• 06.09.2022 12:24

  • von Juan Felipe Munoz, Übersetzung: Manuel Lehbrink

Vinfast und TOGG: Zwei neue Marken mit echtem Potenzial?

In ihren Heimatländern Vietnam und der Türkei sind sie bereits erfolgreich: Die große Herausforderung ist jetzt, den globalen Markt zu erschließen - Gelingt das?

(Motorsport-Total.com/Motor1) - In der Automobilbranche gibt es drei verschiedene Welten. Die entwickelten Märkte - also meist reiche Länder, in denen die Bevölkerung einen guten oder sehr guten Lebensstandard hat. Dann haben wir China - ein einzigartiges Beispiel für eine schnell wachsende Wirtschaft mit ihren eigenen Besonderheiten. Die dritte Gruppe umfasst alle Schwellen- und Entwicklungsländer, die noch keine tiefgreifende Transformation durchlaufen haben.

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Die letztgenannten Märkte, in denen die Branche noch im Wachstum ist, gibt es ein großes Potenzial. Insbesondere in Volkswirtschaften, in denen der Besitz von Autos bislang selten war. Indien ist ein gutes Beispiel dafür. Dieses Schwellenland hat eine große Bevölkerung mit sehr geringer Kaufkraft und die meisten Menschen können sich kein Auto leisten.

Die Absatzprognosen für einen Staat wie diesen sind in der Regel optimistisch und unterscheiden sich deutlich von den stagnierenden Absatzzahlen in Europa, den USA oder Japan.

Können sich neue Marken neben den etablierten behaupten?

Das Potenzial dieser Märkte ist die Grundlage für das Entstehen neuer Automarken. Unternehmen wie Vinfast oder TOGG sind zwei der jüngsten, die ihre Existenz der Aussicht auf eine gute Zukunft verdanken.

Es handelt sich um Marken, die als Reaktion auf eine wachsende Nachfrage geschaffen wurden, die von den bestehenden Herstellern nicht wirklich befriedigt werden konnte. Ihr Ziel ist es, die globalen Märkte zu erobern und sich einen Teil davon zu sichern. Werden sie Erfolg haben?

Eine ungewöhnliche Wahl auf entwickelten Märkten

Vinfast ist eine 2017 gegründete vietnamesische Automobilmarke, die zu dem gewaltigen Konglomerat namens Vingroup gehört. Das Unternehmen nahm seine Tätigkeit auf, nachdem es ein Werk in Hai Phong errichtet hatte, einer großen Industriestadt im Norden Vietnams. Im Jahr 2019 wurden die ersten Fahrzeuge ins Ausland verkauft und Ende 2021 wurde die erste Charge vollelektrischer Autos in Vietnam ausgeliefert.

Das Unternehmen hat große Pläne für die globalen Märkte angekündigt. Dazu gehört der Verkauf von Elektroautos in Nordamerika und Europa. Aber auch in Indonesien. Bislang hat Vinfast zehn verschiedene Modelle vorgestellt, von denen sechs elektrisch betrieben werden.

Die Wette ist recht anspruchsvoll: Wir sprechen hier von einem unbekannten Hersteller, der erst vor weniger als fünf Jahren mit dem Bau von Autos begonnen hat. Zu Hause sind die Verkaufsergebnisse nicht schlecht. Vinfast war in der ersten Hälfte des Jahres 2022 mit mehr als 14.700 Einheiten die siebtmeistverkaufte Automarke in Vietnam.

Im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum im Jahr 2021 verlor der Hersteller jedoch Marktanteile und fiel von 10,6 auf 7,3 Prozent. Spitzenreiter Toyota verkaufte 43.100 Einheiten und steigerte seinen Marktanteil von 18,3 auf 21,2 Prozent.

TOGG, der Stolz der Türkei

Der Stolz der Türkei? Zum einen, weil sich die Türkei zu einer regionalen Macht entwickelt, und zum anderen, weil sie ein wichtiges Zentrum für die Fahrzeugproduktion ist. Das Land brauchte also einen einheimischen Hersteller. Und die Türkei bekam ihn.

Der Name lautet TOGG, Türkiye'nin Otomobili Giri?im Grubu A.?. und der Hersteller ist die Antwort auf die Notwendigkeit, den Markt zu elektrifizieren. Das ist vielleicht der beste Teil der Geschichte von TOGG: Es wird das Elektroauto zu den türkischen Verbrauchern bringen.

Zwei Modelle wurden bereits vorgestellt, eine C-Segment-Limousine und ein C-SUV, deren Karosserien von Pininfarina entworfen wurden. Der Plan? Die Herstellung von 175.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr, die in Länder der Region exportiert werden sollen.

Visionäre oder Träumer?

Die Frage ist nun, ob diese neuen Marken auch Kunden fernab ihrer Heimatmärkte finden werden. Prinzipiell ist es immer gut, eine größere Auswahl zu haben und sicherlich werden die Verbraucherinnen und Verbraucher in Vietnam und der Türkei jetzt von lokal hergestellten Autos profitieren.

Die beiden Marken haben dort sicherlich ein großes Potenzial, vor allem wenn sie auf Elektrifizierung setzen. Die sich entwickelnden Märkte hinken bei der Umstellung von Verbrennern auf Elektrofahrzeuge aber noch hinterher. Jeder Versuch, diesen Wandel zu fördern, ist also mehr als willkommen.

Auf reiferen Märkten ist die Realität jedoch komplexer. Anstatt zu wachsen, ist der Absatz von Neuwagen rückläufig. Es gibt weniger Platz für bestehende Marken und mit Ausnahme von Tesla haben die neuesten Alternativen immer noch Mühe, einen angemessenen Marktanteil zu erreichen. Es reicht nicht mehr aus, einfach nur elektrisch zu sein. Wer zuletzt kommt, muss sich eine neue Lösung einfallen lassen, sonst wird man wohl zum scheitern verurteilt.

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Der Autor des Artikels, Juan Felipe Munoz, ist Automotive Industry Specialist bei JATO Dynamics.

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