24h Nürburgring nachhaltig (1/2): Mit E-Fuels unter die Top 50

24h Nürburgring als Technologielabor: Zwei Projekte übernehmen eine Führungsrolle bei der Entwicklung nachhaltiger Technologien mit spektakulärem Motorsport

(Motorsport-Total.com) - Spektakulärer, auch lauter Motorsport und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus - das beweisen zwei Projekte beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Im Zuge der immer wichtiger werdenden Nachhaltigkeit sehen viele den Motorsport gefährdet, umso wichtiger ist es, Brücken zu schlagen.

Titel-Bild zur News: Der Öko-Supra von Björn Griesemann, Georg Griesemann, Dirk Adorf, Felix von der Laden bei den 24h Nürburgring 2023

Der E-Fuels-Supra von Björn Griesemann, Georg Griesemann, Dirk Adorf, Felix von der Laden bei den 24h Nürburgring 2023 Zoom

In der Klasse AT für alternative Kraftstoffe gingen diesmal vier Fahrzeuge an den Start: ein mit E-Fuels betriebener Toyota GR Supra GT4 von Teichmann Racing und drei Porsche von Four Motors, dem Pionier des nachhaltigen Rennsports auf der Nürburgring-Nordschleife. Drei der vier Fahrzeuge schafften es in die Top 50 des Gesamtklassements.

Der Toyota GR Supra GT4 von Teichmann Racing fuhr mit 100 Prozent synthetischem Kraftstoff auf Platz drei in der Klasse AT und auf Platz 46 im Gesamtklassement. Am Steuer saßen die Brüder Georg und Björn Griesemann, Youtube-Star Felix von der Laden und Dirk Adorf, der auch in der TV-Übertragung auf Nitro Eindrücke aus dem Cockpit schilderte.

Das Fahrzeug fuhr mit einem e-Methanol-basierten Kraftstoff namens "Racing e-fuel 98" von Nordoel. Unterstützt wird das Projekt von prominenten Partnern, darunter das Bundesverkehrsministerium. Der Einsatz ist Teil des Forschungsprojekts DeCarTrans, das - wie der Name schon sagt - die Dekarbonisierung des Verkehrs vorantreibt.

Ausrutscher auf Öl kostet Klassensieg

Hatte im Training noch eine Kollision für Schlagzeilen gesorgt, bei der sich von der Laden über Manuel Lauck echauffierte, verlief das Rennen eher unspektakulär. Einzige Ausnahme war ein Ausrutscher ins Kiesbett, der einen 30-minütigen Reinigungsstopp nach sich zog. Es war die gleiche Ölspur, die gleich zwei Scherer-Phx-Audis aus dem Rennen riss. Bis dahin hatte der Supra die AT-Klasse angeführt.

"Wir sind mit unserem umweltfreundlichen E-Fuel-Projekt erfolgreich ins Ziel gekommen und konnten zeigen, dass dieser nachhaltige Kraftstoff genau so leistungsfähig ist wie herkömmliches Benzin", sagt Björn Griesemann, Vorsitzender der Griesemann-Gruppe.


Fotos: 24h Nürburgring 2023


Bruder Georg ergänzt: "Wir haben unfassbar viele tolle Gespräche geführt. Das Medieninteresse war hoch, Automobilhersteller sind vorbeigekommen und auch viele Motorsport-Experten wie beispielsweise Klaus Ludwig waren sehr angetan von unserem Projekt."

Felix von der Laden: "Jedes Auto auf der Nordschleife zu fahren, macht mega viel Spaß. Aber jetzt auch noch zu wissen, dass man mit E-Fuels fährt und das Ganze fast CO2 neutral machen kann, ist natürlich der Hammer. Vom Fahren her ändert sich gar nichts. Wir haben das gleiche Fahrverhalten, die gleiche Leistung und den gleichen Sound!"

Gegenüber 'Motorsport-Total.com' beschreibt Griesemann die Vorteile des Konzepts: "Die Öffentlichkeit merkt, dass es mit der E-Mobilität nicht so schnell klappt." Damit meint er vor allem das Problem der Ladeinfrastruktur, vor allem in dicht besiedelten Landschaften wie Hochhaussiedlungen.


Felix von der Laden über den Unfall im Training

Beschleunigter CO2-Kreislauf

Hinzu kommt der sogenannte ökologische Rucksack von Elektroautos. Damit ist gemeint, dass ein E-Auto erst eine bestimmte Anzahl von Kilometern zurücklegen muss, bis es die Emissionen, die durch den im Vergleich zu einem Verbrennungsmotor aufwendigeren Herstellungsprozess entstehen, wieder eingespart hat. Laut ADAC liegt dieser Wert bei 50.000 bis 100.000 Kilometern gegenüber einem herkömmlichen Verbrennungsmotor.

Mit einem E-Fuel könnte ein Verbrennungsmotor diesen Wert theoretisch ins Unendliche steigern, wenn auch die Produktionskette CO2 -neutral ist - was möglich wäre, wenn auch hier synthetische Kraftstoffe zum Einsatz kämen.

E-Fuels verwenden grünen Wasserstoff und CO2. Dem Kraftstoff wird bei der Herstellung so viel CO2 zugesetzt, wie bei der Verbrennung wieder freigesetzt wird. So entsteht ein CO2-Kreislauf, bei dem das Treibhausgas nicht lange in der Atmosphäre verbleibt.

Kritisiert wird der enorme Energieaufwand bei der Herstellung. Allerdings sitzt die Menschheit hier immer noch dem Märchen von der knappen Energie auf. Denn Energie gibt es im Überfluss, allein schon von der Sonne. "Der Schlüssel zu allem ist [grüner] Wasserstoff", weiß auch Griesemann.

An den richtigen Orten produziert - nicht umsonst hat Porsche in Patagonien ein E-Fuels-Testlabor eröffnet, das die konstanten Winde der "Roaring Forties" (40. bis 50. Breitengrad Süd) nutzt - spielt die Energiebilanz deshalb keine Rolle, denn der Strom wird klimaneutral erzeugt und niemandem weggenommen. Und die Lieferkette kann global diversifiziert werden, weil es viele dünn besiedelte potenzielle Stromerzeugungsgebiete gibt.

Das Thema ist nicht neu, hat aber erst in jüngster Zeit an Fahrt gewonnen. Griesemann lobt in eine Richtung, die Motorsportfans überraschen dürfte: "Fridays for Future hat uns da ein bisschen die Augen geöffnet. Wir haben dadurch gute Ansätze bekommen."

Die große Frage bleibt: Wann gibt es den synthetischen Kraftstoff? "Wenn wir alle Gas geben, können wir theoretisch in fünf Jahren den gesamten Motorsport versorgen", verspricht Griesemann. Wenn alle an einem Strang ziehen, ist der klimaneutrale Antrieb im Verbrennungsmotor für den Motorsport also näher als man denkt.