Alguersuari: "Die Formel 1 ist so ähnlich wie Golf"

Toro-Rosso-Fahrer Jaime Alguersuari über den Unfall von Hockenheim, die Lernkurve in der Formel 1 und den einsetzenden Aufwärtstrend bei seinem Team

(Motorsport-Total.com) - Jaime Alguersuari ist zuversichtlich. Der junge Spanier glaubt fest daran, dass sich sein Toro-Rosso-Team schon in den kommenden Wochen erheblich steigern wird. Dies soll sich einerseits in der Qualifikation, andererseits freilich auch in den Rennen bemerkbar machen - Alguersuari will endlich wieder in die Punkteränge der Formel 1 vorstoßen und seinem Rennstall wichtige Zähler bescheren. In seiner Medienrunde spricht der 20-Jährige über diese Zielsetzung und wie er sie erreichen will.

Titel-Bild zur News: Jaime Alguersuari

Jaime Alguersuari hat sich vorgenommen, schon sehr bald wieder kräftig zu punkten

Frage: "Jaime, dein Rennen in Hockenheim wurde schon früh beeinträchtigt, denn du hattest in der ersten Runde einen Unfall. Schildere uns deine Eindrücke..."
Jaime Alguersuari: "Das war natürlich enttäuschend für mich, denn ich krachte in meinen Teamkollegen. Kurve sechs ist eine schwierige Stelle und wenn du von so weit hinten kommst, bist du dort gerne mal zu schnell. Genau das ist mir passiert: Ich hatte zu viel Geschwindigkeit und fuhr auf das Auto meines Stallgefährten auf."#w1#

"Anschließend mussten wir den Frontflügel wechseln und ab diesem Zeitpunkt verlief mein Rennen vollkommen anders. Punkte wären aber ohnehin kaum drin gewesen. Wenn die fünf Topteams - Red Bull, Ferrari, McLaren, Renault und Mercedes - ihre Autos allesamt ins Ziel bringen, kannst du nicht viel ausrichten. Mehr als Rang elf oder Platz zwölf ist so gesehen einfach nicht möglich."


Fotos: Jaime Alguersuari, Großer Preis von Deutschland


"Mein restliches Rennen war recht gut, denn ich war ziemlich schnell. Wir konnten viele wichtige Erfahrungen sammeln. Ich kannte Hockenheim noch nicht, also war das eine interessante Geschichte für mich. Ich muss mich beim Team entschuldigen, doch Fehler kommen hin und wieder halt vor. Wir sind nicht perfekt, müssen aber dennoch unsere Lehren daraus ziehen."

Alguersuari blickt optimistisch in die Zukunft

Frage: "Nun stehen einige Rennstrecken an, auf denen du bereits gefahren bist. Ist das ein Vorteil für dich und dein Selbstvertrauen?"
Alguersuari: "Psychologisch gesehen ist es natürlich prima, an Kurse zu kommen, die du bereits kennst. Dadurch hast du schon einmal eine Sorge weniger. Du kannst dich mehr auf die Balance des Autos und auf deine Leistung konzentrieren."

"Das ist sehr wichtig, wenn du das letzte Quäntchen herausholen willst. In der Formel 1 kannst du recht einfach Zeit gewinnen - oder verlieren. Wenn du die Strecken kennst, einhundert Prozent Vertrauen in dein Auto und das richtige Gefühl hast, dann kannst du das auch umsetzen. Die Formel 1 ist da so ähnlich wie Golf."

"Manchmal läuft es gut, manchmal eben nicht. Wichtig ist, dass du mental stark bist." Jaime Alguersuari

"An einem Loch gelingt es dir prima und du meinst, du hast die Situation unter Kontrolle. Am nächsten Loch kann die Lage aber schon wieder komplett anders sein. Du musst lernen, wie du damit umzugehen hast. Das macht die Formel 1 aus. Manchmal läuft es gut, manchmal eben nicht. Wichtig ist, dass du mental stark bist."

Frage: "Wie ist es also um dein Formel-1-Handicap bestellt?"
Alguersuari: "Es wird immer kleiner. Wir bestreiten unsere erste komplette Saison mit diesem Team und ich denke, wir schlagen uns auf technischer Seite bisher recht ordentlich. Wir arbeiten erstmals ohne die Hilfe von Red Bull."

"Wir dürfen daher sicherlich noch einiges vom Team erwarten. Nicht zuletzt deswegen, weil viele Rennställe vor allem in der ersten Saisonhälfte bei der Entwicklung Vollgas gegeben haben, um sich nun langsam aber sicher auf 2011 zu konzentrieren. Letzteres tun auch wir, doch wir haben für Ungarn noch ein paar Neuerungen dabei. Auch für Spa ist wieder einiges geplant."

Toro Rosso will sich weiter steigern

Frage: "Welche neuen Elemente werdet ihr in Ungarn einführen?"
Alguersuari: "Wir haben einige neue Aeroteile dabei, von denen wir uns einige Fortschritte erhoffen. Außerdem kennen wir natürlich die restlichen Strecken, was uns ebenfalls eine Hilfe sein sollte."

"Unser Ziel ist, die Saison vor Sauber zu beschließen." Jaime Alguersuari

Frage: "Siehst du ich und das Team als etablierter Mittelfeld-Rennstall?"
Alguersuari: "Ich wäre sehr zufrieden damit, wenn wir von nun an immer in den Top 13 landen würden. Unser Ziel ist nämlich, die Saison vor Sauber zu beschließen. Darüber hinaus wollen wir konstant in die Punkte fahren. Das wird schwierig, wenn du von weiter hinten als Rang 13 ins Rennen gehst. Wir müssen also stets an die Schwelle zu Q3 gelangen."

"Das ist möglich und das wissen wir. Man muss nur einmal das Qualifikationsergebnis von Hockenheim betrachten. Mir fehlten fünf Zehntel zum Einzug in Q3 - und vor mir waren fünf Autos. Das ist eine gute Nachricht, denn wenn du nur ein paar Zehntel findest, kann das in der Startaufstellung gleich mehrere Positionen ausmachen. Es geht einfach sehr eng zu."

Frage: "Machst du dir Sorgen, dass das Team nicht mehr ganz so intensiv entwickeln könnte, wie das noch im Rahmen der Zusammenarbeit mit Red Bull möglich war?"
Alguersuari: "Wir wussten ja, dass es in diesem Jahr soweit sein würde. Wir haben nicht die gleiche Struktur wie Red Bull oder deren Voraussetzungen. Das kann man aber auch nicht erwarten."

"Ich denke aber: Wenn man berücksichtigt, welche Mittel uns zur Verfügung stehen und wo wir begonnen haben, wie viel jeder Einzelne beiträgt und was daraus entsteht, dann schlagen wir uns richtig gut. An diesem Wochenende werden wir unser erstes richtiges Update in diesem Jahr an den Start bringen. Ich erwarte daher einiges davon."

"Vielleicht konnte man zu Saisonbeginn noch einfacher in die Punkte fahren." Jaime Alguersuari

"Vielleicht konnte man zu Saisonbeginn noch einfacher in die Punkte fahren, weil die Teams damals noch nicht mit Neuerungen um sich warfen. Da konnte man noch hin und wieder einen neunten oder zehnten Platz belegen. Jetzt fährt ein Sauber mit dem F-Schacht herum, Williams ist seit Kanada mit vielen Neuerungen unterwegs und Force India hat auch ein gutes Auto."

"Alles wird schwieriger und wenn wir keine Modifizierungen bringen, geraten wir ganz schnell ins Hintertreffen. Mit Modifizierungen bewegst du dich hingegen nach vorne. Aus diesem Grund erwarten wir einiges von diesem Wochenende. Wir wollen einfach zeigen, dass wir Fortschritte machen können."¿pbvin|512|2970|ungarn|0|1pb¿

Alguersuari schätzt die Herausforderung der Formel 1

Frage: "Vor allem in der Qualifikation scheinst du zuletzt etwas an Tempo verloren zu haben. Wird sich das nun wieder bessern, wo du die kommenden Strecken kennst?"
Alguersuari: "Das hoffe ich doch. Vorhin hat mich jemand nach meinen bisherigen Hoch- und Tiefpunkten in der Formel 1 gefragt. Dazu kann ich festhalten: Mein Tiefpunkt ist jetzt und mein Höhepunkt ist ebenfalls jetzt."

"Das bedeutet: Ich bin besser als gestern, aber schlechter als morgen. So ist es einfach. Vielleicht stellen sich die Ergebnisse für Sébastien und mich im Augenblick nicht ein, doch in der Formel 1 ist es halt manchmal so. Es geht nur darum, sich zu verbessern. Das Team und ich steigern uns kontinuierlich. Es ist nur eine Frage der Zeit - also macht euch keine Sorgen."

"Es wäre sonst nicht mehr die Formel 1, sondern eine GP2 oder eine Formel 3." Jaime Alguersuari

Frage: "Siehst du die unterschiedlichen Faktoren, die deine Leistung in der Formel 1 beeinflussen, als willkommene Herausforderung oder würdest du es lieber sehen, wenn sich alle 24 Fahrer gewissermaßen in Karts setzen würden, um einen Sieger zu ermitteln?"
Alguersuari: "Nein. Die Formel 1 muss einfach so sein."

"Es wäre sonst nicht mehr die Formel 1, sondern eine GP2 oder eine Formel 3. Dort ist alles viel ausgeglichener. In der Formel 1 müssen sich alle Beteiligten entwickeln - auch die Teams und die Hersteller. So war die Formel 1 schon vor 20 Jahren und so ist die Formel 1 noch immer."

"Ich denke, so muss es einfach sein. Das macht schon sehr viel Spaß. Ich habe viel Freude am Fahren. Natürlich macht das alles noch mehr Spaß, wenn du gewinnst. Aus meiner Sicht heraus ist es aber schon eine große Freude, dabei sein zu können."

Ein Hobbygolfer aus Spanien

Frage: "Du hast vorhin den Golfsport erwähnt. Wie oft spielst du?"
Alguersuari: "In Spanien recht oft. Die mentale Anforderung ist dabei recht groß. Im Augenblick habe ich ein Handicap von zwölf. Ich spiele schon seit meinem achten Lebensjahr."

"Ich habe mit dem Kartsport begonnen, als ich auch mit Tennis und Golf anfing." Jaime Alguersuari

"Ich habe mit dem Kartsport begonnen, als ich auch mit Tennis und Golf anfing. In allen drei Disziplinen nahm ich an Wettbewerben teil. Als ich 13 wurde, begann ich allerdings damit, den Kartsport in Italien und auf internationaler Ebene fortzuführen, also musste ich Golf und Tennis sein lassen. Jetzt spiele ich halt gelegentlich in Spanien."

Frage: "Was wirst du in der Sommerpause tun - abgesehen von Golf spielen?"
Alguersuari: "Ich werde eine Woche lang in Barcelona sein und anschließend vielleicht eine Woche in Italien verbringen. Wir haben zwei Wochen frei, doch in der dritten Woche sind wir auf Anraten von Franz (Tost, Teamchef; Anm. d. Red.) in Österreich, um etwas zu trainieren. Wir werden ein paar Übungseinheiten im Trainingszentrum von Red Bull absolvieren. Das wird in der Woche vor Belgien passieren."