich normal das Übersteuern in schnellen Kurven."

Wenn das Heck zu sehr herumrutscht...

"Das kann limitieren, wie schnell ein Fahrer durch die Kurve fahren kann. Das System von Mercedes reduziert den Abtrieb an der Vorderachse. Das bedeutet: Das Auto behält eine konstante Balance und profitiert noch dazu vom erhöhten Topspeed. Im Qualifying kann Mercedes deshalb eine größere Distanz mit aktiviertem Heckflügelsystem zurücklegen", erklärt Formel-1-Experte Anderson.

Im Rennen ist dieser Vorteil jedoch plötzlich dahin: Der Einsatz des Heckflügel-Systems ist dann nur noch in den Überholzonen möglich, von denen es in Sepang lediglich eine gibt. "Der Heckflügel darf dann nur auf der Zielgeraden verstellt werden", sagt Anderson - und das sei problematisch für die Mercedes-Piloten. Vom Qualifying zum Grand Prix verändere sich nämlich das Autoverhalten.

"Ich sehe Mercedes um die Pole-Position kämpfen, aber im Rennen ein paar Probleme mit den Hinterreifen bekommen." Gary Anderson

"Das Heck rutscht mehr, was wiederum die Reifen aggressiver rannimmt", meint Anderson und kommt für sich zum Schluss: "Ich sehe Mercedes um die Pole-Position kämpfen, aber im Rennen ein paar Probleme mit den Hinterreifen bekommen." Ähnlich war es schon in Melbourne: Im Qualifying wusste Mercedes zu überraschen, im Rennen war der Vorteil weg. Und damit auch die Chancen auf das Podest.


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Malaysia