• 18.02.2023 13:24

  • von Stefan Wagner

BMW 3.0 CSL: So irre ist die Produktion des teuersten BMW ever

Handarbeit pur und völliger Lackier-Wahnsinn - Wir besuchen die CSL-Manufaktur und erkennen, warum gut 750.000 Euro plötzlich gar nicht mehr so verrückt klingen

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Jetzt kommen Sie schon. Sie können ruhig ehrlich sein. Sie haben doch das gleiche gedacht: "Wie bitte? Dieses 3.0 CSL-Ding soll WAS kosten? 750.000 Euro??? Für einen M4 mit Bodykit??? Die Feierei zum 50-jährigen der M GmbH muss echt ordentlich geknallt haben!" Offiziell bestätigt ist natürlich noch nix, aber auf Anfrage sagt mir M-Sprecher Martin Schleypen leicht verschmitzt, dass "wir die Zahl ja auch nicht dementiert haben, oder?"

Titel-Bild zur News:

Produktion BMW 3.0 CSL (2023) Zoom

Mei und was passiert zwangsläufig? Jetzt haben sie den Salat. Das Super-Sonder-Mega-Spezial-Geschenk zum eigenen Fuffziger kann noch so irre limitiert sein (nur 50 werden gebaut). Es kann noch so sehr den 3.0 CSL von 1972, das Batmobil, den Übervater aller Ms zitieren. Und es kann mit seinem 560-PS-Reihensechser, Heckantrieb und Handschalter noch so sehr die Quintessenz aller heimeligen M-igkeit verkörpern. Am Ende sagen die Kritiker, BMW serviere den treuesten (und solventesten) aller Markenfans ein Serienauto mit ein paar Anbauteilen zum Preis von dreieinhalb Ferrari F8 Tributo.

Und was macht man in so einem Fall als Hersteller? Na zeigen, warum diese ultimative Sonderserie so sauteuer ist natürlich. Also hole man sie heran, die schreibende Zunft: "Stefan, magst du dir die Produktion des 3.0 CSL anschauen? Ist wirklich etwas ganz Besonderes." Natürlich will ich mir die Produktion des teuersten Serien-BMW aller Zeiten anschauen! Erstens, weil solche Blicke hinter die Kulissen immer extrem spannend sind und das hoffentlich auch für Sie, liebe Leser. Und zweitens, weil ich hoffe, ein besseres Gefühl dafür zu kriegen, warum dieses Auto so unsagbar kostspielig ist.

Ich sage es Ihnen gleich vorweg: Nach diesem Tag ist mein Verständnis für den horrenden Preis dieses Fahrzeugs immens gewachsen. Klar, die Basis für den 3.0 CSL ist ein M4 CSL. Und der kostet mit 165.000 Euro weit weniger als ein Viertel. Chassis, das meiste der öligen Teile und ein bisschen was von der Karosserie, etwa die Türen oder das Dach, stammen vom Coupé Sport Leichtbau. Woher kommt also dieser wundersame Preissprung?

Nun, man muss sich einfach nur den absolut irrsinnigen Aufwand zu Gemüte führen, den BMW und die M GmbH bei der Produktion ihres 50-Jahre-Spezials betreiben. Und genau das tun wir jetzt.

Schritt 1: Lackierung

Es klingt komisch, aber bereits bei der Lackierung des 3.0 CSL kriegt man eine erste Ahnung, warum dieses Gefährt so viel kostet! Wir befinden uns im Komponentenwerk Landshut. Dort stellen 3.600 Mitarbeiter unter anderem Elektromotoren, Cockpits und 500.000 Carbon-Teile pro Jahr her. Außerdem ist hier die Lackiererei für BMWs 200 Individual-Farbtöne. 14.000 Autosätze werden hier pro Jahr lackiert und anschließend in die Werke München, Leipzig oder Regensburg geschickt.

Auch die 99 Jeff Koons-850i-Art-Cars für 350.000 Euro das Stück wurden hier kunstvoll bepinselt. Das war laut Bereichsleiter Christian Koch der Grundstein für die CSL-Lackierung. Da habe man gesehen, "wir kriegen das hin".

Zuerst hatte es ernsthaft Überlegungen gegeben, die Streifen des CSL einfach zu folieren. Aber man habe dann schnell verstanden, dass dies der Wertigkeit und Besonderheit des Autos nicht gerecht werde.

Also beschloss man, die drei typischen M-Streifen in Dunkelblau, Hellblau und Rot zu lackieren. Per Hand. Ein Jahr hat die Planung des Prozesses inklusive Herstellung der Werkzeuge gedauert. 20 Karosserieteile (die meisten aus Carbon) pro Auto sind betroffen. Teils auch sehr ungewöhnliche. "Als uns der Designer die Streifen auch auf die Abschlepphaken-Öse gezeichnet hat, haben wir schon ziemlich geschluckt", gibt Koch zu. "Aber auch das haben wir geschafft."

Alle betroffenen Teile werden zuerst vom Roboter in Dunkelblau, der Farbe des mittleren M-Streifens, lackiert. Dann wird der dunkelblaue Streifen abgeklebt (maskiert, nennen es die Lackierer) und das Rot und das Hellblau aufgetragen. Anschließend werden auch diese Streifen abgedeckt und der Roboter lackiert das ganze Bauteil in Weiß. Am Ende kommt noch der Klarlack drauf. Sieben Schichten Lack sind es insgesamt. Dazwischen wird natürlich immer wieder geschliffen. Eine Woche dauert es, bis ein Teil komplett fertig ist.

Nur vier oder fünf Mitarbeiter im ganzen Werk dürfen die Lackierung per Hand vornehmen. "Die Ausbilder und Vorarbeiter sehen das schon, wenn da einer ihrer Jungs ein spezielles Talent dafür hat", sagt Christian Koch. Für das Lackieren der Streifen mit der Mini-Spritzpistole brauche man schon viel Fingerspitzengefühl. "Das sind teils Nachlackierarbeiten im Millimeterbereich, die für ein perfektes Ergebnis essenziell sind", so Koch. Und die Ergebnisse sind wirklich absolut beeindruckend. Insbesondere bei den Übergängen zum nächsten Bauteil.

Damit das gelingt, wird das zu lackierende Bauteil auf einen Bock fixiert. Daneben klemmt der Arbeiter einen Nachbau des beginnenden Nachbar-Bauteils fest. Dieses kommt aus dem 3D-Drucker. Ein Laser zeigt nun exakt an, wie die Streifen verlaufen müssen. Anschließend wird die entsprechende Folie anhand der Laser-Markierung aufgebracht. Pro Bauteil sind das bis zu zehn individuelle Folien. Danach zieht der Lackierer die vorgestanzten Folien genau an den Streifen ab und beginnt mit dem Lackieren. Bei der "50" auf dem Dach oder dem "M Power"-Schriftzug auf dem Heckflügel wird dann eben das Carbon abgeklebt und nur Weiß drüberlackiert.

Alleine die Motorhaube habe einen Wert im fünfstelligen Bereich, sagt Koch. Und warum sind alle 50 Exemplare des 3.0 CSL Weiß? Das wäre aufgrund der Prozesse gar nicht anders möglich gewesen. Außerdem seien das doch die klassischen BMW-Motorsport-Farben. Da habe man nicht lange überlegen brauchen. Obwohl - so ehrlich müsse man schon sein - von der Kundschaft durchaus der Wunsch nach weiteren Farben kam.

Wie es eigentlich weitergeht, wenn alle 50 CSL durch sind, will ich wissen. Mit den Zweifarb-Lackierungen des neuen 7er habe man schon gut zu tun, sagt Koch. Aber natürlich sei man bereit, künftig mehr solcher Spezial-Projekte durchzuführen. Das klingt für die Zukunft doch nicht all zu schlecht.

Schritt 2: Fertigung Karosserie und Interieur

Um zu sehen, wie aus den kunstvoll lackierten Teilen ein Auto entsteht, fahren wir weiter nach Moosthenning. Dieser Mini-Standort ist der kleinste Satellit des Werks Dingolfing, seines Zeichens das größte BMW-Werk Europas. Hier bauen 17.000 Mitarbeiter 245.000 Autos im Jahr.


Fotostrecke: BMW 3.0 CSL: So irre ist die Produktion des teuersten BMW ever

In Moosthenning wird geringfügig weniger produziert. Derzeit genau ein Auto am Tag. Die zwei Hallen in mittlerer Scheunengröße haben absoluten Manufaktur-Charakter. 30 Mitarbeiter kümmern sich hier um den Zusammenbau des 3.0 CSL.

Die Fertigung eines Großserien-BMW ist in etwa 200 Takte aufgeteilt. Hier sind es genau acht. Ein Takt bedeutet für einen Mitarbeiter einen Arbeitstag. Die Arbeiter selbst sind bestens geschult. "Eine abgeschlossene Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker ist hier Mindestanforderung", sagt Werkleiter Franz-Xaver "Xare" Karl. "Jeder Mitarbeiter soll auch jeden Schritt hier in der Produktion können". Hier ist überdies absolut roboterfreie Zone. "Wir rollen und schieben hier selbst", sagt Karl.

Schnell den schicken grauen Kittel umgeworfen und ab zur ersten Station. Hier wird die Grundkarosserie zusammengebaut. Das Chassis kommt aus Werk 2.4 in Dingolfing, die lackierten Karosserieteile aus Landshut. Da waren wir ja gerade. Als wir eintreten, prüfen zwei Arbeiter gerade mit größter Sorgfalt die Spaltmaße. Ferdinand Piech hätte seine größte Freude.

Jede der beiden Hallen ist in vier Takte aufgeteilt. Wie das aussieht, erkennen Sie wunderbar an dem Bild unter diesem Absatz. Daneben ist Platz für die Vormontage des Antriebsstrangs. Der wird wiederum aus dem BMW-Motorenwerk im österreichischen Steyr angeliefert. Neben dem Antriebsstrang werden hier auch die Achsen umgerüstet. So ein "normaler" M4 CSL hat ja eine 5-Loch-Anbindung, der 3.0 CSL kommt aber mit Zentralverschluss-Rädern wie ein Porsche GT3.

Auf den ersten vier Takten dreht sich alles um Karosserie und Interieur. Ich erblicke auch einen rechtsgelenkten CSL. "Davon wird es sechs Stück geben", sagt Karl. Für Deutschland sind elf Autos vorgesehen. Über Europa hinaus wird es übrigens keines der 50 Exemplare schaffen.

Schritt 3: Hochzeit und Endmontage

Durch einen kleinen überdachten Gang wird ein CSL nach beendetem vierten Takt in Halle 2 geschoben. Wir gehen außenrum und sehen haufenweise Auspuffanlagen, die in entsprechenden Behältnissen fein säuberlich aufgereiht übereinander liegen. Endschalldämpfer und die vier 100-mm-Endrohre sind beim CSL aus Titan.

Jetzt wird der Antriebsstrang mit der Karosserie verheiratet und die Achsen, Bremsen und Fahrwerke kommen auch endlich unters Gefährt. Lustigerweise steht das Auto bei Takt 5 und 6 auf Fake-Rädern. Sie haben die gleiche Form wie das äußerst güldene, kunstvoll gefräste Original, sind aber schwarz und nicht so breit.

Da fällt mir erst auf, dass die fetten Aufsätze für die vorderen und hinteren Kotflügel ja immer noch nicht drauf sind. Sind die Original-Räder denn breiter? Sonst würden sie ja unter den breiten Backen völlig untergehen. "Niedrigere ET" schmunzelt Hagen Franke, der Projektleiter des CSL. Dadurch kommen die Räder weiter raus. Hinten messen sie 11x21 Zoll mit 295er-Michelin 4S-Pneus.

Dann wird es kurz laut. Der 3.0 CSL auf Takt 7 wird gerade zum ersten Mal angelassen. "Immer wieder schön, wenn ein Auto zum ersten Mal anspringt", freut sich Xare Karl. Finde ich in diesem Fall auch, denn der CSL klingt absolut großartig. Überraschend tief, laut und aggressiv. Hoffen wir, dass es so bleibt.

Wir sind beim letzten Takt angelangt, aber irritierenderweise fehlt noch jede Menge Essentielles. Die Front- und Heckschürze, die Kotflügelaufsätze und der Heckflügel, um genau zu sein. Kommen wirklich ganz zum Schluss drauf und damit ist das Auto dann auch fertig.

Was ich hauptsächlich gelernt habe? Das Handarbeit und Kleinserie kostet. Und das es wohl keine Arbeiter gibt, die mit mehr Stolz und Hingabe ein Auto bauen als dieses. Ob der Neo-3.0-CSL Ihnen die circa 750.000 Euro wert wäre, entscheiden Sie bitte selbst. Die Frage stellt sich eigentlich eh nicht, denn natürlich waren die 50 Exemplare schneller weg, als wir alle 3.0 CSL sagen können.

Die elf Exemplare für Deutschland wurden unter den Interessenten verlost. Andere Märkte durften sich die Kunden aussuchen. Eine Prämisse war wohl, dass das Auto nicht nur weggestellt, sondern schon auch bitte mal bewegt werden soll. Je mehr Menschen was von diesem exotischen Geburtstagsgeschenk haben, desto besser, oder? Ab April 2023 können wir auf der Straße Ausschau halten.

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