• 03.04.2008 20:40

Alonso: "Kein großes Problem, aber viele kleine"

Fernando Alonso über das Warten auf den Renault-Fortschritt: "Wir haben große Verbesserungen in Aussicht, alle anderen aber auch"

(Motorsport-Total.com) - Fernando Alonso hat mit Renault Geduld - noch jedenfalls. Der Spanier hatte sich konstante Fortschritte mit seinem aktuellen Dienstwagen erhofft, muss aber nun einsehen, dass zurzeit eher Stagnation herrscht. Für einige ist der Doppelweltmeister bereits schon wieder auf dem Absprung in Richtung Ferrari um dort den glücklosen Felipe Massa zu ersetzen. Im Interview nimmt Alonso zu den Wechselgerüchten ebenso Stellung wie zur Entwicklung des Renault R28.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso: Auf dem Abflug zu Ferrari oder im sicheren Renault-Hafen?

Frage: "Fernando, erwartest du hier ein ähnliches Bild wie bei den ersten beiden Rennen?"
Fernando Alonso: "Ja. Ich glaube, dass wir erst zum Barcelona-Test einige Veränderungen erwarten können, weil wir erst dann einige Verbesserungen am Auto haben werden, wie die meisten anderen Teams auch. Bis Barcelona wird wohl alles mehr oder weniger unverändert bleiben. Ich erwarte also ein schwieriges Qualifying für uns. Aber ich hoffe, dass ich in Q3 kommen kann. Im Rennen möchte ich auf Punktejagd gehen, aber das hängt natürlich von unserer Performance am Samstag ab. Das ist in etwa das, was wir erwarten. Aber mal sehen, vielleicht ändern wir unsere Aussichten ja morgen."#w1#

Stillstand statt Fortschritt

Frage: "Erwartet ihr in Barcelona einen großen Fortschritt?"
Alonso: "Wir haben einige große Verbesserungen in Aussicht und erwarten und einen deutlichen Fortschritt mit dem Auto. Aber wir wissen natürlich, dass zur Zeit alle Teams ein solches Gefühl haben. Alle Mannschaft werden ihren Verbesserungen optimistisch entgegen blicken. Es liegt an uns, die wirklich wichtigen und guten Verbesserungen ans Auto zu bringen. Manchmal hast du ein gutes Gefühl und dann baust du die neuen Teile ans Auto und trotzdem fühlt es sich dann noch in etwa genauso an wie vorher. Ich hoffe für uns, dass wir den Unterschied direkt spüren werden."

"Es liegt an uns, die wirklich wichtigen und guten Verbesserungen ans Auto zu bringen." Fernando Alonso

Frage: "Das Auto scheint keine ganz deutlichen Schwachstellen zu haben. Macht es das im Vergleich zu Ferrari und McLaren schwieriger, weil gleich das ganze Paket verbessert werden muss und man sich nicht einfach ein spezielles Teil zum Verbessern vornehmen kann?"
Alonso: "Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube sogar eher, dass es das einfacher macht, weil man ja weiß, dass man das gesamte Auto verbessern muss. Wen du ein ganz spezielles Problem hast, auf das du dich konzentrieren musst, dann ist es schwierig. Wenn du bei den Wintertests denkst, alles sei in Ordnung und dann stellst du beim Rennen in Melbourne ein grundlegendes Problem fest, dann ist es schwieriger, dieses zu lokalisieren. Für uns gibt es kein großes Problem, sondern nur viel kleine."

Frage: "Welche dieser Probleme sind am auffälligsten?"
Alonso: "Ich denke, dass es in heutigen Formel-1-Zeiten erst einmal wichtig ist, die Aerodynamik zu verbessern. Zur Zeit brauchen wir zu viel Flügel und zu viel Downforce, um vernünftigen Grip zu bekommen und dann sind wir natürlich dadurch auf den Geraden zu langsam. Also brauchen wir nun ein Aeropaket, das uns in den Kurven genügend Grip bringt und wir dennoch auf der Geraden nicht zu lahm sind."

Bahrain lädt zur Rutschpartie

Frage: "Wird die Strecke morgen schwierig zu befahren sein?"
Alonso: "Ich denke, diese Strecke ist immer kompliziert, vor allem aber am ersten Tag. Wir haben hier immer Freitags viele Fehler gesehen und morgen werden sich wahrscheinlich viele Fahrer drehen. Das haben wir an jedem Freitag hier gesehen und das erwarten wir morgen noch viel mehr. Die Strecke ist in keinem guten Zustand und mit den fehlenden elektronischen Hilfen sehen wir ohnehin mehr Fehler von den Piloten. Wir werden sicher morgen sehen, dass es schwieriger wird. Aber am Samstag und Sonntag sollte sich das wieder normalisieren und dann wird es ein ganz normales Rennen in Bahrain geben."

"Wir haben hier immer Freitags viele Fehler gesehen." Fernando Alonso

Frage: "Was ist deine Meinungen zum Skandal um Max Mosley, der gerade die Formel 1 beschäftigt?"
Alonso: "Ich kann dazu nichts sagen. Kein Kommentar."

Frage: "Wird innerhalb der Fahrergewerkschaft (GPDA) darüber diskutiert?"
Alonso: "Ich weiß es nicht. Ich glaube eher nicht, weil sich die GPDA um Sicherheitsbelange kümmert und diesbezüglich ist das nicht besonders wichtig."

Frage: "Es hieß nach dem Malaysia-Rennen in den spanischen Medien, dass du eine Ausstiegsklausel in deinem Vertrag hast und dass du das Team am Ende des Jahres verlassen könntest, wenn die Leistung des Teams nicht stimmt. Ist das so korrekt?"
Alonso: "Ich weiß es nicht. Ich kann mich an die Klausel nicht erinnern. Ich habe bei Renault für zwei Jahre unterschrieben. Aber wir haben ja auch im vergangenen Jahr gesehen, dass Verträge immer sehr flexibel gehandhabt werden können."

Frage: "Du kannst dich an die Aussage nicht erinnern, aber die Klausel gibt es?"
Alonso: "Nein."

Frage: "Es gibt in deinem Vertrag also keine Ausstiegsklausel?"
Alonso: "Nein."

Keine Wechselabsichten im Hinterkopf?

Frage: "Du bist also verpflichtet zu bleiben und siehst deine Zukunft auch hier, bevor du dich woanders umschaust?"
Alonso: "Im Moment schon, weil wir sind ja gerade erst am Anfang der Saison. Na klar, wir sind mit unseren Leistungen in den bisherigen zwei Rennen unzufrieden, aber es ist nicht die Zeit zum Aufgeben. Es ist Zeit, so hart wie möglich zu arbeiten. Mitte der Saison werden wir dann sehen wo wir stehen. Für nächstes Jahr scheint es ja größere Regeländerungen zu geben. Mit den kleinen Flügeln wird es dann deutliche Veränderungen im Bereich Aerodynamik geben und wahrscheinlich werden wir wieder Slicks drauf haben. All das kann die Lage in der Formel 1 ändern. Im Moment will ich erstmal dafür sorgen, dass wir gemeinsam einen guten Job machen, Renault und ich zusammen."

"Wir haben im vergangenen Jahr gesehen, dass Verträge immer sehr flexibel gehandhabt werden können." Fernando Alonso

Frage: "Also siehst du mit den Regeländerungen für dich genauso gute Chancen wie bei Ferrari?"
Alonso: "Ganz sicher. Ich denke, wenn die Regeln so deutlich verändert werden, ist das in etwa wie ein Münzwurf. Jedes Team kann dann plötzlich ein gutes Auto haben und mit um den Titel fahren. Im Moment hoffen wir, dass wir dann die Lücke zu den Teams, die zur Zeit vor uns liegen, wieder schließen können. Wenn die Regeln für die nächsten zehn Jahre stabil bleiben würden, dann wüssten wir doch schon jetzt, dass Ferrari und McLaren in den kommenden zehn Jahren um die Meisterschaft fahren würden. Hoffentlich wird das nächste Jahr also einige Veränderungen bringen und wir können vielleicht davon dann profitieren."

Frage: "Gibt es bei dir eine große Enttäuschung zur Zeit, weil du kein Siegerfahrzeug hast, oder war dir bei deinem Wechsel zu Renault von vornherein klar, dass du keine Rennen gewinnen können wirst?"
Alonso: "Ja, ich wusste das mehr oder weniger schon als ich bei Renault unterschrieben habe. Mir war klar, dass die Lücke zu groß war, als das man sie über den Winter hätte schließen können. Mir war schon bewusst, dass 2008 ein schwieriges Jahr werden könnte, in welchem wir einfach nur alles versuchen müssen, die Lücke zu den Topteams so klein wie nur eben möglich zu halten."

"Gleichzeitig hofft man natürlich immer, dass sich die Dinge verändern, vielleicht nicht gerade dass man plötzlich Titelkandidat wird, aber vielleicht auf Podiumsmöglichkeiten oder sogar ein oder zwei Rennsiege. Im Moment sehe ich uns nicht in einer solchen Position, also habe ich etwas gemischte Gefühle. Auf der einen Seite war mir klar, dass es schwierig werden würde. Aber auf der anderen Seite hofft man eben immer auf etwas mehr. Jetzt ist Zeit zum Arbeiten und hoffentlich ab Mitte der Saison oder vielleicht schon ab Barcelona sind die Fortschritte so gut, dass wir dem Kampf ums Podium deutlich näher sind."